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Zu wenig Kinderärzte?

Um die Geburtshilfe in Achern wird weiter munter gestritten

Die Verlegung der Geburtshilfe von Oberkirch nach Achern und Offenburg ist besiegelt. Die Kritik aber hält an. Laut dem Oberkircher Oberbürgermeister Matthias Braun fehlt es in Achern an Kinderärzten, um vorgeschriebene Untersuchungen zu leisten.

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Die Oberkircher Geburtshilfe wird heute geschlossen. Doch die Verlegung nach Achern bleibt umstritten. Foto: Arno Burgi

Bremst die Verlegung der Oberkircher Geburtshilfe nach Achern und Offenburg die vorgeschriebenen Neugeborenen-Untersuchungen U1 und U2 aus? Einen Tag vor dem endgültigen Aus für die lange umkämpfte Einrichtung streute der Oberkircher Oberbürgermeister Matthias Braun noch einmal die Saat des Zweifels in der letzten Kreistagsitzung des Jahres.

Kreis- wie Klinikverwaltung zeigten sich auf die heikle Thematik nicht gut vorbereitet – und eierten herum. Der Hinweis jedenfalls, dass für diese Untersuchung niedergelassene Ärzte und damit in letzter Konsequenz die Kassenärztliche Vereinigung zuständig seien, wurde zwar formell nicht bestritten – er dürfte, wie in der öffentlichen Sitzung deutlich wurde, die Kontroverse aber nicht auflösen.

Dies umso mehr, als Jens-Uwe Folkens, selbst lange als leitender Kinderarzt in Kreiskliniken tätig, darauf verwies, dass man sich in den Krankenhäusern durchaus verantwortlich fühle, wenn die niedergelassenen Ärzte diese Leistungen nicht erbringen können (oder wollen). Jedenfalls habe man dies bereits vor vielen Jahren in Lahr so gehandhabt und sei mit eigenem Personal eingesprungen.

Reform in Misskredit

Die Debatte ist gleich aus mehreren Gründen heikel: Zum einen – dies ist der politische Teil – konnten Braun der und ihm sekundierende Reformgegner Karlheinz Bayer aus Bad Peterstal auf diese Weise zwar nicht das Oberkircher Krankenhaus retten, aber die Reform zumindest ein weiteres Mal in Misskredit bringen. Man erinnere sich nur an die gescheiterte Verlagerung der Reha aus der Offenburger Unfallklinik nach Oberkirch.

Zum anderen aber warfen die Kreisräte eine durchaus ernst zu nehmende und nicht zum ersten Mal diskutierte Frage auf: Wie sehr ist der Kreis verantwortlich für die Folgen der Krankenhausreform, auch wenn diese nicht in seinem unmittelbaren Einflussbereich stattfinden?

Zu wenig Kinderärzte?

Und schließlich wird wieder deutlich: Die Versorgung mit Kinderärzten ist prekär, auch wenn sie statistisch gesehen und einwohnerbereinigt fast doppelt so hoch ist wie beispielsweise im Schwarzwald-Baar- Kreis. „Das Stichwort ist die Verteilung der Arztsitze“, so Landrat Frank Scherer, der den Ball damit wieder zur Kassenärztlichen Vereinigung spielte.

Die Nerven liegen blank

Dass die Nerven nicht nur in Oberkirch blank liegen, zeigte sich in der Folge, als Reformgegner Karlheinz Bayer sich anschickte, die von Braun geschlagene Kerbe zu vertiefen und zu verbreitern: „Wir hatten in Oberkirch ein funktionierendes Modell, das war nicht durchdacht“, kritisierte er die Schließung der Geburtshilfe, um sich in der Folge ein Wortgefecht mit dem Landrat zu liefern, bis ihm dieser formell das Rederecht entzog.

Der Dummheit geziehen?

Bayer habe, so Scherer, Klinik-Geschäftsführer und Kreistag der Dummheit geziehen.

Es ging munter weiter. So fragte der Acherner Oberbürgermeister Klaus Muttach nach, wie klug es wohl sei, die nun gefundene neue Konstruktion bei der Geburtshilfe gleich durch Fragen wie die seines Oberkircher Amtskollegen in Misskredit zu bringen – eine Antwort darauf ersparte sich Klinik-Geschäftsführer Christian Keller wohlweislich.

Untersuchung nach Entlassung

Eine zumindest plausible Antwort auf die Anmerkung Brauns, dessen Ehefrau übrigens selbst Kinderärztin ist, lieferte unterdessen Valentin Doll (FW): Da die U2-Untersuchung in der Regel nach der Entlassung aus der Klinik fällig werde – Mütter liegen, wie man in der Debatte erfuhr, nur noch selten eine Woche – könnten doch weiterhin Acherner Eltern die Acherner Kinderärzte und Oberkircher die Oberkircher aufsuchen.

Kreis bietet Hilfe an

Dabei, so Christian Keller, leiste der Kreis Hilfestellung. Kinder würden, wenn sie krank zur Welt kommen, ohnedies meist nach Offenburg verlegt, gesunde Kinder mit ihren Müttern aber entlassen, so dass die U2-Untersuchung – U1 erledigt laut Keller meist noch die Hebamme – dann von einem niedergelassenen Arzt vorgenommen werden könne. Der Kreis gebe den Müttern an die Hand wo sie hinkönnen und sorge dafür, dass sie in der Regel sofort einen Termin bekommen.

Debatte geht weiter

Viel Lärm um nichts also? Die Verwaltung will nun den Kontakt mit der Kassenärztlichen Vereinigung suchen, um des weitere Vorgehen abzustimmen. Das Thema wird, da darf man sich sicher sein, fortgesetzt.

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