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Alltag in Kriegszeiten

Einen Kindergeburtstag lang Frieden: Feier für sechsjährigen Ukraine-Flüchtling Kyrylo in Bühl

Der sechsjährige Kyrylo ist mit seiner Mutter aus der Ukraine nach Bühl geflüchtet. Dort konnte er jetzt zumindest seinen Geburtstag ein bisschen feiern.

Kindergeburtstag
Am Montag feierte Kyrylo (Mitte) seinen Geburtstag im Kreise von weiteren Flüchtlingskindern und ihren Müttern. Foto: Katrin König-Derki

Der kleine Ukrainer Kyrylo ist aufgeregt. Er sprintet am Montagnachmittag durch den Saal, den Renate Haag als Chefin des Hauses im Hotel am Froschbächel für seinen Geburtstag zur Verfügung gestellt hat, sein kleiner Bruder Lev folgt ihm auf dem Fuße.

Einige Erwachsene plaudern noch mit der Tante der beiden, Olexandra Holyaka – sie lebt und arbeitet in Bühl –, während weitere Flüchtlingskinder aus dem Hotel als Gäste eintreffen. Auf einem Tisch stehen, liebevoll dekoriert, Kuchen, Getränke und Süßigkeiten, vorrangig von der Tante gespendet. Kerzen verraten Kyrylos Alter: sechs Jahre.

Die Idee, den Geburtstag des Jungen gemeinsam zu feiern und gleich auch den übrigen Kindern eine Freude zu machen, geht auf einen Facebook-Post von Sandra Hüsges zurück, in dem sie Kyrylo erwähnte.

Bühler spenden für Kyrylos Geburtstagsfeier

Bürger meldeten sich bei ihr, ihn gern beschenken zu wollen, wie die Vorsitzende der Bühler Tafel kurz vor Beginn des Festes berichtet.

Unter den Spendern ist auch Frank Söffing, der ebenfalls zur Feier erscheint: Er fand den Anlass passend, um Abwechslung in den Alltag der Flüchtlingskinder zu bringen. „Sie können am wenigsten etwas für den Krieg“, sagt er. „Auch wenn manche unbeschwert wirken, bin ich sicher, dass sie traumatisiert sind.“

Er hat zwei Geschenke mitgebracht, Hüsges überbringt weitere und hat sogar große Tüten im Gepäck: Fußbälle, Springseilchen und weitere Sport- und Spielsachen für alle, gespendet vom Verein Kiwanis Achern. „Damit gehen wir nach dem Kuchenessen raus“, sagt Holyaka. „Bei dem super Wetter.“

Meine Hoffnung war, schnell wieder zurück zu dürfen, aber jetzt ist sogar unser Ort bombardiert worden.
Mutter von Kyrylo

Kyrylos Mutter ist mit ihren zwei Söhnen nun seit zwei Wochen im Hotel untergebracht, wie sie auf Englisch erzählt. „Wir kommen aus der Nähe von Lemberg. Mein Mann blieb dort. Meine Hoffnung war, schnell wieder zurück zu dürfen, aber jetzt ist sogar unser Ort bombardiert worden. Ich weiß überhaupt nicht mehr, was wird.“

Abends, sagt sie, gehe sie nicht aus dem Hause. „Wir hatten daheim Ausgangssperren, irgendwie sitzt das tief. Auch, wenn ich Flugzeuge sehe, habe ich immer noch Angst, obwohl ich doch weiß: Wir sind jetzt in Sicherheit.“

30 Ukraine-Flüchtlinge wohnen in Bühler Hotel

Im Hotel wohnen Haag zufolge inzwischen 30 Ukrainer, vorrangig Mütter und Kinder. „Deren Frühstück und Abendessen finanziert der Kiwanis Club Baden-Baden-Aida mit, den üblichen Tagessatz für Flüchtlinge zahlt die Stadt Bühl. Wir haben auch Sachspenden von der Bevölkerung erhalten, besonders Kleidung und Spielsachen. Da wir über keinerlei Ladefläche verfügen, ist es allerdings besser, wenn die Bürger diese Dinge künftig zum DRK-Kleiderladen Fundus oder zum Tafelladen bringen.“

Die Kinder sind laut Haag gern auf dem Abenteuerspielplatz gegenüber; im Hause sei es auch ein bisschen abenteuerlich gerade, da gehe es schon bunt her. „Wir sind als Hotelbetrieb eigentlich nicht für so viele Kinder gewappnet, aber in der aktuellen Zeit erscheint es mir einfach wichtig, diesen Menschen Zuflucht zu gewähren.“

Dann wird gesungen. „Happy Birthday“ auf Ukrainisch, später auch noch auf Deutsch. Gleich zweimal darf Kyrylo Kerzen auspusten. Er sagt strahlend „Dankeschön“ für die Geschenke – und haut rein, ebenso wie viele weitere Festgäste. In diesem Moment denkt wohl niemand im Raum an den brutalen Krieg in der Heimat. Und genau das war ja die Idee.

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