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Tod der Schlagerlegende

Zu seinen Glanzzeiten kannte in Deutschland jeder Tony Marshall

Er galt als der Fröhlichmacher der Nation. Auch Krankheiten nahmen Tony Marshall nicht den Lebensmut. Zuletzt war es aber sehr ruhig um den Unterhaltungskünstler aus Baden-Baden. Jetzt ist der Schlagerstar im Alter von 85 Jahren gestorben.

Da wurde noch gefeiert: Der Schlagersänger Tony Marshall sitzt mit seiner Ehefrau Gabriele in einem Restaurant bei seiner Feier zum 82. Geburtstag.
Da wurde noch gefeiert: Der Schlagersänger Tony Marshall sitzt mit seiner Ehefrau Gabriele in einem Restaurant bei seiner Feier zum 82. Geburtstag. Foto: Uli Deck/dpa

Seinen letzten Traum, wie er es selbst nannte, erfüllte sich Tony Marshall im Mai des vergangenen Jahres. Bei einem Konzert im Theater seiner Heimatstadt Baden-Baden stimmte der Sänger mit seinen Söhnen Marc und Pascal Lieder an, die sein Leben prägten.

Niemanden im Theater war damals verborgen geblieben, dass der „Fröhlichmacher der Nation“, der mit dem Lied „Schöne Maid“ zum Schlagerstar wurde, schon zu der Zeit sehr geschwächt war. Zuletzt war es sehr ruhig geworden um Tony Marshall.

Zu den Glanzzeiten seiner Karriere in Deutschland hatte er einen Bekanntheitsgrad von nahezu 100 Prozent und Hits am laufenden Band. Zwei Wochen nach seinem 85. Geburtstag am 3. Februar ist der Ehrenbürger der Stadt Baden-Baden jetzt gestorben.

Sänger musste mehrmals in der Woche zur Dialyse

Über den Gesundheitszustand von Marshall war zuletzt immer wieder spekuliert worden. Nach einem Schlaganfall im Jahr 2019 und einem Nierenversagen musste er mehrmals die Woche zur Dialyse.

Schlagersänger Tony Marshall steht in der «Tony Marshall Galerie». Hunderte Fotos, Pokale, Medaillen, Goldene Schallplatten und andere Erinnerungsstücke erinnern an eine große Karriere.
Erinnerung an eine große Karriere: Schlagersänger Tony Marshall steht in der „Tony Marschall Galerie“ in Gaggenau-Moosbronn. Foto: Kerstin Joensson/dpa

Seit über einem Jahrzehnt litt er zudem an einer Nervenkrankheit, die zu Lähmungen in den Beinen führte. Im Oktober 2021 lag er mit einer Corona-Infektion auf der Intensivstation. Seinen Lebensmut hatte der Musikstar aber nicht verloren. Da war Tony Marshall authentisch.

Die gute Laune ließ sich der Baden-Badener nicht nehmen

Die gute Laune, die er mit seinen Liedern verbreitete, ließ er sich trotz Schicksalsschlägen nicht nehmen. Seinen 85. Geburtstag hatte er am 3. Februar zurückgezogen mit der Familie gefeiert.

Die gab ihm auch in den letzten Stunden Halt. „Tony ist am Donnerstagabend im Kreis der Familie in Baden-Baden gestorben“, bestätigte eine Sprecherin der Familien dieser Redaktion.

„Das ist ein schwerer Schlag für die Stadt Baden-Baden“, kommentiert Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) den Tod des Ehrenbürgers. „Er war ein Mensch, den Fröhlichkeit und Lebenslust prägten.“

Für die Baden-Badener Tourismus- und Veranstaltungschefin Nora Waggershauser war Marshall „eine Ikone der deutschen Schlagermusik“. Nahezu jeder habe seine Lieder gekannt.

Zudem habe er sich stets zu seiner Verbundenheit mit Baden-Baden bekannt. „Er war der größte Werbebotschafter der Stadt“, sagt Waggershauser.

Zu seinen Glanzzeiten absolvierte der Sänger an manchen Tagen bis zu drei Auftritte. Nach Auftritten in der ZDF-Hitparade gingen bis zu 80.000 Zuschriften mit Autogrammwünschen ein. Der Sänger veröffentlichte rund 120 Singles und präsentierte etwa 40 Fernseh-Shows.

