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Gemeinderat entscheidet am 25. Januar 2024

Lichtenau: Stadtteile kämpfen weiter für ihr Mitspracherecht

Wie geht es mit der unechten Teilortswahl in Lichtenau weiter? Die Signale aus den Stadtteilen sind klar für die Beibehaltung. Das letzte Wort in diesem emotionalen Thema hat der Gemeinderat am 25. Januar.

Vier Personen
Die Ortsvorsteher Jürgen Otteni, Christa Baumann, Nadine Ulas-Doninger und Michel Obermann (von links) beharren auf das Mitspracherecht der Dörfer. Foto: Jörg Seiler

Die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher der Lichtenauer Stadtteile Ulm, Grauelsbaum, Scherzheim und Muckenschopf wähnen sich gerade ziemlich in Absurdistan. Warum? Alle vier Ortsparlamente haben sich klar für die Beibehaltung der unechten Teilortswahl ausgesprochen. Dann kam das Thema in den Gemeinderat der Stadt Lichtenau. Und der hätte nach einer emotionalen Debatte mit Für und Wider durch seinen Beschluss diese in den Eingemeindungsverträgen garantierte Mitbestimmung einfach abschaffen können und damit den Willen der Dörfer ignoriert.

„Das ist eine absurde Konstellation“, sagt der Scherzheimer Ortsvorsteher Michel Obermann im Gespräch mit dieser Redaktion, und seine Kollegen Christa Baumann (Ulm), Nadine Ulas-Doninger (Grauelsbaum) sowie Jürgen Otteni (Muckenschopf) pflichten ihm bei. Den finalen Federstrich hat das Kommunalparlament des Hanauerland-Städtchens nicht vollzogen. Es fehlte schlichtweg die nötige Mehrheit.

Lichtenauer Gemeinderat berät Thema noch einmal am 25. Januar 2024

Am 25. Januar 2024 kommt das Thema noch einmal auf die Tagesordnung. Das Bangen in den Dörfern um die Zukunft ihrer demokratischen Mitbestimmung geht also weiter. Und das ausgerechnet in einem Zeitraum, in dem die Stadt Lichtenau ihren Reigen an Goldhochzeiten in Sachen Eingemeindungen feiern kann. Feststimmung mag aber zumindest in den Dörfern nicht aufkommen. Die Zeichen stehen dort eher auf Ehekrise.

„Es gibt ein eindeutiges Votum aus jedem Ortschaftsrat für die Beibehaltung der unechten Teilortswahl“, betont die Ulmer Verwaltungschefin Christa Baumann. Das geht allerdings aus der Vorlage für die Gemeinderatssitzung vom 7. Dezember nicht hervor.

Es habe lediglich einen mündlichen Hinweis von Lichtenaus Bürgermeister Christian Greilach (CDU) gegeben. Und fast könnte man meinen, hier wird der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gespielt.

Vergleichbare Sorgen gab es in den Lichtenauer Stadtteilen vor nicht allzu langer Zeit schon einmal. Die Fraktionen von CDU/SPD, Freien Wählern und Grünen im Gemeinderat hatten im Mai 2020 einen Antrag auf Abschaffung der unechten Teilortswahl gestellt. Im Januar 2021 titelten ABB/BNN: „Dörfer kämpfen für ihr Mitspracherecht“.

Urteil des Verwaltungsgerichtshofs befeuert Debatte um unechte Teilortswahl von Neuem

Dann war das Thema wieder vom Tisch und tauchte nun mit noch größerer Heftigkeit wieder auf. Ausschlaggebend war ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zur Kommunalwahl in Tauberbischofsheim. Die war angefochten worden. Laut Gericht war zu klären, wie die örtlichen Verhältnisse und die Einwohnerzahl zueinander stehen und ob Ortsteile unterrepräsentiert sind.

Ein verwaltungsrechtlicher Fall mit Tragweite. Denn just diese Unterrepräsentation will auch die Stadt Lichtenau nun beseitigen. Das klingt gerecht, doch die Ortsvorsteher wähnen Schlimmes. Sie sehen in diesem notwendigen Akt den erneuten Versuch, die unechte Teilortswahl abzuschaffen.

Das könnte heißen, dass nach der Kommunalwahl 2024 kleine Ortsteile wie Muckenschopf oder Grauelsbaum nicht mehr im Gemeinderat vertreten wären, befürchtet Nadine Ulas-Doninger.

Mitsprache der Kleinen war wesentliche Zielsetzung der Eingemeindungen

Damit wäre eine wesentliche Zielsetzung der Eingemeindung, die Mitsprache auch der Kleinen über die unechte Teilortswahl, ad absurdum geführt, sagt Jürgen Otteni. Wie so etwas im ungünstigen Fall aussehen kann, zeigt sich für die Ortsvorsteher in der Vorlage zur Lichtenauer Gemeinderatssitzung vom 7. Dezember, als die vier klaren Voten der Orts-Gremien pro unechte Teilortswahl in keiner Weise Eingang fanden.

So stellen die Ortsvorsteher die Vertrauensfrage für die Zusammenarbeit von Orts-Gremien und Stadtparlament. „Für uns gibt es nur einen Weg“, sagt Jürgen Otteni: Die Stadt Lichtenau behält die unechte Teilortswahl bei, vergrößert die Zahl der Sitze im Gemeinderat auf 22 (derzeit 17 mit Überhangmandaten) und passt die Wohnbezirkssitzahlen in der Hauptsatzung an. Damit wäre das Problem der Unterrepräsentation gelöst.

Es wäre zudem ein positives Zeichen vor den anstehenden Kommunalwahlen. Erstmals dürfen Kandidaten ab 16 Jahren antreten. Und mehr Sitze im Rat erhöhen die Chance, dass der ein oder andere Neuling mit den Etablierten den Weg ins Parlament findet. Bei einem 22er-Gemeinderat gäbe es neun Sitze für Lichtenau, fünf für Scherzheim, vier für Ulm, dazu jeweils zwei für Grauelsbaum und Muckenschopf.

Auch lokale Eigenheiten spielen eine Rolle

Wohlgemerkt, es geht um die Mitsprache aller Dörfer. „Dass die Ortsvorsteher erhalten bleiben, ebenso die Ortschaftsräte wissen wir“, sagt die Runde, aber es sei ein Unterschied zwischen gehört werden und Mitregieren. Natürlich spielten lokale Eigenheiten ebenfalls eine Rolle, mit der Variante der Zusammenlegung der Dörfer zu Wahlbezirken kann sich deshalb keiner anfreunden.

In Ottersweier entschied sich der Gemeinderat Mitte Juni 2023 nach einer emotional geprägten Debatte für die Beibehaltung der unechten Teilortswahl. Die garantiert Unzhurst weiter fünf Sitze im Kommunalparlament. „Die Entscheidung ist eine Frage des Vertrauens“, sagen die Ortsvorsteher in Lichtenaus Stadtteilen.

Jeder solle sich bewusst machen, was kommunalpolitisch und gemeinschaftlich zerstört werde, wenn das Votum der betroffenen Ortschaften ignoriert werde.

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