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Vieles läuft schief

Karlsruher Bauern beobachten in der Stadt viel Unkenntnis über Landwirtschaft

Stadtbevölkerung und Landwirte entfremden sich voneinander - diese Tendenz ist auch in Karlsruhe zu beobachten. Zudem kommt die Stadt der Landwirtschaft in die Quere - etwa in Form von Hundekot und Plastikbeuteln. "Da ist alles Wissen weg", klagt ein Landwirt.

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Bauern und Stadtbevölkerung haben verschiedene Blickwinkel auf die Landwirtschaft. Symbolbild Foto: N/A

Stadtbevölkerung und Landwirte entfremden sich voneinander - diese Tendenz ist auch in Karlsruhe zu beobachten. Zudem kommt die Stadt der Landwirtschaft in die Quere - etwa in Form von Hundekot und Plastikbeuteln.

Karlsruhes Landwirte sind jetzt eingespannt. Sie ernten Möhren, Rote Beete, Kohl oder Futterrüben für Milchkühe. Am Rand der Stadt haben Anbau und Heuernte ihre Tücken. Die Landschaft lockt Spaziergänger an, manche parken ihr Auto halb in der Wiese. Hundehalter lassen ihre Lieblinge Löcher in Äcker buddeln und am Salat schnüffeln. Mancher Hundehaufen bleibt im Gras zurück. Auch in schwarzen Plastikbeuteln machen sie den Landwirten zu schaffen. Wenn sie Wiesen in Hohenwettersbach, Wolfartsweier und Rüppurr mähen, um mit dem Heu Rinder zu füttern, finden sie die Plastikfetzen in ihren Heuballen.

Tauziehen um Ausrichtung der Landwirtschaft

Aktuell drückt die Bauern aber noch eine weitere Sorge. Im Tauziehen um eine neue Ausrichtung der Landwirtschaft sammeln inzwischen zwei gegensätzliche Bewegungen im Land Unterschriften. Unter anderem geht es um strikte Auflagen für Landwirtschaft in Schutzgebieten.

Der Ausgang dieses Wettrennens betrifft Karlsruhe besonders. Denn in der Stadt ist gerade in Landschaftsschutzgebieten Nutzung durchaus gewollt. Streuobstwiesen etwa blühen nur artenreich für Insekten, wenn sie regelmäßig gemäht werden.

An der Ochsenstraße, auf der Höhe zwischen Durlach, Thomashof und dem Hohenwettersbacher Wohngebiet Rehbuckel, hat Stefan Hahn ein Plakat in seine Wiese gestellt. „Wir machen Gras zu Genuss“ steht darauf. Daneben weist ein Zettel an einem zweiten Pflock darauf hin, dass sich Hunde dort nicht hinhocken dürfen.

Steinwurf auf den Traktor

Hahn ist Landwirt in Familientradition, er wirtschaftet im Nebenerwerb wie viele Bauern im Land. Er beklagt „eine dramatische Entfremdung der Gesellschaft“ in puncto Landwirtschaft: „Man merkt, da ist alles Wissen weg. Das war vor ein bis zwei Generationen noch anders.“ Wenn er mit der Pflanzenspritze arbeite, treffe ihn schon mal „ein schiefer Blick“, erzählt Hahn. Einem Kollegen habe sogar bei der Feldarbeit außerhalb der Stadt einmal ein Unbekannter einen Stein auf den Traktor geworfen.

Auch der Landwirt Peter Lust hat im Moment alle Hände voll damit zu tun, die Ernte auf seinen Demeter-Bio-Hof in Hohenwettersbach zu bringen. Das Siegel verpflichtet ihn, Pflanze, Tier und Boden zusammen wirken zu lassen. Das Prinzip ist: Futter vom selbst bewirtschafteten Land ernährt die Tiere, deren Mist düngt den Boden. Dennoch könnte die aktuelle Debatte um Landwirtschaft und Insektenschutz auch Lust betreffen. Pauschale Vorwürfe hört er allerdings kaum: „Konventioneller Landbau bekommt jetzt viel ab. Wir sind als Bio-Betrieb nicht so in der Kritik.“

Giftige Pflanzen eine Herausforderung

Von den 17 342 Hektar Stadtgebiet gehören Siedlung und Verkehr der Löwenanteil (46,6 Prozent), so das Statistische Monatsheft Baden-Württemberg vom September 2018. Schon an zweiter Stelle steht aber die Landwirtschaft mit 22,6 Prozent, immerhin einem knappen Viertel der Gemarkung.

Dies sind vor allem Äcker (15 Prozent) und Grünland (sechs Prozent). Den Rest bilden Gärten (ein Prozent), Reben und Brachland (zusammen 0,5 Prozent). Ackerland und Wiesen bedecken dabei rund 3 650 Hektar in Karlsruhe.

Disteln, Ampfer und hoch giftige Pflanzen wie das Jakobskreuzkraut bereiten Stefan Hahn zunehmend Kopfzerbrechen. „Sie besiedeln ausgehend von schlecht gepflegten Naturschutzflächen und Straßenrändern das Grünland“, erklärt er.

Nur mit Mitteln des Pflanzenschutzes könne er von solchen Flächen weiter Futter gewinnen. Das Gift des Jakobskreuzkrauts zum Beispiel geht in die Milch über, wenn Kühe Heu fressen, das Teile der gelb blühenden Pflanze enthält. „Deshalb kann echter Naturschutz nur gemeinsam mit den Landwirten funktionieren“, ist Hahns Meinung.

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