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Zwangskehrung wird teuer

Trotz Corona-Angst: Wer den Schornsteinfeger nicht ins Haus lässt, muss zahlen

Die Corona-Pandemie macht Schornsteinfegern das Leben schwer. Manche Leute lassen sie aus Angst vor einer Infektion nicht ins Haus - obwohl sie dazu verpflichtet sind.

Schornsteinfeger Kaminfeger
Stefan Gruber
Schornsteinfeger Stefan Gruber Foto: Bernhard Margull

Kunden, die Schornsteinfeger wegen der Corona-Pandemie nicht in ihr Haus lassen, müssen tief in die Tasche greifen. In der Region haben sich bereits mehrere solcher Fälle ereignet. Wenn die Eigentümer auf stur schalten, stehen Polizei und Schlüsseldienst vor der Tür. Dabei wäre das nicht notwendig: Bei den Arbeiten gelten strenge Hygieneregeln.

„Die Pandemie hat vor allem am Anfang viele Menschen verunsichert”, weiß Stefan Gruber, Bezirksschornsteinfeger aus Gaggenau-Hörden. „In den ersten zwei Wochen hatte ich fünf bis sieben Absagen am Tag.”

Corona-Pandemie verunsichert Kunden

Zwar hat sich die Aufregung mit den sinkenden Infektionszahlen gelegt. Aber noch immer gibt es Kunden, die Schornsteinfegern den Zutritt zu ihrem Haus verwehren. „Einige Eigentümer sind sehr unsicher”, berichtet Gruber, der sein Revier im Rebland hat. Sie pochen auf eine Verschiebung des Termins.

Das ist nicht immer möglich: „Brandschutz geht vor Corona”, sagt Gruber, „wenn bei einem Feuer jemand verletzt oder getötet wird, zeigt man mit dem Finger auf mich.” Das Problem liegt auch in der Technik. „Viele Menschen nutzen noch Herde mit Holzöfen”, sagt der 47-Jährige, „in diesen Fällen müssen wir eine Lösung finden.”

Brandschutz geht vor Corona.
Stefan Gruber, Bezirksschornsteinfeger aus Gaggenau-Hörden

Stefan Gruber achtet nach eigener Aussage penibel auf die Hygienevorschriften. Er trägt eine Maske, hält Abstand zu seinen Kunden und nutzt vor jedem Hausbesuch ein Desinfektionsmittel. Viele Eigentümer kennen ihn schon lange und vertrauen ihm. „Mit einigen habe ich die Vereinbarung, dass ich über den Kellereingang ins Haus kann”, berichtet Gruber, „dann ist eine persönliche Begegnung nicht notwendig.”

Im schlimmsten Fall kommt die Polizei

Wer ihn aus Angst vor dem Coronavirus nicht in die eigenen vier Wände lassen will, den versucht Gruber zunächst zu überzeugen: „Wir brauchen in dieser Situation auch etwas Fingerspitzengefühl.” Einen echten Härtefall, bei dem die Polizei anrücken musste, hatte er selbst bislang noch nicht. Von Kollegen weiß er aber: Sie kommen immer wieder vor.

Wenn der Schornsteinfeger seinen Kunden nicht überzeugen kann, wird das Landratsamt aktiv. Denn: Die regelmäßige Überprüfung des Brandschutzes ist im Feuerstättenbescheid klar geregelt. Kommt der Eigentümer seiner Pflicht nicht nach, setzt ihm das Landratsamt eine Frist von zwei Wochen. So lange hat der Kunde Zeit, die Arbeiten von einem Schornsteinfeger seiner Wahl erledigen zu lassen.

Geschieht das nicht, wird es teuer. Dann greift die sogenannte Zwangskehrung. „Eigentümer und Besitzer haben eine gesetzliche Mitwirkungspflicht, die sie zur Öffnung von Räumen und zur Duldung der Zwangsmaßnahme verpflichtet”, teilt das Rastatter Landratsamt mit. Wer seine Tür dann noch immer nicht öffnet, bekommt Besuch von Polizei und Schlüsseldienst.

Verweigerer müssen zahlen

„Damit explodieren die Kosten”, sagt Gruber. Die Gebühren für das Zwangsverfahren (48 Euro), die Beauftragung des Bezirksschornsteinfegers (67,20 Euro) und die Kosten für die Zwangsöffnung trägt der Eigentümer - ebenso wie die Kosten für die eigentliche Arbeit. Hinzu kommen weitere 1,20 Euro pro Arbeitsminute. Auch Wartezeiten können laut dem Landratsamt mit 1,20 Euro pro Minute zu Buche schlagen. Laut Gruber betragen die Kosten für das Zwangsverfahren bis zu 250 Euro - und damit das Vierfache eines gewöhnlichen Termins.

Wir müssen Kompromisse finden.
Stefan Gruber, Bezirksschornsteinfeger aus Gaggenau-Hörden

Bis zum 17. Juni konnten die Termine verschoben werden, wenn dadurch keine Einschränkung der Feuersicherheit entstand. Mit den neuen Empfehlungen des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums gilt wieder der Regelvollzug. Das heißt: Eine Verschiebung ist nur möglich, wenn besondere Risikogruppen im Haushalt leben oder die Arbeiten aus baulichen Gründen nicht gefahrlos stattfinden können.

Verschobene Termine werden nachgeholt

„Dann müssen die Pflichtigen (Eigentümer, die Red.) begründen, weshalb die Arbeiten trotz Besserung der Gesundheitslage verweigert werden”, informiert das Landratsamt. In diesem Fall müssten die Behörde und der Bezirksschornsteinfeger die Vor- und Nachteile einer Verschiebung abwägen.

Die in der Hochzeit der Pandemie verschobenen Termine werden laut dem Landratsamt jetzt zügig nachgeholt. Stefan Gruber hofft auf die Einsicht seiner Kunden: „Wir müssen Kompromisse finden.”

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