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Gläubigerversammlung ist Ende Oktober

Das City-Kaufhaus Gaggenau hat eine gute Perspektive

Die Kunden kommen wieder, die Geschäftszahlen nähern sich dem Niveau vor der Corona-Krise an: Das City-Kaufhaus Gaggenau befindet sich weiterhin im Insolvenzverfahren in Eigenregie, der Sachwalter und der Sachberater sprechen aber von einer guten Perspektive zur Weiterführung des Hauses.

City Kaufhaus Gaggenau
Alle Zeichen stehen auf Weiterführung: Beide Insolvenzexperten, die das City-Kaufhaus im laufenden Verfahren begleiten, sehen die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Kunden kommen wieder in größerer Zahl ins Haus. Foto: Jürgen Gerbig

Weiterhin im Insolvenzverfahren in Eigenregie befindet sich das City-Kaufhaus Gaggenau. Inzwischen gibt es Zugeständnisse von Gläubigerseite, diese sind für ein tragfähiges Sanierungskonzept auch zwingend notwendig. Für die Belegschaft war es ein wichtiges Signal zur Fortführung des Geschäftsbetriebs, dass die Herbstmode - so wie in den Vorjahren auch - eingegangen und eingeordnet worden ist, berichtet eine Mitarbeiterin im BNN-Gespräch.

Die Chancen, dass das traditionsreiche Kaufhaus in Gaggenau auch in Zukunft seinen Betrieb aufrechterhalten kann, stehen unter dem Strich inzwischen gut. Unter einer Bedingung: Alle Beteiligten hoffen jetzt, dass mit Blick auf generell steigende Corona-Infektionszahlen keine erneute Schließung notwendig wird.

Die Kunden kommen wieder ins Geschäft.
Sachberater Matthias Kühne

„Stand heute: Ich sehe sehr gute Chancen für die Weiterführung des City-Kaufhauses“, sagte am Dienstag Rechtsanwalt Matthias Kühne von der Kanzlei Nickert in Offenburg im Gespräch mit dieser Zeitung. Kühne fungiert als Sachberater der Geschäftsführung, bei ihm laufen die Fäden des Insolvenzverfahrens zusammen. Er spricht, ausgehend von der Corona-bedingten Schließung des Kaufhauses, jetzt von einer „massiven Aufhellung. Die Kunden kommen wieder ins Geschäft.“ Mit Blick auf die Zahlen nähere man sich dem Niveau vor der Corona-Krise an.

Aktuell arbeite man mit Hochdruck am Zukunftskonzept. Ziel sei es, das Verfahren in Eigenverwaltung bis zum Ende diesen Jahres, spätestens Anfang 2021 zu beenden. Die Gläubigerversammlung, in der über den Verfahrensgang informiert werde, sei für Ende Oktober anberaumt.

Danach folgt als zweiter Verfahrensschritt der Erörterungstermin, bei dem die Gläubiger konkret über den Insolvenzplan abstimmen. Kühnert sieht die Weichen für eine positive Entscheidung aller Beteiligten gestellt. Der Insolvenzplan, der derzeit in Arbeit ist und der auch vom zuständigen Amtsgericht geprüft wird, hält mit Blick auf die Altforderungen fest, welche Quote zu welchen Stichtagen fließt; auf den Rest muss verzichtet werden. Der Insolvenzplan werde im vierten Quartal eingereicht.

Jetzt bezahlt wieder die Firma die Löhne

Drei Monate lang, von Mai bis Juli, haben die Mitarbeiter ihr Gehalt als Insolvenzgeld von der Agentur für Arbeit erhalten. Ende August steht nun wieder ihr Arbeitgeber in der Pflicht, die Löhne und Gehälter der rund 65 Beschäftigten auszuzahlen. Es gebe keine Abstriche bei den Auszahlungen, betont Matthias Kühne auf Nachfrage.

Auch betriebsbedingte Kündigungen seien nicht geplant. Allerdings seien Zeitverträge, der Situation geschuldet, nicht verlängert worden. Regelmäßig werde in Mitarbeiterversammlungen über den jeweiligen Stand informiert.

