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Erste Rückkehrer

Auch in Bühl sind die Störche wirklich früh

Nicht nur auf dem Dach der alten Schule in Bühl-Oberweier fand sich in Mittelbaden ein Vertreter der Adebars ein. Warum eigentlich schon jetzt? Und was macht Platanen-Storch Paul in einer marokkanischen Uni-Stadt?

Ein Storch auf dem Dach des alten Schulhauses in Bühl-Oberweier.
Der erste Storch des Jahres 2024 wurde Ende Januar im Nest auf dem Dach des alten Schulhauses in Bühl-Oberweier gesichtet. Foto: Bernhard Margul

Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein Storch, Klimakrise hin oder her, noch keinen Frühling. Doch eines ist gewiss, die Adebars sind im Jahr 2024 wirklich früh dran. Bernhard Margull hat auf dem Dach des alten Schulhauses in Bühl-Oberweier einen Storch gesichtet. „Am 29. Januar, um 17.15 Uhr, habe ich gesehen, wie er das Nest inspizierte“, berichtet der Fotograf, der seit Jahrzehnten für die Redaktion weit über die Grenzen von Bühl hinaus tätig ist.

Kommt der jetzt wegen der Fastnacht? Immerhin lädt die Narrhalla am Samstag, 3. Februar, zur „Großen Bühler Kappensitzung“ ein, und am Donnerstag, 8. Februar, beginnt ja mit dem „Schmutzigen“ bereits die Hochphase der fünften Jahreszeit.

Fragen kann man die Tiere nicht. Aber: Die Störche kehren 2024 in der Tat früh zurück. Das bestätigt Elke Henschel, die ehrenamtliche Storchenbeauftragte für den südlichen Landkreis Rastatt. Nur wenige Stunden vor dem ersten Adebar in Oberweier wurden Artgenossen von ihm auf Ottersweier Gemarkung entdeckt.

Elke Henschel berichtet von Sichtungen im Unzhurster Zinken Zell und in Hatzenweier. Doch warum sind die Störche so zeitig zurück? Es gab einen warmen Wind, der ihre Reise begünstigte, erläutert die Expertin.

Ganz unabhängig davon treiben die länger werdenden Tage und die Temperaturen die Tiere an. Rund 40 Horste betreut Storchenexpertin Henschel in ihrem Revier. Und so manche der Geschichten, die sie mit ihren gefiederten Freunden erlebt, sind einfach herzallerliebst.

Zwei Störche aus Leiberstung und Steinbach treffen sich im Winter regelmäßig

So gibt es im Raum Sinzheim/Baden-Baden zwei Störche, die über den Winter in Mittelbaden bleiben. Der eine residiert in Leiberstung, der andere in Steinbach. „Die beiden treffen sich dann regelmäßig“, berichtet Henschel im Gespräch mit der Redaktion, aber eben nur im Winter. Ob sie gelegentlich mal schnell in die Kurstadt fliegen, um etwas Wellness oder ausgesuchte Kulinarik zu genießen, ist nicht überliefert.

Dafür sind die Biografien der beiden Bühler Medienstars, der Störche Peter und Paul, die im City-Nest auf der Platane vor dem Pfarrhaus von St. Peter und Paul das Licht der Welt erblickten, mit harten Fakten belegt. Die Sender, die die Tiere tragen, machen es möglich.

Die Namensgebung der Tiere ist ein Ergebnis eines Wettbewerbs der Stadtverwaltung. Die Bühler durften Vorschläge machen, wie die Platanen-Kinder heißen sollen. Dass die Mehrheit für Peter und Paul stimmte, „hängt mit der benachbarten Pfarrei zusammen“, erläutert Rathaus-Pressesprecher Matthias Buschert im Gespräch mit der Redaktion.

Der Bühler Storch Paul überwintert in Marokko und wurde dort entdeckt

Das Schicksal von Peter stimmt traurig. „Er verunglückte im November 2023 in Algerien in der Nähe der Grenze zu Mali“, sagt Elke Henschel. „Sender aktiv, abgestürzt aus 500 Metern“, so der letzte Logbucheintrag. Seinem Bruder Paul gehe es gut. Er hatte sich auf den weiten Weg nach Marokko gemacht und ist dort unbeschadet angekommen.

Das verraten die Daten aus seinem Sender. Und es gibt noch eine Quelle. In dem nordafrikanischen Land lebt ein pensionierter Tierarzt, der die Beobachtung der Adebars als großes Hobby pflegt.

Mustapha Abidi, so heißt der ehemalige Veterinär mit dem Faible für Störche, hat Paul entdeckt und fotografiert. Da jeder registrierte Storch eine Kenn-Nummer trägt, sind die Tiere allein dadurch schon unverwechselbar. Das eindrucksvolle Bild findet sich auf der Facebook-Seite des promovierten Veterinärs. „Paul. En migration à Kénitra au Maroc, Octobre 2023“, hat Abidi den Beitrag betitelt und für seine Veröffentlichung (Post) sogar Likes, also positive Zustimmung, aus Bühl erhalten.

„Tolles Foto von Paul vom Bühler Kirchplatz in Kénitra in Marokko“, schreibt eine Kommentatorin. „Ende Januar 2024 war Paul noch in Afrika“, sagt Elke Henschel, für diese Zeit gibt es eine Meldung von Mustapha Abidi. Ob Paul dieses Jahr zu den Rückkehrern zählt, ist offen. „Die Junggesellen bleiben eigentlich“, so die Storchenexpertin. Erst wenn die Tiere geschlechtsreif seien, kommen sie zurück, gründen einen Hausstand und eine Familie. So ein Storch ist eben wirklich nur ein Mensch.

Kénitra ist ein beliebtes Winterquartier für europäische Störche

Der ehemalige Tierarzt aus Marokko hat bereits mehrere Störche aus Mittelbaden identifiziert und Bilder von ihnen publiziert. Wie Elke Henschel berichtet, kann der Mann inzwischen auf die Senderdaten zurückgreifen.

Kénitra ist eine marokkanische Universitätsstadt mit rund 500.000 Einwohnern. Sie liegt im Nordwesten des Landes am Atlantik und ist ein beliebtes Winterquartier der europäischen Störche. Dort hat Mustapha Abidi auch eine Störchin aus dem Murgtal entdeckt. Sissi heißt sie. Sie ist 2022 im Gaggenauer Stadtteil Bad Rotenfels geschlüpft und wurde dort beringt.

Dass übrigens immer mehr Störche am Oberrhein bleiben, wird im Raum Straßburg offenbar. In der dortigen Orangerie tummeln sich die markanten Vögel auch im Winter in hellen Scharen.

Damit die Adebars in Bühl wieder adäquaten Wohnraum finden, rücken die Storchenbeauftragte, die Feuerwehr mit der Drehleiter sowie der Bauhof am Mittwoch, 7. Februar, zur Nestputzete an. Die Aktion beginnt um 8 Uhr in Moos, dann geht es über Oberbruch und Oberweier zur begehrten Edel-Wohnanlage in der Platane im Schatten des Bühler „Münsters“.

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