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Stadtbild im Wandel

Gebäudeabriss in Handarbeit: Warum die ehemalige Sparkasse Achern nicht platt gemacht wird

An der Baustelle im Acherner Stadtzentrum geht es zwar kontinuierlich, aber nicht im Eiltempo voran. Wann die großen Maschinen an dem Gebäude zum Zuge kommen, ist noch unklar.

Mitarbeiter der Firma Rino bei den manuellen Abrissarbeiten kurz nach dem Baggerbiss.
Mitarbeiter der Firma Rino bei den manuellen Abrissarbeiten kurz nach dem Baggerbiss. Das Personal an der Baustelle ist multikulturell. Foto: Michael Moos

Das ehemalige Gebäude der Sparkasse Offenburg/Ortenau am Acherner Marktplatz hat sein früheres Gesicht bereits verloren. Der Baggerbiss zum Abriss war Mitte Februar erfolgt. Allenthalben hängen nunmehr lose Materialfetzen herunter; die zuvor schöne Fassade ist derzeit grau und unansehnlich.

Nachdem die Immobilie weitgehend entkernt wurde, sind Bauarbeiter an einem regnerischen Mittwochmorgen gerade damit beschäftigt, Glaswolle von der hinteren Gebäudewand abzuschälen: Zu dem Zweck werden sie per Hebebühne auf der Höhe des ersten Stocks hin und her bewegt.

Handarbeit an Acherner Baustelle

Zum Schutz tragen sie ergänzend zum „Blaumann“ Helme, Masken und solides Schuhwerk. Unten sammeln einige Männer das entsorgte Material in große Säcke, ganz in der Nähe stapeln sich Metallleisten.

Schadstoffe müssen fachgerecht entsorgt werden.
Stefan Thoms
Bauleiter

Und all dies in Handarbeit? Ja, sagt Bauleiter Stefan Thoms von der Renchener Abrissfirma Rino. „Einfach so plattmachen, das geht heute nicht mehr, das ist auch richtig so. Gerade in den Häusern aus jener Zeit wurden viele schadstoffhaltige Materialien verbaut, die müssen fachgerecht entsorgt werden.“

Er spielt auf die Errichtung des Gebäudes in den 1950er Jahren an, ebenso auf seine Modernisierung in den 1970ern. Eine Epoche also, in der man sich über möglicherweise gefährliche Baustoffe noch wenig Gedanken machte.

Für Stefan Thoms sind solcherlei Aufträge Routine, obschon er inzwischen primär die Kalkulationen seines Unternehmens verantwortet. „Ab und zu gehe ich als Bauleiter aber raus auf die Baustellen, auch um den Bezug zur Praxis nicht zu verlieren“, erklärt er. Das sei für ihn eine Abwechslung zur üblichen Schreibtischarbeit. 

Die Trennung der Materialien erfolgt sortenrein

In der ehemaligen Schalterhalle, die ebenfalls keinerlei Ähnlichkeit mehr mit vergangenen Zeiten aufweist, berichtet Thoms von aufwendigen Entkernungsarbeiten, verursacht insbesondere durch Einbaumöbel und Holzverkleidungen.

Und: „Im Prinzip haben wir den ganzen Estrich herausnehmen müssen, weil sich darunter eine Styropor-Schüttung befand. Die wäre beim Recyclingprozess ein Störstoff gewesen.“ Die Trennung der Materialien erfolge „sortenrein“, etwa in Metalle, Kabel, Aluminium.

„Fast alles kann wiederverwendet werden, sogar der Beton. Den nutzt man beispielsweise für Arbeitsraumverfüllungen oder Geländeaufschüttungen.“

Termin für maschinellen Abbruch des ehemaligen Sparkasse-Gebäudes ist noch unklar

Nach der in Handarbeit erfolgten Entkernung gehe es an den maschinellen Abbruch, so Thoms. „Wann genau das passiert, ist noch nicht klar.“

Das ganze Verfahren werde vor allem mit Blick auf die Schadstoffe regelmäßig analysiert und von Gutachtern überprüft, sagt er. „Nächste Woche gibt es eine Besprechung, dann sehen wir weiter.“

Eine Herausforderung sei im Fall der ehemaligen Sparkasse, dass die Rückseite nicht mit schweren Fahrzeugen befahrbar sei: „Darunter befindet sich ja eine Tiefgarage.“ Der große Bagger werde daher ausschließlich in der Wilhelm-Schechter-Straße und Kappellenstraße positioniert, im früheren Eingangsbereich also.

„Wir haben dort eine Aufschüttung gemacht, um die Straße zu schützen.“ Der Bagger wird ihm zufolge zunächst mit einem kurzen „Arm“ Stück für Stück der vorderen Gebäudeseite abbrechen. „Wenn es an die Rückseite geht, statten wir ihn mit einem langen Arm aus, damit er auch den Rest erledigen kann.“ In der Fachsprache heiße das „Long-Front-Arm“. 

Vorwiegend Männer mit Migrationshintergrund erledigen die praktische Arbeit

Ein Gespräch mit den Arbeitern auf der Baustelle erübrigt sich. Nicht nur, weil sie mitten in ihren körperlich offensichtlich sehr anstrengenden Aufgaben stecken. Sondern vor allem, weil fast niemand Deutsch spricht.

Auch das Unternehmen Rino, sagt Thoms dazu, sei vom Fachkräftemangel betroffen. „Wir beschäftigen unter anderem Ukrainer, Türken und Iraker, sind also ziemlich multikulturell unterwegs.“ Da es sich um praktische Arbeit am Bau handle, seien die sprachlichen Hürden aber nicht ganz so dramatisch.

„Wir zeigen ihnen, was sie machen müssen, manchmal nutzen wir auch das Handy, um Dinge per Internet zu übersetzen.“ Zudem erhielten die Mitarbeiter Flyer in ihren Muttersprachen, die die wesentlichen Abläufe in Wort und Bild erläuterten. „Es funktioniert“, resümiert Thoms.

Vor allem den Einwanderern ist es also zu verdanken, dass das Sparkassengebäude am Rathaus in wenigen Wochen vollends Geschichte sein wird. Beinahe Stein um Stein abgebaut.

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