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Fragen und Antworten

Giftige Chemikalien? - Was in Sachen Kassenbonpflicht stimmt und was nicht

Bäcker, Einzelhändler und Apotheker laufen Sturm gegen die seit 1. Januar geltende Kassenbonpflicht. Sie beklagen bürokratische Gängelei und eine Umweltsauerei. Doch im Kampf gegen die Zettelwirtschaft sind auch einige Mythen und Halbwahrheiten im Spiel. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Bei jedem Einkauf muss nun ein Kassenzettel ausgestellt werden.
Bei jedem Einkauf muss nun ein Kassenzettel ausgestellt werden. Foto: dpa

Vor allem Bäcker laufen Sturm gegen die seit 1. Januar geltende Kassenbonpflicht. Sie beklagen bürokratische Gängelei und eine Umweltsauerei. Doch im Kampf gegen die Zettelwirtschaft sind auch einige Mythen und Halbwahrheiten im Spiel. Wir klären die wichtigsten Fragen.

Muss jeder Marktstand und jede Würstchenbude nun Kassenzettel drucken?

Nein. Die neue „Belegausgabepflicht“, wie die Bonpflicht im korrekten Amtsdeutsch heißt, gilt nur für diejenigen Läden oder Verkaufsstände, die eine Registrierkasse nutzen. Der Obstverkäufer auf dem Wochenmarkt oder der Wirt einer kleinen Eckkneipe, die ihre Umsätze handschriftlich notieren und das Geld in einer „offenen Ladenkasse“ aufbewahren, müssen weiterhin keine Belege ausstellen.

Theoretisch könnte auch jeder Bäcker, der sich an der Bonpflicht stört, die Registrierkasse abschaffen und eine Geldkassette nutzen. „Es gibt in Deutschland keine Registrierkassenpflicht“, sagt Antje Mohrmann, Sprecherin des baden-württembergischen Finanzministeriums.

Für wen gibt es Ausnahmegenehmigungen von der Kassenbon-Pflicht?

Das ist noch nicht ganz klar. Gewerbetreibende können zwar einen Befreiungsantrag beim örtlichen Finanzamt stellen. Doch die Hürden für dessen Erfolg sind hoch. „Zur Einzelfallprüfung bedarf es einer detaillierten Begründung, wieso die Belegausgabepflicht für den Antragsteller im konkreten Fall zu einer unzumutbaren Härte führt“, erläutert die Sprecherin des Landesfinanzministeriums.

Ausnahmen nur im Einzelfall

„Die bloße Angabe einer Branche hingegen wird allein nicht für eine Befreiung ausreichen.“ Sprich: Eine generelle Ausnahme von der Bonpflicht für bestimmte Branchen gibt es nicht.

Erste Einzelanträge wurden in Baden-Württemberg bereits gestellt. Ob sie bewilligt oder abgelehnt werden, sei derzeit im Ministerium noch nicht bekannt. Womöglich werden einzelne Fälle auch die Gerichte beschäftigen. Denn ein Antragsteller kann gegen die Ablehnung seines Befreiungsantrags klagen.

Gegner der Bonpflicht befürchten Müllberge und behaupten, die Zettel dürften nicht ins Altpapier gegeben werden, da sie giftige Chemikalien enthielten. Stimmt das?

Nein, sagt Christoph Müller-Stoffels, Marketingchef der Koehler-Gruppe aus Oberkirch. Das Unternehmen ist einer der Weltmarktführer für Thermopapier, wie es für Kassenbons verwendet wird. Das wegen Gesundheitsgefahren in Verruf geratene Bisphenol A werde in Europa nicht mehr für die Thermopapier-Beschichtung verwendet, betont Müller-Stoffels. „In der EU ist das inzwischen verboten und wir verwenden Bisphenol A überhaupt nicht mehr.“ Die Kassenzettel, die in Europa verwendet werden, könnten alle als Altpapier wiederverwertet werden.

Kontakt mit Lebensmitteln vermeiden

Ganz ungefährlich sind sie allerdings nicht: Die gängigen Thermopapier-Bons sollen nicht mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.

Wie wird die Kassenbonpflicht kontrolliert?

Gezielte Kontrollen zur Belegausgabepflicht gibt es nicht. Allerdings werden die Steuerprüfer bei der sogenannten Kassennachschau auch darauf achten, ob Belege korrekt ausgestellt worden sind. Die Kassennachschau gibt es seit 2018. „Die Prüfer gehen unangekündigt in Betriebe, machen einen Kassensturz und vergleichen, ob die registrierten mit den tatsächlichen Umsätzen übereinstimmen“, erklärt Ministeriumssprecherin Mohrmann. „Sie können auch vorher Testkäufe machen oder Kassenzettel aufsammeln, die etwa vor dem Geschäft auf dem Boden liegen.“ Die Bonpflicht sei ein zusätzliches Instrument, das den Prüfern helfe, Steuerbetrügern auf die Schliche zu kommen. Laut Bundesrechnungshof gehen dem Staat jährlich etwa zehn Milliarden Euro durch nicht verbuchte Bargeldumsätze verloren.

Welche Konsequenzen hat ein Verstoß gegen die Bonpflicht?

Zunächst keine. Doch bei wiederholten Verstößen droht dem Geschäftsinhaber ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro. Seine Kunden haben nichts zu befürchten. Denn eine Pflicht, auf einen Kassenbon zu bestehen und ihn anzunehmen, gibt es nicht.

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