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Vortrag in Baden-Baden

Buchautor Roland Schulz: „Es lohnt sich, über Sterben zu sprechen“

Buchautor Roland Schulz spricht in seinem Vortrag beim Ambulanten Hospizdienst Baden-Baden Sinzheim über den Tod.

Autorenbild Roland Schulz
Roland Schulz Foto: Dirk Bruniecki / Piper Verlag

Der Ambulante Hospizdienst Baden-Baden Sinzheim lädt am Freitag, 7. Juli, zu seiner öffentlichen Jahreshauptversammlung ein. Als Redner wurde der Buchautor und Journalist Roland Schulz gewonnen, der über sein Buch „So sterben wir“ sprechen wird.

Sterben ist ein sehr individueller Prozess

Die Veranstaltung findet im Dietrich-Bonhoeffer-Saal in der Bertholdstraße 6a statt, Beginn ist im 17.30 Uhr. Anschließend sind die Teilnehmer zu einem Hoffest eingeladen, der Eintritt ist frei. Wir haben Roland Schulz zu den Themen Sterben und Tod befragt.

Was benötigen Sterbende am meisten?
Schulz
Am meisten, das klingt sehr absolut. Sterben ist aber ein sehr individueller Prozess. Ich glaube, es hilft Sterbenden schon, wenn sich die Menschen in ihrem Umfeld klarmachen, wie groß die Kluft ist, die sich auf einmal auftut – Menschen, die im Leben stehen, können spielend in Worte kleiden, was für einen Sterbenden handfeste, körperliche Realität ist: Ich werde sterben.
Was sollten Menschen beachten, die Sterbende pflegen und begleiten?
Schulz
Es hilft, einige Eigenheiten des Sterbeprozesses zu kennen: Da ändert sich das Atmen, sterbende Menschen verspüren meist keinen Hunger oder auch Durst mehr ... Dinge, die erfahrene Hospiz-Pflegerinnen und -pfleger erklären können. Und: Um Hilfe bitten – Pflege und Begleitung von sterbenden Menschen kostet Kraft, man muss es nicht alleine schultern.
Wie können der Tod und das Sterben enttabuisiert werden?
Schulz
Ich bin nicht sicher, ob Tod und Sterben nach wie vor so ein Tabu sind. Ich habe den Eindruck, in den vergangenen Jahren sind Denken und Diskussion darüber offenherziger geworden.
Warum ist das Enttabuisieren des Sterbens und des Todes so wichtig?
Schulz
Auch wenn es schwer scheint, über Sterben zu sprechen: Es lohnt sich. Denn schmerzlicher als Sprechen ist das Schweigen darüber.  
Haben Sie bei Ihren Recherchen Anzeichen oder Hinweise dafür erhalten, dass es nach dem Übergang für die Verstorbenen in irgendeiner Form weitergeht? Die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross hat beispielsweise davon berichtet, Sterbende nähmen manchmal, einige Tage vor ihrem Tod, ehemals nahestehende und vor ihnen gestorbene Menschen wahr. Die Wissenschaftlerin sprach davon, die Persönlichkeiten im Jenseits würden die Sterbenden abholen. Was sagen Sie dazu?
Schulz
Elisabeth Kübler-Ross und ihre Ansichten über das Sterben sind umstritten; gerade ihre starre Sicht, dass Sterbende fünf strikte Phasen durchlaufen, ist längst widerlegt. Was erfahrene Ärztinnen, Ärzte und Pflegekräfte aber in der Tat berichten, ist jenes Phänomen, dass Sterbende Menschen zu sehen scheinen, die sonst keiner sieht – doch wie ist das einzuordnen? Handelt es sich um ein Delir, also eine Verwirrtheit am Lebensende, die krankhaft ist? Oder um eine Art von Erscheinung? Fragen wie diese unterstreichen ein entscheidendes Merkmal des Sterbens: Wer unmittelbar vor dem Tod steht, vermag in der Regel nicht mehr darüber zu sprechen oder zu urteilen. Alle Einschätzung erfolgt von außen. Am Ende des Sterbeprozesses stößt die Erkenntnis an eine Grenze. Ich finde diesen Schleier, der vor dem Augenblick des Todes liegt, aber gar nicht schlimm. Vielleicht müssen wir Menschen gar nicht alles bis ins kleinste Detail ergründen.
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