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Einrichtung stets voll besetzt

Seit 70 Jahren bekommen Wohnungslose im Caritasheim in Baden-Baden Hilfe

Das Wohnungslosenheim der Caritas in Baden-Baden gibt es seit 70 Jahren. Doch wer kommt dort eigentlich hin und wie sieht der Alltag in der Einrichtung aus?

Thorsten Schmieder und Christian Frisch tragen eine Figur.
Thorsten Schmieder (links) und Christian Frisch stellen Schattenrissen von früheren und aktuellen Bewohnern des Caritasheims für Wohnungslose im Garten auf. Sie werden beim Sommerfest an diesem Freitag präsentiert. Foto: Sarah Reith

Wer ins Caritasheim für Wohnungslose in Oos kommt, ist durch alle Raster gefallen. Deshalb ist es laut Abteilungsleiter Christian Frisch so wichtig, dass im Heim direkt Hilfe gewährt wird, unbürokratisch und schnell.

Das ist seit mittlerweile 70 Jahren der Fall: So lange führt die Caritas die Einrichtung in der Ooser Bahnhofstraße bereits. Und auch, wenn sich im Laufe der Jahrzehnte viel geändert hat: Das Heim wird immer noch dringend gebraucht.

Frisch weiß, dass die Menschen, die im Wohnungslosenheim landen, verschiedene Probleme haben. Oft kommt da einiges zusammen: Sucht, psychische Erkrankungen, manchmal besteht auch Pflegebedarf.

Einer muss die Bezugsperson sein. Das sind wir oft.
Christian Frisch
Zuständiger Caritas-Abteilungsleiter

Frisch und seinen Kollegen sitzen häufig Menschen gegenüber, „die haben nichts“. Diese Menschen brauchen jemanden, der sie an der Hand nimmt, sie zu verschiedenen Institutionen begleitet, um Anträge zu stellen. Der mit ihnen zu einem Facharzt geht. „Einer muss die Bezugsperson sein. Das sind wir oft“, sagt Frisch schlicht.

14 Personen umfasst sein Team im Bereich Wohnungslosenhilfe bei der Caritas. Dabei sind die Bewohner der Ooser Bahnhofstraße 2a aber nicht die einzige Aufgabe: Die Mitarbeiter betreuen auch noch ambulante Angebote, Tagesstätte und Café, ein betreutes Wohnen für wohnungslose Senioren.

22 Menschen werden derzeit im Caritas-Heim in Baden-Baden betreut

Doch das Heim selbst ist ein Schwerpunkt. Und es ist stets ausgelastet. „Aktuell haben wir 22 Leute im Haus“, berichtet Frisch. Eigentlich bietet die Caritas an dem Standort nur 20 stationäre Plätze an. Bis zu fünf dieser Plätze werden als Langzeithilfe an Menschen vergeben, die nicht allein leben können und auf den geschützten Rahmen angewiesen sind.

Wir nehmen jeden auf. Jeder ist willkommen.
Christian Frisch
Zuständiger Caritas-Abteilungsleiter

Aber auch, wenn diese Zimmer besetzt sind, wird niemand abgewiesen, betont Thorsten Schmieder, geschäftsführender Vorstand des Caritasverbands Baden-Baden. Zusätzlich gebe es den Kurzaufnahmebereich. Für bis zu fünf Tage könne man so weiteren Menschen Unterschlupf gewähren. In dieser Zeit werde überlegt, wie man helfen könne. Frisch fasst zusammen: „Wir nehmen jeden auf. Jeder ist willkommen.“

Allein in den vergangenen fünf Jahren habe man so insgesamt etwa 400 Klienten in der stationären Hilfe betreut. Manche davon blieben nur kurz, andere mehrere Jahre. Hinzu kommen die Menschen in den ambulanten Hilfen, die jährlich rund 160 Klienten in Anspruch nahmen.

Weniger Menschen leben auf der Straße

Frisch und Schmieder haben aber auch Veränderungen beobachtet. So sind weniger Obdachlose auf Wanderschaft als früher, viele bleiben an einem Ort. Den beiden zufolge schlafen auch weniger Menschen auf der Straße: In Baden-Baden sei es nur noch eine Handvoll, die „Platte machen“, wie es im Jargon der Wohnungslosen heißt.

Dafür sind deutlich mehr Frauen wohnungslos als früher: Deren Anteil stieg vor einigen Jahren auf 25 Prozent an und ist seither so hoch geblieben. Das war einer der Auslöser, weshalb man bei der Caritas in Baden-Baden verstärkt über einen Um- oder Neubau des Wohnungslosenheims nachdachte. Derzeit gibt es in dem ohnehin in die Jahre gekommenen Heim keinen separaten Bereich für die Frauen, keine eigenen sanitären Anlagen.

Pünktlich zum runden Geburtstag der Einrichtung hat Schmieder jedoch gute Nachrichten: „Wir sind in engen Gesprächen mit der Scherer-Stiftung, die wollen für uns bauen.“

Die Caritas, so die Idee, würde das Wohnheim danach von der Stiftung mieten. Dafür ist aber noch einiges zu regeln: So müsste die Stadt das Grundstück und den Teil der Gebäude, die in städtischem Besitz sind, an die Scherer-Stiftung verkaufen. Erst dann könnte diese den denkmalgeschützten Altbau sanieren sowie das Hinterhaus abreißen und durch einen Neubau ersetzen. Dabei müsste natürlich auch wieder Platz für die Ooser Feuerwehr eingeplant werden, deren Fahrzeuge ebenfalls auf dem Gelände untergebracht sind.

Bei der Caritas hofft man darauf, dass noch in diesem Jahr eine Grundsatzentscheidung in dieser Sache fällt und dann bald ein zeitgemäßer Neubau entsteht. Erst einmal wird aber gefeiert: An diesem Freitag findet das Sommerfest der Einrichtung statt. Im Garten werden Scherenschnitte von früheren und heutigen Bewohnern aufgestellt, die an deren Schicksal auf der Schattenseite des Lebens erinnern sollen. Es gibt eine Band, Speisen und Getränke. Nachbarn der Einrichtung wurden eingeladen, zudem Vertreter aus Rathaus und Politik. Und natürlich sollen die Bewohner selbst mitfeiern: nicht auf der Schattenseite, sondern als ganz normaler Teil der Gesellschaft.

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