„Böswillig“: So empfindet der Gaggenauer Feuerwehrmann Michael Bracht den Scherz, den sich Unbekannte seit Oktober immer wieder erlauben. Schon fünfmal haben sie am Haupteingang der Tiefgarage „Murgufer“ Feuerwerkskörper gezündet, um die Brandmeldeanlage auszulösen. Beim jüngsten Einsatz am 4. Januar mussten 25 Rettungskräfte zum Marktplatz ausrücken, nur um die Garage zu kontrollieren und den Alarm wieder abzuschalten.
Wir haben genug Einsätze. Da brauchen wir so was absolut nicht.Michael Bracht, Feuerwehrmann aus Gaggenau
Für die Ehrenämtler ist das sehr ärgerlich. „Wir haben das Jahr über genug Einsätze. Da brauchen wir so was absolut nicht“, findet Bracht. Zumal in jedem Fall ein vollständiger Löschzug anrücken muss – es könnte ja wirklich brennen. Das sind pro Einsatz gut zwei Dutzend Feuerwehrleute und drei bis vier Fahrzeuge. „Dann sagt man sich: Es hätte jetzt parallel was sein können, wo reell jemand Hilfe braucht.“
Zum Glück hat die Abteilung Gaggenau genug Aktive, um bei Bedarf einen weiteren Löschzug loszuschicken, und sie kann mit Unterstützung der acht anderen Abteilungen rechnen. Doch ein ungutes Gefühl bleibt.
Kein Lausbubenstreich mehr
„Besonders ärgerlich – nicht nur für mich – waren die beiden Einsätze an den Feiertagen“, berichtet Dieter Spannagel. Er leitet nicht nur das Ordnungsamt in Gaggenau, sondern ist auch Gesamtkommandant der Feuerwehr. „Einer war am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages und einer am Neujahrstag. Gerade an solchen Tagen würden wir Feuerwehrangehörigen unsere Freizeit lieber mit der Familie verbringen.“ Er selbst zum Beispiel hatte sich am Weihnachtstag gerade mit seiner Frau zum Essen gesetzt, als er für nichts und wieder nichts zur Tiefgarage gerufen wurde.
Bei einem Notrufmissbrauch handelt es sich um eine Straftat.Dieter Spannagel, Gesamtkommandant der Feuerwehr
Wenn wirklich Not am Mann ist, ist ein Einsatz auch am Feiertag oder Geburtstag kein Thema. Doch „bei solchen Alarmierungen, bei denen sich wohl irgendjemand nur einen Spaß auf Kosten ehrenamtlich tätiger Feuerwehrangehöriger macht“, sieht die Sache anders aus. Das ist für Spannagel auch kein Lausbubenstreich mehr. „Das wäre bei einer einmaligen Aktion vielleicht noch vorstellbar. Leider ist es aber nicht dabei geblieben.“
Er sagt es ganz deutlich: „Bei einem Notrufmissbrauch handelt es sich um eine Straftat.“ Nach dem Strafgesetzbuch kann er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe geahndet werden. Welche Strafe angemessen ist, entscheidet das Gericht.
Die Stadt Gaggenau will Strafanzeige stellen
Klar ist jedoch: Wenn die Polizei die Täter ermittelt, haben diese auf jeden Fall eine Anzeige am Hals und eine saftige Rechnung im Briefkasten. „Selbstverständlich würde die Stadt Gaggenau die Kosten in voller Höhe in Rechnung stellen“, sagt Spannagel. Denn bei Einsätzen, bei denen es nicht um Pflichtaufgaben wie (echte) Brände oder Menschenrettung geht, sollen Kommunen als Träger der Feuerwehren einen Kostenersatz erheben. Das gilt freilich nicht, wenn jemand in gutem Glauben einen Brand meldet und die Feuerwehr feststellt, dass er sich getäuscht hat. Aber es gilt sehr wohl, wenn jemand absichtlich so tut als ob.
Dieter Spannagel überschlägt, was das in diesem Fall bedeuten würde: „Bei den Alarmierungen zur Tiefgarage rücken in der Regel zwei Löschfahrzeuge, ein Einsatzleitwagen und ein Kommandowagen aus. Im Durchschnitt waren 30 Feuerwehrangehörige anwesend. Der Stundensatz für die somit eingesetzten Fahrzeuge und Feuerwehrleute beläuft sich auf knapp 800 Euro. Hinzu kämen gegebenenfalls noch Lohnersatzkosten, wenn Feuerwehrangehörige zum Einsatz die Arbeitsstelle verlassen müssen.“
Sie sollen bei uns eintreten. Dann haben sie eine sinnvolle Aufgabe.Michael Bracht, Feuerwehrmann aus Gaggenau
Was sie den Zündlern gerne sagen würden, wissen die beiden Feuerwehrmänner genau. „Ich würde den oder die Täter gerne zur Mitarbeit bei uns oder einer anderen Hilfsorganisation einladen“, sagt Spannagel. Michael Bracht sieht es ähnlich: „Sie sollen bei uns eintreten. Dann haben sie eine sinnvolle Aufgabe und leisten etwas Gutes. Und dann merken sie mal, was es bedeutet, wenn sie einfach plötzlich von spaßigen Sachen wegmüssen.“
Ob die Polizei die Verantwortlichen finden und festnageln kann, bleibt abzuwarten. Das Parkwärterhaus am Fuße der Haupttreppe ist nicht rund um die Uhr besetzt, aber die Ermittler können zumindest auf Filmmaterial der Überwachungskameras im Bereich der Kassenautomaten zurückgreifen. Außerdem haben Zeugen beim jüngsten Einsatz Jugendliche wegrennen beziehungsweise mit Fahr- und Kleinkrafträdern wegfahren sehen. Michael Bracht ist zuversichtlich: „Der Kreis zieht sich jetzt immer enger.“ Er hofft, dass die Streiche bald ein Ende haben – und dass sie bis dahin keine üblen Folgen zeitigen.