Tony Marshall jobbte als Installateur und im Casino

Sein Vater aus dem heutigen Baden-Badener Reblandstadtteil Neuweier und seine Mutter aus Elchesheim-Illingen unterhielten einst in der Bäderstadt ein Lebensmittelgeschäft. Das führte Herbert Anton Bloeth – so sein bürgerlicher Name – später ebenfalls eine Zeit lang.

Bis er genug Geld als Sänger verdiente, versuchte sich Marshall in anderen Jobs. Als Mitarbeiter eines Installationsbetriebs klopfte er in Baden-Baden und Umgebung Schlitze und reparierte Toilettenspülungen.

Den Unterhalt für sein Gesangsstudium in Freiburg und Karlsruhe verdiente er sich als Croupier im Casino Baden-Baden und sammelte zudem als Wirt („Hufeisen“, „Club 68“) in Baden-Baden Erfahrung. Beim Pennälerball im Jahr 1955 sang er im Kurhaus Hits von Louis Armstrong und Harry Belafonte, die ihm wie Elvis Presley und Tom Jones als Vorbild galten.

Erste Platte war ein Flop

Seine erste Platte „Aline“ erwies sich als Flop. Der französische Chanson-Hit blieb aber immer eines seiner Lieblingslieder. Den Plattenvertrag hatte er im Jahr 1965 bei einem Talentwettbewerb im Tanz-Restaurant „Lauinger“ in Malsch gewonnen.

Die Plattenfirma hatte ihn auch zu Tony Marshall gemacht. Zurück in Baden-Baden brachte er den Künstlernamen gegenüber seiner Frau Gaby kaum über die Lippen. „Ich hab’ lange rumgedruckst“, erzählt er in einem früheren Interview mit dieser Redaktion.

Im Jahr 1971 veränderte sich für den Tony die Welt: Am 24. April feierte die „Schöne Maid“ im Kurhaus Baden-Baden Premiere.

Marshall hatte seine erste Bühnenshow mit Bach-Chor und Orchester mit einem 20.000-Mark-Kredit finanziert – und Musikkritiker eingeladen. Junge Frauen in Hotpants verteilten am Ende der Show Töpfe und Kochlöffel, die im Bekanntenkreis von Tony gesammelt worden waren. Die Gäste trommelten zur „Schönen Maid“ mit.

Südseeinsel Bora Bora macht ihn zum Ehrenbürger

Musikproduzent Jack White hatte mit dem Lied den richtigen Riecher. Tony Marshall wurde zum Musikstar und ließ unzählige Hits wie „Komm’ gib mir Deine Hand“, „Junge, die Welt ist schön“ oder „Bora, Bora“ folgen.

Die Südseeinsel ernannte ihn kurz nach seinem 70. Geburtstag im Februar 2008 zum Ehrenbürger.

In den USA war er schon 1986 zum beliebtesten deutschsprachigen Künstler gewählt worden. In Kanada schunkeln Menschen nach den Melodien seiner Stimmungslieder.

„Lass das mal den Tony machen“ wird zum Motto von TV-Shows. „Der Tony“ kann das Leben in vollen Zügen genießen. Keinen Hehl macht er aus seinen Vorlieben für badischen Wein, gutes Essen und eine gute Zigarre. Lange litt der klassisch ausgebildete Sänger aber darunter, nur als Stimmungskanone wahrgenommen zu werden. Auftritte etwa im Musical „Anatevka“ als Milchmann Tevje waren Balsam auf seiner Seele.

Marshall-Galerie in Gaggenau-Moosbronn

Die Erinnerungen an den Tony, der seit 1962 mit seiner Frau und Sandkastenliebe Gaby verheiratet war, lebt nicht nur in seinen Liedern, sondern auch in einer Rose, die nach seinem größten Hit „Schöne Maid“ benannt wurde.

Im „Mönchhof“ im Gaggenauer Stadtteil Moosbronn ermöglicht eine kleine Galerie einen Einblick in die glamouröse Erfolgswelt des Baden-Badener Sängers.

Fotos, Goldene Schallplatten und viele andere originelle Stücke hat er aus seinem Besitz dafür zur Verfügung gestellt. Die Dokumente zeugen vom unglaublichen Erfolg eines Unterhaltungskünstlers.

„Ich bin geboren, um Menschen zu unterhalten“, sagte er einmal in einem Interview mit dieser Redaktion. „Das ist eine der schönsten Aufgaben, die es gibt.“ Tony Marshall hat sie genossen – und bis ins hohe Alter leidenschaftlich ausgefüllt.

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