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Erinnerungsprojekt an jüdisches Leben

Nachfahre der jüdischen Familie Weil kommt zu Besuch nach Lichtenau

David Weil und seine Frau Debbi aus Illinois konnten bei ihrem Besuch in Lichtenau tief in die Geschichte ihrer Familie eintauchen. Über diese hat Stadtarchiver Götz einiges herausgefunden.

David Weil hat sich in Lichtenau auf die Spuren seiner Vorfahren begeben.
David Weil hat sich in Lichtenau auf die Spuren seiner Vorfahren begeben. Hier ist er am Grab von Theodor Weil. Foto: Patrick Götz

Für sie war es ein weiter Weg: David Weil und seine Frau Debbi aus Highland Parks im US-Bundesstaat Illinois sind nach Lichtenau gekommen. Dorthin führte sie das Erinnerungsprojekt an das einstige jüdische Leben in der Stadt. Wie die Verwaltung mitteilte, war es in den vergangenen Jahren bereits zu zahlreichen Besuchen von Nachfahren der Familien Cahn und Roos gekommen.

Dank der im Vorfeld vom Lichtenauer Stadtarchivar Patrick Götz erfolgten akribischen Aufarbeitung der Zusammenhänge der einst in Lichtenau beheimateten jüdischen Familien konnte auch David Weil tief in Geschichte seiner Familie eintauchen.

Eine magische und spirituelle Reise mit sehr coolen Geschichten.
David Weil
über seinen Besuch

Während der Corona-Zeit hatte er sich intensiver mit seiner Familienhistorie beschäftigt und war dabei über Umwege in Kontakt mit dem Lichtenauer Archivar gekommen. Dieser hatte für den Heimatbesuch ein attraktives Programm zusammengestellt. „Eine magische und spirituelle Reise mit sehr coolen Geschichten“, wie es David Weil abschließend zusammenfasste.

Der Ehemann starb im September 1797 in Neufreistett

Für ihn war es ein Besuch, der weit mehr bot, als er erwartet hatte. Die Gräber seiner direkten Vorfahren bis zu sechs Generationen zurück konnten auf den jüdischen Friedhöfen in Freistett und Kuppenheim besucht werden.

Der früheste bekannte Vorfahre Mosche Moses kam 1783 von Horb am Neckar nach Neufreistett und hatte sich dort nach der Bezahlung des Einzugsgeldes von 112 Gulden niedergelassen. Mosche Moses heiratete dort die aus dem Elsass stammende Sara Weyl. Um 1794 gebar sie den gemeinsame Sohn Theodor. Der Ehemann starb im September 1797 in Neufreistett.

Bei der durch die Modernisierung der badischen Verwaltung in napoleonischer Zeit notwendige Annahme von vererbbaren Familiennahmen hatte Sara Weyl ihren Geburtsnamen als Familiennamen gewählt. Die Witwe schloss in Lichtenau um 1805 mit dem ebenfalls verwitweten Viehhändler Seligmann Auerbacher „Pinchas Hertz“ eine zweite Ehe und zog mit dem noch minderjährigen Sohn Theodor nach Lichtenau.

Der Sohn Theodor Weil heiratete 1823 in Lichtenau seine Stiefschwester Karolina Auerbacher, Tochter von Seligmann Auerbacher aus dessen erster Ehe. Die Söhne Moses „s’Mauschels“ und Herz Weil „s‘Hirschels“ aus dieser Ehe gründeten in Lichtenau Familien und wohnten beide in der Wörthgasse.

1888 nahm Nathan Weil Abschied von Lichtenau und wanderte in die USA aus.
1888 nahm Nathan Weil Abschied von Lichtenau und wanderte in die USA aus. Foto: Repro Patrick Götz

David Weil ist der Urenkel von Herz Weil und Sohn von Moritz Weil. Dieser hatte einen älteren Bruder Nathan, der sich 1888 entschlossen hatte, nach Amerika auszuwandern. Der Lichtenauer Fotograf Lauppe hatte das abfahrbereite und für die Ausreise vollbepackten Fuhrwerk vor dem damaligen Anwesen Schoch, auf dessen Platz 1928 das Rathaus erbaut wurde, bildlich festgehalten.

Moritz Weil hatte sich entschlossen, die badische Heimat ebenfalls zu verlassen und war seinem Bruder nach Amerika gefolgt. Dort ließ er sich in Chicago nieder, wo er im Oktober 1900 als US-amerikanischer Staatsbürger eingebürgert wurde und sich fortan Morris Weil nannte. Aus seiner Ehe mit Jeannette Gross stammt Davids Vater Richard Harvey „Bill“ Weil.

Historie bietet Anlass für ausgiebigen Austausch

Eine Historie, die genügend Anknüpfungspunkte für einen ausgiebigen Austausch beim Besuch des Ulmer Sportfestes und für einen geschichtlichen Rundgang in Lichtenau bot. So konnte nicht nur das Wohnhaus von Sara Weyl und Theodor Weil in der Wörthstraße besucht werden. Wenige Meter weiter steht noch im Originalzustand der Schuppen des Moses Weil, dem Bruder des Großvaters. An der Holzverkleidung ist dort noch heute schwach neben der Jahreszahl 1936 das aufgebrachte Monogramm „M. W.“ für Max Weil, einen Enkel des Moses zu erkennen.

Vor dem Rathaus konnte der Besuch von David Weil in der Heimat seiner Vorfahren im Bild festgehalten werden, just so, wie damals, als Nathan Weil sich verabschiedet hatte.

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