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Beweis durch Abstrichproben

Murgtäler Wolf tötet ein Dutzend Schafe in Seewald bei Baiersbronn

Die Liste seiner Angriffe wird immer länger: Der Murgtäler Wolf GW852m hat in Seewald bei Baiersbronn zweimal innerhalb von fünf Tagen zugeschlagen. Ein Experte erklärt, warum der Wolf so viele Schafe getötet hat.

Zugewandert aus der Lüneburger Heide: Wolf GW852m (Aufnahme von 2018) ist bislang allein im Nordschwarzwald unterwegs.
Zugewandert aus der Lüneburger Heide: Wolf GW852m (Aufnahme von 2018) ist seit dem Jahr 2017 im Nordschwarzwald sesshaft. Foto: Forstliche Versuchsanstalt Freiburg

Der Wolf mit der Kennung GW852m ist bei Schafhaltern im Murgtal gefürchtet. In den vergangenen Jahren hat er etwa in Forbach oder Gernsbach einige Nutztiere gerissen. Genetische Abstrichproben zeigten nun: Anfang des Monats schlug GW852m innerhalb von fünf Tagen gleich zweimal zu, wenn auch nicht direkt im Murgtal.

GW852m tötete am 3. Juli in Seewald sechs Schafe und verletzte zwei. Doch das Landesumweltministerium teilte jüngst auch mit, dass es nicht bei einem Vorfall blieb.

Vier Tage später, am 7. Juli, spielten sich in der Gemeinde im Landkreis Freudenstadt ähnliche Szenen ab. GW852m tötete drei Schafe und verletzte drei so schwer, dass sie laut Ministerium erlöst werden mussten.

Martin Hauser, Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt, berichtet auf Nachfrage dieser Redaktion: „Bei beiden Angriffen war derselbe Schafbesitzer betroffen.“ Es handele sich um ein Schafgehege am Waldrand.

Die Tiere stünden dort in einer Christbaumkultur – und seien sozusagen als Öko-Rasenmäher im Einsatz, um die Kultur von Gräsern freizuhalten. Vom Wildtierbeauftragten des Landkreises Freudenstadt habe er erfahren: „Es gab keinen wolfsabweisenden Grundschutz. Das ist natürlich problematisch.“

Der Wolf aus dem Murgtal hatte leichtes Spiel

Kurz zur Erklärung: Ein wolfsabweisender Grundschutz für Schafe kann zum Beispiel durch einen allseitig geschlossenen, intakten, mindestens 90 Zentimeter hohen, elektrifizierten Weidenetzzaun geschaffen werden, steht auf der Internetseite des Umweltministeriums. Weil all dies nicht gegeben war, habe der Wolf in Seewald leichtes Spiel gehabt, betont Hauser. Doch warum hat er dabei deutlich mehr Schafe getötet, als er eigentlich verwerten kann?

Vorrangig ernähre sich GW852m von Wildtieren im Wald, Nutzschafe seien eher so eine Art „Gelegenheitsfang“, wie Hauser erklärt. Ein Reh zum Beispiel müsse der Wolf jagen, weil es mit hoher Geschwindigkeit wegrennt. Eine Schafherde dagegen sei eingezäunt und könne deshalb nicht richtig fliehen.

Der Jagdtrieb flammt dann immer wieder auf.
Martin Hauser, Wildtierbeauftragter Landkreis Rastatt

Wenn der Wolf so leichtes Spiel hat, werde sein Jagdtrieb nicht befriedigt. „Der Jagdtrieb flammt dann immer wieder auf, weshalb er nicht zur Ruhe kommt“, sagt Hauser. Dieses Phänomen heißt „surplus killing“ – zu Deutsch „überschüssiges Töten“. „Das ist eben das Naturell des Wolfes, dafür kann er nichts. Für Schafhalter ist es aber natürlich schlimm, mehrere Tiere zu verlieren“, betont Hauser.

Davon können Christian Striebich und Sven Strobel ein Lied singen. Die beiden Nutztierhalter aus dem Murgtal mussten bereits mehrere Angriffe des Wolfs verkraften. 2018 hat Strobel aus Weisenbach zwei Schafe durch einen Angriff von GW852m auf seiner Weide in Forbach-Langenbrand verloren. „Das war kein schöner Anblick“, erinnert er sich.

Zu den Vorfällen in Seewald sagt Strobel: „Das ist echt heftig. Schafhalter treffen solche Verluste immer schwer, die Tiere wachsen einem schließlich ans Herz.“ Dem stimmt Striebich zu. Der Landschaftspfleger hält in Forbach-Gausbach rund 70 Schafe. Mehrere davon riss GW852m bei seinen Angriffen 2019 und 2021.

Der Wolf findet immer einen Weg.
Christian Striebich, Nutztierhalter

„Seitdem weiß ich, dass meine Schafe nicht mehr sicher sind. Es kann wieder was passieren“, sagt Striebich. Denn auch ein neuer, wolfsabweisender Zaun habe den Angriff 2021 nicht verhindern können. „Der Wolf findet immer einen Weg“, so Striebich. Doch im Sommer sei das Risiko eines Angriffs etwas geringer.

GW852m vor allem im Winter im Murgtal unterwegs?

Die beiden Landschaftspfleger sind sich sicher, dass GW852m vor allem im Winter im Murgtal unterwegs sei. Das zeigten die Aufnahmen von Fotofallen und die geballten Vorfälle in der kalten Jahreszeit. Im Sommer ziehe es den seit 2017 im Nordschwarzwald sesshaften Rüden eher in höhere Lagen.

Hauser erklärt, dass er das nicht bestätigen könne. Seiner Aussage nach ist der Wolf in einem weitläufigen Gebiet zwischen Bad Wildbad und Zell am Harmersbach unterwegs. Es sei Zufall, ob und wo er in eine Fotofalle tappt. Doch seiner Einschätzung nach streife er oft im Waldstück zwischen Bad Wildbad und Baiersbronn umher, sagt Hauser. „Da ist es sehr wahrscheinlich, dass er sich auch wieder ins Murgtal verirrt.“

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