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Wer hält an?

So funktioniert die Mitfahrbank in Baden-Baden

Weniger Verbindungen im ÖPNV - dafür eine Mitfahrbank. Grundsätzlich steckt dahinter eine gute Idee: Wer sich auf das gelbe Bänkchen im Baden-Badener Ortsteil Lichtental setzt, signalisiert, dass er mitgenommen werden möchte. Doch halten überhaupt Autofahrer an? Das hat BNN-Mitarbeiterin Christiane Krause-Dimmock im Selbstversuch herausgefunden.

Jason Herr auf der Mitfahrbank in Lichtental, die ihm schon manche Heimfahrt bescherte.
Jason Herr auf der Mitfahrbank in Lichtental, die ihm schon manche Heimfahrt bescherte. Foto: Christiane Krause-Dimmock

Von Christiane Krause-Dimmock

Mitfahrbank. Sieht gut aus. Freundliches Gelb. Sticht ins Auge. Umso mehr, als dieses öffentliche Sitzmöbel fast ausnahmslos unbesetzt ist. Zumindest dann, wenn ich dran vorbeifahre. Aber hält denn überhaupt mal jemand an, wenn hier einer wartet?

Um das zu verifizieren, bleibt kaum eine andere Möglichkeit, als sich selbst dort häuslich einzurichten und zu warten, was passiert. Ich sitze tatsächlich nicht lange, da hält schon der erste, öffnet das Beifahrerfenster. „Was isch mit Deinem Auto?“, will mein Nachbar wissen.

Halten Autofahrer für einen Fremden?

Ich hole zur Gegenfrage aus. „Hättest Du auch für einen Fremden gehalten?“ Tja, das ist durchaus schwierig zu beantworten. Denn jeden würde er nicht mitnehmen wollen. Allerdings – und da hat er durchaus Recht – bleibe auch nicht viel Zeit um zu überlegen, erklärt er.

Viel Zeit um auszuholen auch nicht. Denn die Straße ist obendrein gut frequentiert. Bevor er die ersten erbosten Huper kassiert, winkt er mir freundlich zu und fährt weiter.

Ganz unrecht hat er nicht. Wer von der Beuernerstraße in die Geroldsauer Straße einbiegt, der muss seinen Fokus unmittelbar auf den Zebrastreifen richten, der die Fahrbahn hier kreuzt.

Ist der Weg frei und es wird beschleunigt, passiert man im Grunde bereits die hübsche Mitfahrbank und hat quasi keine Möglichkeit mehr anzuhalten, geschweige denn zu überlegen, ob man einen Wartenden mitnehmen möchte. Denn nur unmittelbar bei der Bank könnte man eben halten. Danach sind die Gehsteige blockiert.

Bänke werden auch mal zweckentfremdet

Ich verweile noch ein bisschen auf der gut besonnten Bank und lasse es für diesen Tag gut sein. Die Temperaturen bewegen sich lässig über der 30 Grad-Marke und machen das Warten unerträglich. Selbst wenn es sich nur um wenige Minuten handelt.

Ich komme am Folgetag zurück, dieses Mal am frühen Abend. Zu meiner Überraschung ist die Bank belegt. Da ich mit dem Wagen zum Brahmsplatz gekommen bin, möchte ich den Selbstversuch gleich noch ein bisschen ausdehnen, drehe die Vorzeichen um und biete meinerseits eine Mitfahrgelegenheit an.

Die braucht er nicht, erklärt Jason Herr ganz offen und zeigt auf sein Fahrrad, das am Brückengeländer lehnt. Auch die beiden Damen, die mit ihren Coffee to go-Bechern neben ihm sitzen, wollen einfach nur ein bisschen chillen. Sie wohne im Umfeld, winkt die eine ab. „Ich habe ein eigenes Auto“, erklärt die andere.

Wir vertiefen die Unterhaltung ein wenig. Dabei zeigt sich, dass Jason durchaus über einschlägige Mitfahrbank-Erfahrung verfügt. Gerade jetzt möchte er aber nicht mitgeommen werden. Mit Blick auf Corona sei ihm derzeit das Fahrrad lieber. Im Sommer sei das ja auch keine große Sache.

Wenn es wieder nass wird oder kalt, dann fahre er mit dem Bus und gerne auch per Anhalter. „Beim ersten Mal war es irgendwie ein bisschen gruselig“, erzählt der Geroldsauer, dass es ihn dann plötzlich doch ein wenig Überwindung gekostet habe, in das Auto eines Fremden, in dem Fall einer Fremden, zu steigen.

Aber das habe inzwischen durchaus auch seinen Reiz. „Einmal wurde ich auch von einem Porsche Cayenne mitgenommen“, berichtet er und räumt ein, dass er auch durchaus ein wenig nachhilft, wenn es zu lange dauert. „Da stelle ich mich dann schon mal an die Straße und strecke den Daumen raus.“ Und meistens würde es dann ja auch klappen.

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