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Bretter sind jetzt online

Schachverein OSG Baden-Baden gewinnt auch im Corona-Lockdown neue Mitglieder

Die OSG Baden-Baden ist der erfolgreichste deutsche Schachverein der vergangenen Jahre. Aber auch die nationale Top-Adresse leidet unter den Auswirkungen von Corona.

Schachspieler
Am Zug: Patrick Bittner (Mitte), der Vorsitzende der OSG Baden-Baden, hofft, dass wie hier beim Spiel von Weltmeister Magnus Carlsen (links) gegen Maxime Vachier-Lagrave die Vereinsaktivitäten bald wieder aufgenommen werden können. Foto: Georgios Souleidis

Wie schaffe ich es, die Mitglieder in Zeiten von Corona bei Laune zu halten? Diese Frage stellen sich die Vereinsverantwortlichen landauf, landab. Bei der Ooser Schachgesellschaft Baden-Baden 1922, kurz OSG, heißt das Zauberwort: online.

Der Vorsitzende Patrick Bittner erläutert die Situation: „In unserem Zentrum im LA8 in der Lichtentaler Allee herrscht Sendepause. Der Betrieb ruht. Wir versuchen aber, so gut es geht, das Internet zu nutzen.“ Das heißt, die derzeitigen Aktivitäten werden ausschließlich am PC abgewickelt. „Wir bieten jede Woche Online-Training sowie Turniere im Blitz- oder Schnellschach an – freitags für Erwachsene, samstags für Jugendliche.“

Dabei stellt Bittner fest. „Das hat sich bewährt. Entgegen dem allgemeinen Trend verzeichnen wir sogar einen Zuwachs im Verein.“ So sind rund 20 der insgesamt 380 OSG-Mitglieder in den vergangenen Monaten neu hinzugekommen.

Nicht alle kommen mit Online-Schach klar

Wobei sich die jüngeren Akteure mit den veränderten Rahmenbedingungen leichter tun. „Wir haben einige Ü60- und Ü70-Spieler, die sich immer donnerstags getroffen haben. Davon sind nicht alle Computer-affin. Viele bedauern, dass die regelmäßigen Treffen nicht mehr stattfinden und das vertraute Miteinander zum Erliegen gekommen ist.“ Bittner: „Leider können wir nicht alle Mitglieder abholen. Bei den Jüngeren ist das indessen meist kein Problem.“

Jugend-Kordinator Rolf Schlindwein erklärt: „Eine gängige und vernünftige Methode sind Hausaufgaben wie Übungsblätter. Die Kinder erhalten in der Woche je nach Alter ein bis zwei Pakete mit verschiedenen Aufgaben oder Wiederholungen zu besprochenen Themen – meist als Abwechslung noch eine kommentierte Partie, die sie in Ruhe mit den Eltern nachspielen und die Kommentare besprechen können. Ansonsten kontrolliere ich die Hausaufgaben und gehe natürlich auf Fragen ein. Zusätzlich mit zumindest Sprachkontakt gibt es die Möglichkeit über Skype, Discord oder ähnliche Anbieter ein Training zu gestalten.“

Zwei zweite Plätze im Online-Turnier

Die Früchte ihrer Bemühungen konnten zuletzt zwei OSG-Aktive ernten, und zwar bei einem internationalen Online-Turnier, das die Schachspieler aus dem russischen Sotschi mit Vereinen aus den Partnerstädten organisierten. So waren neben der OSG Baden-Baden Clubs aus der Türkei (Trabzon), aus China (Weihai), England (Cheltenham), Italien (Rimini) und Estland (Pärnu) mit von der Partie.

Am Ende sprangen für Baden-Baden zwei sehr gute zweite Plätze heraus. Bei der Jugend landete Antonia Ziegenfuß auf dem Silberrang, bei den Erwachsenen war es Alaa Khalil. „Das sind schöne Erfolge, die anspornen“, so OSG-Chef Bittner.

Die Corona-Krise macht sich bei der OSG Baden-Baden derweil nicht nur auf der Ebene des Breitensports bemerkbar, sondern auch dort, wo die Kurstädter am ganz großen Rad drehen. Die Männer- und die Frauen-Mannschaft, jeweils mit Weltklasse-Akteuren besetzt, werden in diesem Jahr nicht mehr in der Bundesliga zum Zug kommen. „Man muss abwarten, wie sich alles entwickelt“, sagt Bittner. Dies vor dem Hintergrund, dass die Saison 2019/20 unterbrochen ist. Wann es 2021 weitergeht, steht noch in den Sternen.

Ist die Pause zu lange, fehlt der Bezug zum Schachbrett

Zumindest bei der Jugend hofft man auf den baldigen Restart. „Wir werden dabei natürlich keinerlei Risiko eingehen“, so Bittner. Desinfizierte Figuren, Plexiglas-Scheiben zwischen den Plätzen, Kleingruppen mit Abstand, Trainer am Demo-Brett weit entfernt von den Spielern, gesonderter Ein- und Ausgang: Die OSG wird alle Sicherheitsvorkehrungen zur Anwendung bringen, wenn der Nachwuchs wieder in Gemeinschaft üben kann.

In diesem Zusammenhang gibt Schlindwein zu bedenken: „Einige ehrgeizige Kinder haben sich in der Corona-Zeit sehr gut weiterentwickelt, beschäftigen sich mit Schach und haben weiterhin Interesse am Training. Dann gibt es aber auch Kinder, die den direkten Bezug zum Trainer und auch zum Schachbrett an sich brauchen. Wenn die Normalität nicht bald wieder einkehrt, erwarte ich, dass einige nicht mehr ans Schachbrett zurückkommen, da die Pause zu lange ist.“

„Wir beugen uns dem Virus aber nicht“, gibt sich Bittner kämpferisch und unterstreicht diese Aussage mit der Aufzählung der in der Nach-Corona-Zeit geplanten Aktionen. Turniere, Vereinsmeisterschaften, Flyer, Wiederbelebung der Schulschach-AGs, neue Vereinstrikots, um das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken – die OSG Baden-Baden hat den Neustart fest ins Visier genommen.

Bittner spricht aus, was viele seiner Mitstreiter denken: „Die Schachspieler sehnen sich nach dem Brett und dem Gegner vor Ort. Wir vermissen das Gesellige, wir vermissen das Zusammensitzen nach den Spielen, wir vermissen das gemeinsame Analysieren der Partien. Das fehlt doch sehr in diesen Tagen.“

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