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Verwaltungen sehen sich gut vorbereitet

Bürgermeister in Bühl und Baden-Baden lehnen Englisch als zweite Amtssprache ab

Auch ohne Englisch als zweite Amtssprache sehen sich die Bürgermeister in Bühl und Baden-Baden für ausländische Rathausbesucher gut gerüstet. Der Vorschlag der FDP mitten in der Sommerpause findet wenig Gegenliebe. Ähnlich sieht dies der Gemeindetag Baden-Württemberg.

Rathaus Bühl
Kein Bedarf im Bühler Rathaus: Bürgermeister Wolfgang Jokerst sieht sich auch ohne eine offizielle zweite Amtssprache im Hinblick auf ausländische Besucher gut gerüstet. Foto: Ulrich Coenen

Der neue Vorschlag der FDP findet nur wenige Fürsprecher. Für Englisch als zweite Amtssprache in Deutschland sehen Rathauschefs wenig Bedarf. Eigentlich ist die Idee auch gar nicht neu und tauchte bereits im Wahlprogramm der Liberalen 2021 auf.

„Wir Freie Demokraten wollen Englisch neben Deutsch als zusätzliche Verwaltungssprache in Behörden ermöglichen. Damit erleichtern wir international agierenden Unternehmen die Tätigkeit in Deutschland und vereinfachen die Gründung neuer Unternehmen sowie Behördengänge für Bürgerinnen und Bürger aus anderen EU-Mitgliedstaaten“, heißt es dort.

Im Sommerloch wärmte die liberale Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger das Thema wegen des Fachkräftemangels wieder auf. Durch Englisch in Behörden sollen Barrieren für qualifizierte Zuwanderer abgebaut werden. In den mittelbadischen Stadtverwaltungen sieht man für eine solche Regelung keinen Bedarf. Auch ohne sie klappe bei ausländischen Behördenbesuchern alles bestens.

Stadt Bühl bietet Mitarbeitern Kurse zum Erlernen von Fremdsprachen

„Wir berufen uns in der Stadtverwaltung nicht auf Deutsch als einzige Amtssprache“, erklärt Bürgermeister Wolfgang Jokerst (Grüne). „In publikumsintensiven Bereichen haben wir viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die neben Englisch auch eine andere Fremdsprache sprechen. Als Stadt unterstützen wir das Erlernen von Fremdsprachen ausdrücklich und finanzieren auch entsprechende Kurse.“

Mit der offiziellen Einführung von Englisch als zweiter Amtssprache beschäftige sich im Bühler Rathaus aber niemand ernsthaft, betont Jokerst. Der Erste Beigeordnete weist darauf hin, dass dies längst nicht alle Sprachprobleme, die es in Gemeindeverwaltungen gibt, lösen würde. „Ein Großteil der Flüchtlinge beispielsweise ist mit Englisch nicht ansprechbar“, berichtet er. „Wir haben deshalb einen Pool von Übersetzern, auf den wir zurückgreifen können. Dieses Thema beschäftigt uns bereits seit vielen Jahren und die Verständigung klappt immer irgendwie.“

Auch im Hinblick auf ausländische Fachkräfte sieht Jokerst keinen Handlungsbedarf bezüglich einer zweiten Amtssprache. „Ingenieure, die in unseren großen Unternehmen tätig sind, werden von den Personalabteilungen ihrer Firmen betreut“, erklärt der Beigeordnete. „Der zuständige Mitarbeiter kündigt den Besuch eines Ingenieurs aus Mexiko im Rathaus vorab an. Es gibt keine Probleme.“

Hier leben Menschen aus vielen verschiedenen Ländern.
Dietmar Späth, Oberbürgermeister in Baden-Baden

Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) beschreibt Baden-Baden als „weltoffene und internationale Stadt“. „Hier leben Menschen aus vielen verschiedenen Ländern“, meint er. Das funktioniert gut, auch was den Kontakt zur Verwaltung angeht. Zu besonders wichtigen Themen informieren wir auch schon heute in verschiedenen Sprachen. Englisch verpflichtend als zweite Amtssprache einzuführen, erachten wir daher nicht als notwendig.“

Im Rathaus arbeiten nach Auskunft des Chefs viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gut ausgebildet sind und mehrere Sprachen sprechen. „Wie viele davon verhandlungssicher Englisch sprechen, um alle Verfahren zweisprachig abzuwickeln, können wir nicht genau sagen“, sagt Späth. Die Stadt bemüht sich nach Auskunft des OB bei nicht deutschsprechenden Personen um die Verständigung in der Verwaltung auf Englisch.

„Sollte dies nicht möglich sein, wird ein neuer Termin vereinbart, bei welchem die betroffene Person mit einer Begleitung zur Übersetzung kommen kann“, berichtet er. „Diese freiwilligen Dolmetscher müssen sich die Betroffenen selbst organisieren. Manchmal ist es ausreichend, wenn die jeweilige Sachbearbeitung beim Termin mit einer Person zur Übersetzung des Betroffenen am Telefon spricht.“

In der öffentlichen Verwaltung gibt es schon jetzt Angebote in mehreren Sprachen.
Christopher Heck, Gemeindetag Baden-Württemberg

Christopher Heck, zuständig für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit beim Gemeindetag Baden-Württemberg, unterstützt Späth und Jokerst in ihrer Auffassung. „In der öffentlichen Verwaltung in der Bundesrepublik und damit auch den Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg gibt es schon jetzt oftmals Angebote in mehreren Sprachen“, erklärt er.

„Diese Angebote orientieren sich vielerorts an den örtlichen Bedarfen und werden als Teil der kommunalen Selbstverwaltung flexibel umgesetzt, so auch beispielsweise in den grenznahen Kommunen. Wir befürworten weiterhin diese Flexibilität unter Einbeziehung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse, jedoch keine zusätzliche gesetzliche Verpflichtung. Deren Umsetzung würde vor Ort in den Kommunen zusätzliche Bürokratie erzeugen und weitere personelle Ressourcen binden.“

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