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Theaterabend

Wie in Weitenung in bester Privatsender-Manier die Lebenswelten aufeinanderprallen

Ein bestens aufgelegtes Laien-Ensemble der Widdenunger Sondbach-Deifel erlebten rund 350 Zuschauer.

Familiendiskussion: Während Rosmarie (Bettina Rutkowski) das familiäre Durcheinander noch nicht fassen kann, versuchen Ehemann Hermann (Johannes Kramer) und Tochter Claudia (Annette Kohl) sie zu beruhigen (von links).
Familiendiskussion: Während Rosmarie (Bettina Rutkowski) das familiäre Durcheinander noch nicht fassen kann, versuchen Ehemann Hermann (Johannes Kramer) und Tochter Claudia (Annette Kohl) sie zu beruhigen (von links). Foto: Ingbert Ruschmann

Witzige Dialoge, spontane Situationskomik, turbulente Szenen und ein glänzend aufgelegtes Laienspiel-Ensemble erlebten knapp 350 Besucher beim Theaterabend in der Rheintalhalle in Weitenung. Von der Debütantin Sara Jörger als Souffleurin sicher geführt, boten die Schauspieler des Fastnachstvereins Widdenunger Sondbach-Deifel mit dem Schwank „Ganz herzlich Willkommen“ einen unterhaltsamen Theaterabend.

„Wir wollen auch außerhalb der fünften Jahreszeit einen Beitrag zum kulturellen Leben in unserem Ort leisten“, erklärte Thomas Frietsch mit Blick auf die zahlreichen Aktivitäten der Weitenunger Häsgruppe.

Lustige Theaterabende gehören in Weitenung schon seit vielen Jahren zum festen Bestandteil des Kulturkalenders. Nachdem der örtliche Gesangverein als traditioneller Veranstalter den Spielbetrieb einstellen musste, führten die „Sondbach-Deifel“ mit eigenen Akteuren die im Blumendorf sehr beliebte Kulturreihe fort.

Unter der Leitung des Oberzunftmeisters, Christian Müller, der inzwischen bereits seit 30 Jahren auf der Weitenunger Theaterbühne steht, knüpften die Fastnachter nahtlos an die erfolgreichen Theaterabende des Gesangvereins Weitenung an.

Beim lustigen Dreiakter von Bernd Gombold – inzwischen der achte Theaterabend mit den „Sondbach-Deifel“ - drehte sich alles um Rosemarie (gespielt von Bettina Rutkowski), eine Mitsechzigerin mit liebem Gemüt, ausgeprägtem Ordnungssinn und stets darauf bedacht, die Fassade einer heilen Familie nach außen aufrechtzuerhalten.

Mit einer Kur beginnt das Chaos in der Familie

Rosemarie hat ihre liebe Not mit ihrem Ehemann Herrmann (Johannes Kramer) und Schwiegervater Hans (Christian Müller) und ihrer ausgeprägten Begeisterung für Sport. Entnervt geht Rosemarie in Kur und bittet Nachbarin Berta (Monika Huh) auf die beiden Männer zu schauen, was die Witwe gerne tut, hat sie doch ein Auge auf Opa Hans geworfen.

In Rosemaries Abwesenheit bricht das Chaos aus, als sich Hermanns nichtsnutziger Bruder Konrad (Manuel Hettler) und dessen vulgäre Frau Cindy (Heike Müller) im Haushalt einnisten.

Um die neugierige Nachbarin auf Distanz zu halten, lenkt Hans ihre Aufmerksamkeit unter Einsatz von Rauschmittel und unmoralischen Angeboten auf sich. Als Rosemarie aus der Kur heimkehrt, trifft sie angesichts des „Saustalls“ in ihrem Hause fast der Schlag.

Zu allem Überfluss kündigt sich auch noch Tochter Claudia (Annette Kohl) und ihr vermeintlich steinreicher Verlobter Markus (Pierre Royal) an. In Windeseile wird aufgeräumt, um Anschein einer heilen und ordentliche Familie wieder herzustellen. Dabei überschlagen sich die Ereignisse, bis am Ende jeder zufrieden aus dem heillosen Durcheinander herauskommt.

Laienspieler finden sich sehr gut in ihre Rollen hinein

Das vor der selbstgebauten Kulisse einer gut bürgerlichen Wohnstube inszenierte Stück lebte insbesondere von den schauspielerischen Leistungen der Akteure, die ausnahmslos ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen in ihre jeweiligen Rollen zeigten. Bettina Rutkowski überzeugte als spießige, kleinkarierte und wenig stressresistente Hausfrau.

Mit ausgeprägter Mimik verlieh sie ihren Worten besonderen Nachdruck, bisweilen „schenkte“ sie insbesondere ihren nomadenhaft agierenden „Hausgästen“ furchterregende Blicke mit erheblichem Tötungspotenzial. Denen stand auch Johannes Kramer als fußballbesessener Ehemann machtlos gegenüber.

Ohne Durchsetzungsvermögen und klar im Schatten seiner Frau gab er den einfältigen Rentner. Aus ganz anderem Holz geschnitzt, agierte Manuel Hettler als sozial schmarotzender Bruder. In passender Kleidung (Trainingshose!), immer hungrig und durstig und bisweilen mit derben Sprüchen unterwegs, spielte er den typischen Vertreter bildungsferner Schichten, die es nicht so mit Arbeit haben.

Saskia und Jennifer Ernst als Maskenbildnerinnen

Schrill und vulgär präsentierte sich Heike Müller als dessen von der Maske um Saskia und Jennifer Ernst farbenfroh geschminkte und sektverehrende Ehefrau, die ihrer Schwägerin Rosmarie mit bissigen und gezielt unter der Gürtellinie platzierten Breitseiten erheblich zusetzte.

Während Christian Müller den Sound von Formel-1-Motoren imitierend das Stück als tolpatschiger Opa bereicherte, wandelte sich Monika Huh durch die wirkenden Rauschmittel innerhalb kürzester Zeit von der biederen, neugierigen und auf ihr makelloses Ansehen bedachten Nachbarin zur feurig-wilden Furie ohne moralische Grenzen.

Einzig Annette Kohl und Pierre Royal agierten in diesem Durcheinander als gesittete und geerdete Charaktere, die letztendlich wieder Ordnung in das heillose Familiendrama brachten.

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