Skip to main content

Flüchtlingszahlen steigen

Baden-Baden an der Spitze: Nirgendwo kommen mehr Ukrainer an

Insgesamt rund 2.600 Flüchtlinge aus der Ukraine sind mittlerweile in Baden-Baden angekommen – das sind im Verhältnis zur Bevölkerung mehr als in jeder anderen Kommune in Deutschland. Nun zieht die Stadt Konsequenzen.

Zelte und Feldbetten stehen in einer Halle.
Die regulären Flüchtlingsunterkünfte in Baden-Baden sind fast voll. Noch gibt es in Baden-Baden keine Zelte oder Feldbetten in Hallen wie auf diesem Foto aus Hannover, doch das könnte sich ändern. Foto: Ole Spata/dpa

Bürgermeister Roland Kaiser (Grüne) hat es schon länger vermutet, nun bestätigen es Zahlen des Bundes: Baden-Baden ist nicht nur in Baden-Württemberg, sondern sogar bundesweit der Kreis mit den meisten Flüchtlingen aus der Ukraine im Verhältnis zur Einwohnerzahl.

In absoluten Zahlen bedeutet das: Bis Ende Juni waren insgesamt schon rund 2.600 Menschen aus der Ukraine in Baden-Baden angekommen. Das entspricht laut Iska Dürr ungefähr 4,4 Prozent der Bevölkerung. Damit ist die Stadt laut der Leiterin des Fachbereichs Bildung und Soziales bundesweit mit Abstand an der Spitze: Auf Platz zwei folgt der Oder-Spree-Kreis mit 3,6 Prozent.

Die Lage in Baden-Baden spitzt sich zu

Fest steht allerdings nicht, ob alle 2.600 Menschen, die seit Kriegsbeginn nach Baden-Baden gekommen sind und sich bei der Verwaltung gemeldet haben, noch hier leben. Wie Dürr betonte, ist es durchaus möglich, dass manche von ihnen weitergezogen sind oder anderswo Wohnungen bezogen haben – darüber hat die Stadt keinen Überblick.

Dürr berichtete am Montag im Gemeinderat von der aktuellen Entwicklung. Denn derzeit spitzt sich die Lage zu: „Wir haben einen deutlich höheren Zugang an Flüchtlingen als in den vergangenen Jahren“, machte Dürr klar. Momentan kämen monatlich etwa 60 Personen neu in die Stadt, zwei Drittel davon stammten aus der Ukraine.

Hohes Konfliktpotenzial in Baden-Badener Flüchtlingsunterkünften

Daran wird sich so bald auch nichts ändern: „Wir erwarten Zugänge in dieser Größenordnung bis zum Jahresende“, sagte Dürr. Die deutlich erhöhten Zahlen beobachte man seit Mai. Vorher waren es unter 20 Menschen, die pro Monat eintrafen. Nun gebe es auch entsprechende Prognosen vom Regierungspräsidium für die nächsten Monate. Deshalb müsse man jetzt reagieren.

Die vorhandenen städtischen Flüchtlingsunterkünfte werden nicht mehr lange reichen. „Wir belegen immer dichter“, sagte die Fachbereichsleiterin. Da gebe es schon jetzt nicht mehr viel Spielraum. Hinzu komme, dass auch das Konfliktpotenzial in den prall gefüllten Unterkünften naturgemäß höher sei.

Wir werden im Winter zu wenig Plätze haben.
Iska Dürr
Fachbereichsleiterin Bildung und Soziales

Viel Zeit bleibt nicht, um eine Lösung zu finden: „Wir werden im Winter zu wenig Plätze haben“, machte Dürr unumwunden klar. Sie verwies auch auf die enorme Hilfsbereitschaft aus der Bevölkerung: „Wenn es uns nicht gelungen wäre, viel privaten Wohnraum zu akquirieren, wären wir schon viel schneller an der Kapazitätsgrenze gewesen.“

Doch mittlerweile gebe es nicht mehr viel Wohnraum, der angemietet werden könne: Bis Jahresende müsse die Stadt für 100 bis 200 Personen zusätzlichen Platz schaffen. Dafür werde man gegebenenfalls einen Neubau schaffen. Über die Sommerpause will die Verwaltung daran weiter planen, kündigte Dürr an.

Stadt kann Belegung von Sporthallen nicht ausschließen

Man denke darüber nach, Bauten in Leichtbauweise zu errichten. Konkrete Pläne sollen bald im Sozialausschuss, im Aufsichtsrat der Gesellschaft für Stadterneuerung und Stadtentwicklung (GSE) und im Bauausschuss vorgetragen werden. Ziel sei es weiterhin, keine Sporthallen zu belegen, hieß es von Verwaltungsseite. Bürgermeister Kaiser ergänzte allerdings, dass er eine Belegung von Hallen nicht ausschließen könne.

„Eventuell können wir nicht mehr allen ein festes Gebäude anbieten“, sagte Kaiser mit Blick auf die Überlegungen, für einige Wochen Zelte aufzubauen. Die Menschen aus der Ukraine, die nach Baden-Baden kämen, hätten alle Reisefreiheit. Sie könnten sich also auch entscheiden, in eine andere Stadt zu fahren, in der noch nicht so viele Flüchtlinge angekommen seien.

Zumindest würden vom Land mittlerweile nicht mehr zusätzlich zu den Menschen, die selbstständig nach Baden-Baden reisten, weitere Flüchtlinge aus der Ukraine an die Stadt zugeteilt. Das sei anfangs der Fall gewesen, berichtete der Bürgermeister. Es seien vier Monate Gespräch nötig gewesen, bis das Land die zusätzliche Zuteilung eingestellt habe.

Aus dem Gemeinderat gab es für das bisherige Vorgehen der Verwaltung über die Fraktionsgrenzen hinweg viel Lob. Die Stadträte betonten aber, dass sie eine Sporthallenbelegung unbedingt vermeiden wollen – auch um den sozialen Zusammenhalt nicht zu gefährden.

Zumindest finanziell ist die Stadt in Bezug auf die Unterbringung gut aufgestellt, hieß es vonseiten der Verwaltung. Das Land übernehme seine Verpflichtung in dieser Hinsicht, sagte Iska Dürr. Im April habe das Land insgesamt 450 Millionen Euro als Kostenersatz für die Aufnahme von Geflüchteten zur Verfügung gestellt. Auf Baden-Baden entfalle davon ein Anteil von 6,7 Millionen Euro. Der Aufwand für Unterkunft und Versorgung sei gedeckt.

nach oben Zurück zum Seitenanfang