Skip to main content

Fortschritt nach Rückschlägen

Breitband für den Ortenaukreis: Im zehnten Jahr kommt die Ziellinie in Sicht

Mit drei privaten Unternehmen rettet der Ortenaukreis seine Breitband-Initiative ins Ziel. Die Telekom ist nicht dabei, der magentafarbene Riese hat sich im Offenburger Landratsamt keine Freunde gemacht.

Josef Glöckel-Frohnholzer, Geschäftsführer der Breitband Ortenau.
Josef Glöckl-Frohnholzer ist Geschäftsführer der Breitband Ortenau. Foto: Michael Brück

Schnelles Internet für den gesamten Ortenaukreis – mit diesem Ziel hatte das Landratsamt vor sieben Jahren mit einem beispiellosen Kraftakt den Marsch ins digitale Zeitalter begonnen. Nachdem man sich mehrere Male verhoben hatte und dem Kreis das eine oder andere auf die Füße gefallen war, ist es jetzt so weit.

In spätestens vier Jahren sollen alle Haushalte zwischen Ringsheim und Sasbach mit einem mindesten 100 MBit pro Sekunde schnellen Internetanschluss versorgt sein. Ein Jahr später, Ende 2026, werde in mindestens 70 Prozent der Gebäude ultraschnelle Glasfaser liegen. Dies kündigte Landrat Frank Scherer am Dienstag an.

Damit haben der Kreis und die Breitband Ortenau, ein Zusammenschluss zahlreicher Kommunen, die Eckpunkte für eine beispiellose Aufholjagd gesetzt. „Das ist eine gute Nachricht zum neuen Jahr“, freute sich Scherer. Doch das kostet. Allein die von der Breitband Ortenau GmbH & Co. KG zu leistenden Arbeiten bezifferten der Landrat und Geschäftsführer Josef Glöckl-Frohnholzer auf rund 300 Millionen Euro. 90 Prozent kommen als Zuschüsse zurück.

Störfeuer und Bestandssicherung, aber kein proaktives Vorgehen.
Josef Glöckl-Frohnholzer, Breitband Ortenau

Was die drei Partner aus der Privatwirtschaft noch zubuttern, konnten selbst die Vertreter der beteiligten Unternehmen am Dienstag in einem Pressegespräch im Landratsamt nicht sagen. Klar ist aber: Billig wird es nicht. Zwar rechne man bundesweit durchschnittlich mit 2.500 Euro Anschlusskosten pro Gebäude, doch bei abgelegenen Schwarzwaldhöfen könne es auch schon einmal das 20-fache dieser Summe sein, so Glöckl-Frohnholzer.

INF_ONLINE_Breitbandausbau_Ortenau.jpg
INF_ONLINE_Breitbandausbau_Ortenau.jpg Foto: BNN

Und genau hier liegt das Problem. Die Versorgung in der flachen und vergleichsweise dicht besiedelten Rheinebene ist lukrativ, die des von Tälern durchzogenen Ostens der Ortenau weit weniger.

Partner sprangen 2019 ab

Die 2013 mit ersten Gesprächen angestoßenen und 2015 ernsthaft begonnenen Bemühungen des Kreises waren immer wieder von Rückschlägen begleitet. So musste der Kreis bald das Ziel aufgeben, das Glasfaser-Backbone in eigener Regie zu stemmen. Richtig schmerzhaft wurde es 2019, als mögliche Partner aus der freien Wirtschaft absprangen, weil die sich lieber auf den 5G-Ausbau und die Ballungsräume konzentrieren wollten, wie Landrat Frank Scherer sagte. Das habe viel Zeit gekostet, doch die Scharte sei ausgewetzt: „Die Breitband Ortenau hat richtig Gas gegeben“.

Jetzt hat man mit Vodafone, der Deutschen Glasfaser und dem einer breiten Öffentlichkeit eher nicht bekannten Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“, getragen von Allianz und Telefonica, drei neue Partner an Bord, die sich am Dienstag mit ihren Konzepten vorstellten. Wer bezeichnender Weise fehlte, war der magentafarbene Riese: die Telekom.

Die Breitband Ortenau hat richtig Gas gegeben.
Frank Scherer, Landrat

Hatte es bislang Kritik am Verhalten des einstigen Staatsunternehmens wohl auch auf Rücksicht auf laufende Verhandlungen eher hinter vorgehaltener Hand gegeben, so redete Glöckl-Frohnholzer am Dienstag Klartext: „Auf operativer Ebene erlebe ich in der Ortenau von der Telekom nur Querschüsse“.

Das Unternehmen achte vor allem auf die Sicherung seines Bestands. So sei die Telekom, als die Breitband Ortenau für Rheinau Fördergelder einwerben konnte, dann auch plötzlich mit einem Glasfaser-Angebot an den Start gegangen. Aus eigener Kraft betreibe sie derzeit lediglich zwei Projekte im Kreis - in einem Hohberger Ortsteil und in der Altstadt von Gengenbach. Glöckls Fazit: „Meistens Störfeuer und Bestandssicherung, aber kein proaktives Vorgehen“.

Landkarte ist ein Flickenteppich

Wie schwierig und kompliziert der Glasfaser-Ausbau im Kreis ist, zeigt ein Blick auf die Landkarte. In praktisch jeder Kommune herrschen andere Voraussetzungen und gelten andere Bedingungen. Vor allem in der Rheinebene, wo die Deutsche Glasfaser tätig wird, trifft man auf vergleichsweise gut ausgebaute Netze, allerdings ist vielerorts die Telekom auch mit ihrem Super-Vectoring und bis zu 250 MBit pro Sekunde bereits vor Ort. Deshalb treten die drei beteiligten Unternehmen mit unterschiedlichen, an die Lage angepassten, Konzepten an.

Für den Kunden aber ändert sich dadurch nichts. Er wird den Glasfaseranschluss kostenlos bis an die Hauswand gelegt bekommen, je nach Provider gibt es die Infrastruktur im Haus obendrauf. Dazu wird ihm eine Fülle von Tarifen angeboten, die sich freilich kaum voneinander unterscheiden. Zudem sind der Bau der Leitung und die Frage, wer anschließend seine Dienste darüber anbietet, nicht zwingend gekoppelt. Man hat also die Wahl.

nach oben Zurück zum Seitenanfang