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Tierschutz und Weidetierhaltung

Laut Experten nicht mehr wegzudenken: der Wolf im Schwarzwald

„Wir nehmen Ihre Sorgen sehr ernst.“ Das sagt das Umweltministerium all jenen, die sich Sorgen machen, weil der Wolf sich im Schwarzwald angesiedelt hat. Es sagt aber auch: Der Wolf wird bleiben.

Ein Wolf.
Im Schwarzwald sind derzeit drei Wölfe unterwegs. Darunter ist der Rüde mit der wissenschaftlichen Bezeichnung GW852m. Er durchstreift den Nordschwarzwald. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/zb/dpa/Archivbild

Die Rückkehr des Wolfs in den Schwarzwald ist ein hochemotionales Thema. Der Kernkonflikt besteht aus dem besonderen Schutzstatus des Wolfs einerseits und den Weidetierhaltern andererseits.

Sie verlieren immer wieder Tiere an den Wolf, ohne dass der bejagt werden könnte. Und daran wird sich vorerst auch nichts ändern.

Das machte Karl-Heinz Lieber vom Landesumweltministerium jetzt bei einer Informationsveranstaltung zum aktuellen Stand in Sachen Wolf in Rastatt klar. Eingeladen hatten das Ministerium und der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord.

Und gekommen waren viele: Bürgermeister betroffener Gemeinden genauso wie Vertreter aus Umwelt- und Naturschutz, Jägerschaft und der Landwirtschaft. Wer ob dieser Zusammensetzung hitzige Diskussionen oder gar plakative Aktionen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Knapp dreieinhalb Stunden herrschte eine konstruktive, aber nicht unkritische Stimmung vor.

Topografisch ist es nicht immer so einfach, einen perfekten Zaun zu stellen.
Robert Stiebler
Bürgermeister von Forbach

Anlass für kritische Nachfragen gaben die Vorträge, gehalten von Experten des Ministeriums, der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) und des Landkreises Rastatt dennoch.

„Topografisch ist es nicht immer so einfach, einen perfekten Zaun zu stellen“, merkte etwa Forbachs Bürgermeister Robert Stiebler (parteilos) an, dessen Gemeinde mit gut 131 Quadratkilometern Fläche die größte Gemarkung im Landkreis Rastatt aufweist. „So wird sich der Wolf niemals zu einem Problemwolf entwickeln.“ Und nur dann darf der Wolf abgeschossen werden.

Land will bei möglichem Abschuss keine Fehler machen

Ein Dilemma, das auch Ministeriums-Vertreter Lieber kennt. Dennoch sei die Marschroute des Landes eindeutig: Der Wolf werde nur dann angezählt, wenn keine menschlichen Fehler das Eindringen des Tiers in wolfsabweisende Weiden ermöglicht haben könnten. „Später kann man hier eventuell eine andere Praxis finden, aber nicht beim ersten Wolf.“

150 Jahre war er weg, jetzt ist er wieder da und wir müssen damit leben.
Karl-Heinz Lieber
Umweltministerium Baden-Württemberg

Er warne im Übrigen davor anzunehmen, dass ein Abschuss des Wolfs die Situation verändere. „150 Jahre war er weg, jetzt ist er wieder da und wir müssen damit leben.“ Lieber betonte, anders als beim Luchs werde der Wolf nicht aktiv angesiedelt, sondern wandere natürlich ein. „Und wir müssen mit Rudeln rechnen.“

Die Rudelbildung steht mit dem im Herbst erwarteten Wurf im Südschwarzwald bevor. Im Nordschwarzwald dagegen gibt es derzeit noch kein Rudel.

Nachgewiesen ist hier seit 2017 der Rüde GW852m, im Sommer 2021 zusätzlich der Rüde GW2120m sowie das Männchen GW2672m im Januar 2023. Die beiden letztgenannten seien bisher völlig unauffällig.

Auch von GW852m seien keine Überraschungen mehr zu erwarten, betonte Martin Hauser, Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt. Mit seinen mittlerweile acht Jahren sei er bereits „ein älterer Herr“ und in seinem Verhalten gefestigt.

Bisher hat man eingezäunt, damit die Schafe nicht rausgehen. Jetzt geht es darum, dass die Wölfe nicht reingehen.
Martin Hauser
Wildtierbeauftragter Landkreis Rastatt

Dennoch ist auch für Hauser klar, der bei Verdachtsfällen auf Wolfsrisse vor Ort auf Spurensuche geht, dass sich die Perspektive geändert hat: „Bisher hat man eingezäunt, damit die Schafe nicht rausgehen. Jetzt geht es darum, dass die Wölfe nicht reingehen.“

Schutz vor Wolf bedeutet viel Mehrarbeit

Was sich lapidar anhört, bedeutet für Weidetierhalter viel Arbeit. Vor allem, wenn sie lediglich hobbymäßig beweiden. GW852m kontrolliere regelmäßig auch die besten Zäune auf Schwachstellen, so Hauser. Und die könnten durch einen herabfallenden Ast auch nachts entstehen. „Dieser Aufwand muss unterstützt werden“, fordert der Wildtierbeauftragte. „Das ist für einen Hobbyschäfer zeitlich nicht leistbar.“

Eine Erfahrung, die auch Forbachs Bürgermeister Stiebler teilt. „Wir sind auf die Weidetierhalter angewiesen und verlieren sie reihum.“ Ihm sei nicht klar, wie der Interessenkonflikt zwischen Wolfsschutz und Naturschutz gelöst werden könne. Dieses Dilemma sieht auch Christian Dusch (CDU), Landrat des Landkreises Rastatt und als solcher Vorsitzender des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord.

Die Franzosen tun es schon.
Christian Dusch
Landrat des Landkreises Rastatt und Naturparkvorsitzender zum Abschuss von Wölfen

Er sei froh, dass das Ministerium den Zielkonflikt sieht. Dennoch wünsche er sich mehr Offenheit, auch rechtliche Grauzonen zu nutzen, sagte Dusch mit Blick auf europäische Nachbarländer, die den Wolf durchaus zum Abschuss freigeben. „Die Franzosen tun es schon. Diese Spielräume möchte ich das Ministerium bitten, auch hier auszuloten.“

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