Ein Insolvenzverfahren in Eigenregie zielt grundsätzlich auf die Weiterführung des Geschäftsbetriebs ab. Es gehört nicht zur Kategorie Schutzschirmverfahren, wo bereits nach drei Monaten zwingend ein Sanierungsplan vorgelegt werden muss. Im Fall City-Kaufhaus, das Anfang Mai beim Amtsgericht Baden-Baden ein gerichtliches Verfahren in Eigenverwaltung beantragt hatte, ist also weiterhin Zeit, an einem tragfähigen Konzept zu feilen.

City Kaufhaus Gaggenau
Geschäftsführer bleiben im Amt: Michael Meurers (zweiter von rechts) und Harry Schneider (rechts), hier bei einem Termin mit dem Kuratorium Nachbarschaftshilfe, sollen auch zukünftig die Geschicke des City-Kaufhauses lenken. Foto: Stadt Gaggenau

Bei einem Verfahren in Eigenregie bleibt auch die Geschäftsführung im Amt, ihr werden aber „Insolvenzprofis“ zur Seite gestellt. Die Geschäftsführer Michael Meurers und Harry Schneider sollen auch in Zukunft die Geschicke des Unternehmens lenken, sagt Kühne. Die Zeit werde auch genutzt, um das Kaufhaus aus Kundensicht attraktiver zu gestalten, etwa bei der Gestaltung der Verkaufsflächen.

Zugeständnisse von Gläubigerseite

Neben dem Sachberater Matthias Kühne aus Offenburg ist beim Kaufhaus mit Sachwalter Dirk Pehl von der Acherner Kanzlei Schultze & Braun ein weiterer Insolvenzprofi an Bord. Ein Sachwalter wird vom zuständigen Amtsgericht eingesetzt; seine erste Aufgabe ist die Wahrung der Gläubigerinteressen. Pehl selbst beschreibt seine Funktion gerne so: „Wie eine Wolke, die über dem Unternehmen schwebt“. Man könnte es auch eine Art Aufsichtsrat nennen.

Zum Sachstand in Gaggenau sagt er im BNN-Gespräch: „Der Geschäftsbetrieb läuft stabil, ich denke, es sieht ganz gut aus.“ Er deutet an, dass es bereits Zugeständnisse von der Gläubigerseite gegeben hat. Es werde noch weitere Gespräche gegeben, diese würden allerdings – bedingt durch die Ferien – noch Zeit benötigen.

Insolvenzplan enthält Quoten

Zu den Gläubigern zählt auch der Inhaber der Immobilie; bei Kaufhäusern und großen Ladengeschäften ist das im Regelfall eine Fondsgesellschaft, auch im Fall City-Kaufhaus trifft dies zu. Hier geht es darum, Zugeständnisse bei der Miete zu erzielen. Anwalt Kühne nennt dies „unterstützende Maßnahmen“.

Ferner wird mit den Lieferanten um die Konditionen verhandelt, für ausstehende Rechnungen genauso wie für die weiteren Bestellungen. Gesprächspartner hier sind meist Einkaufsverbände, generell werden nur selten die Waren direkt von den Herstellern bezogen. Gespräche gibt es naturgemäß auch mit der Hausbank.

Zur Gläubigerseite zählt ferner die Agentur für Arbeit, die drei Monate lang Insolvenzgeld an die Belegschaft auszahlt und damit in einer wichtigen Phase für Liquidität sorgt. Wird eine Firma fortgeführt und ein Insolvenzplan aufgestellt, erhält aber auch die Arbeitsagentur mit einer Quote einen Teil des Geldes zurück.

Sachwalter Dirk Pehl erhält nach eigenen Angaben einmal in der Woche einen Bericht zum City-Kaufhaus, etwa zur Liquiditätsplanung; sowohl mit dem gut funktionierenden Informationsfluss als auch mit den Inhalten zeigt er sich auf Nachfrage sehr zufrieden.

Wie hatte die Geschäftsführung bei der Bekanntgabe des Eigenverwaltungsverfahrens im Mai gesagt: „Die Corona-Krise hat uns plötzlich und sehr hart getroffen, aber wie jede Krankheit wird auch diese irgendwann vorübergehen.“ Das hoffen jetzt auch alle Beteiligten rund ums Gaggenauer Kaufhaus.

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