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Literarische Miniaturen

Lesung in Bühl: Pfarrer Thomas Weiß und die Frauen des Johann Peter Hebel

Von Pfarrer zu Pfarrer, von Dichter zu Dichter: Thomas Weiß kommt für eine Lesung über Johann Peter Hebel nach Bühl. Das Thema ist ungewöhnlich.

Der Autor Thomas Weiß zeigt zwei Bücher in die Kamera
Thomas Weiß präsentiert seine jüngsten Bücher. Eines davon widmet sich den Frauen im Leben von Johann Peter Hebel. Foto: Bernd Kamleitner

Manches hat Thomas Weiß mit Johann Peter Hebel gemeinsam. Dichter und Pfarrer ist der eine und war der andere. Für Weiß ist Hebel auch ein literarisches Schatzkästlein und ein Forschungsgegenstand. Mit seinem Buch „Theuerste Freundin! Frauen um Johann Peter Hebel“ nimmt er den Lebensweg des alemannischen Mundartdichters (es sei davor gewarnt, Hebel auf diesen Aspekt zu beschränken) aus einer besonderen Perspektive in den Blick.

Am Donnerstag, 22. Februar, liest er auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde Bühl aus seinem Buch. Die Lesung beginnt um 19.30 Uhr im katholischen Gemeindehaus St. Maria in Kappelwindeck.

Sich auf die Spuren von Johann Peter Hebel zu begeben, kann viele Entdeckungen bescheren. Zwischen Basel und Schwetzingen hat der alemannische Dichter von Weltniveau Zeugnisse hinterlassen.

Dass sie sich in besonders hoher Zahl im badischen Oberland, dem Markgräflerland, finden, ist biografisch leicht nachzuvollziehen. Der 1760 in Basel geborene spätere Geistliche und Lehrer ist dort aufgewachsen und fand hier nach der Zeit auf dem Karlsruher Gymnasium und dem Theologie-Studium in Erlangen seine ersten Arbeitsstellen.

Vortreffliches in Ottersweier

1791 ging Hebel als Lehrer ans Gymnasium in Karlsruhe, dessen Direktor er 1808 wurde. 1819 wurde er der erste Prälat der lutherischen Landeskirche und dadurch Mitglied der ersten Kammer im Ständehaus. Hebel starb 1826 in Schwetzingen, wo er auch beerdigt wurde.

Auch die Bühler Gegend kannte Hebel. Die Hub in Ottersweier war nach der Fertigstellung des Bad-Neubaus 1812 ein beliebter und immer wieder aufgesuchter Erholungsort für ihn: „O, da ist’s schön! Keine große Welt wie in Baden, etwa 50 Gäste,meist Straßburger, Gegend, Anlage, Gebäude, Einrichtung, Essen, Wein alles vortrefflich.“

Das Urteil über Bühlertal, wo er mehrfach in der Liehenbach kurte, fiel zwiespältig aus. 1823 schrieb Hebel ins Gästebuch: „Zu den Annehmlichkeiten dieses Aufenthaltes darf man die unverdrossene Aufmerksamkeit des Herrn Badwirts auf die Wünsche der Fremden, die bei ihm Quartier nehmen, rechnen.“

Zwei Jahre später hielt er in Baden-Baden fest: „Lieber wäre ich freilich noch im Bühler Thal zwischen meinen Gruppen der prachtvollsten Kastanien und Welschnussbäumen, bei meinen lustigen Bächlein, wenn nur der einzige Wirth, bei man logieren kann, nicht den ganzen Tag betrunken wäre.“

Ein Wegbegleiter für den Autor aus Baden-Baden

Thomas Weiß blickt in seinem Buch „Theuerste Freundin!“ indes nicht aus der badisch-geografischen Perspektive auf Hebel. Er verarbeitet literarisch die Beziehung des unverheiratet gebliebenen Hebels zu den unterschiedlichsten Frauen.

In sieben wunderbaren literarischen Minitaturen (die Gestaltung des in der Edition Klöpfer im Stuttgarter Verlag Kröner erschienen und 175 Seiten zählenden Buchs ist nicht minder gelungen) leuchtet Weis das Schwärmerische in Hebels Charakter ebenso aus wie die Schwierigkeit, sich zu binden.

Weiß, der in Baden-Baden lebt, wo er von 2012 bis 2019 Pfarrer der Luthergemeinde war, wählt dafür auch ganz unterschiedliche Sprachebenen. Wenn er mit den Augen des jungen, gerade mal 13 Jahre alten Hebel auf den plötzlichen Tod der Mutter schaut, offenbart sich ein am großen Dichter geschultes Schreiben, das den Leser gefangenzunehmen vermag.

Geschichten werden in die Gegenwart verlegt

Verlegt Weiß, der die Erwachsenen- und Familienbildung der Evangelischen Landeskirche Baden leitet, Hebelsche Themen in die Gegenwart und spinnt sie weiter, wird die Sprache modern, sie bleibt aber immer glockenklar, Anlehnungen an Hebel inklusive. Das gilt gerade für „Jez hemmer’s un jez simmer do“, ein Briefwechsel, Pardon: Mailwechsel, den man getrost als einen Höhepunkt des Buchs begreifen darf. „Die Ärztin aus Brasilien“ steht dem kaum zurück.

Johann Peter Hebel begleitet Weiß schon lange Zeit. Als junger Pfarrer griff er in Kandern zu den „Alemannischen Gedichten“, um sich „in die Sprache der Menschen im Dreieckland hineinzuhören“.

Später stieß er auf das „Schatzkästlein des rheinischen Hausfreunds“, und seither schätzt er Hebels Schalk und Menschenfreundlichkeit, „seine weitherzige Liberalität, nachgerade im Religiösen“. 2017 gab er gemeinsam mit dem katholischen Ökumeniker und Literaten Karl-Josef Kuschel Hebels „Biblische Geschichten“ heraus.

Die sind für den Tübinger Verleger Hubert Klöpfer „grandios gut erzählt“, weshalb er dieses Projekt unbedingt umsetzen wollte. Er habe vor 20 Jahren Weiß’ ersten Lyrikband verlegt und arbeite seither mit ihm zusammen. Mit Hebel-Ideen geht Weiß bei seinem Verleger durch weit offene Türen: „Hebel ist für mich eine Art badischer Nationalheiliger“, sagt Klöpfer und fügt lachend an: „Auch wenn er evangelisch war.“

Verleger Hubert Klöpfer kommt für Lesung zurück nach Bühl

Für die Lesung in Kappelwindeck kommt Klöpfer nach Bühl. Darauf freut er sich gleich aus zwei Gründen: Bei einer Lesung in Baden-Baden im Januar war er verhindert. Jetzt aber wird er live erleben, wie Thomas Weiß aus seinen Hebel-Geschichten liest. Und: Es ist für Klöpfer Rückkehr und Heimspiel zugleich: In Bühl ist er aufgewachsen, und so hofft er auch auf für ihn bekannte Gesichter im Publikum.

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