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Allein gut 3.200 Franzosen

Warum Kehl eine bunte Stadt ist und viele Nationen vereint

Fast 11.300 Menschen mit aus ganz unterschiedlichen Nationen lebten mit Stichtag Ende Juni 2023 in Kehl. Das macht die Stadt am Rhein bunt und beschert ihr eine kulturelle Vielfalt.

Blick auf Ortsschild Kehl - Straßburgh
Den Namen Europastadt trägt Kehl nicht zu unrecht. Die Nähe zu Frankreich und der Rhein bescheren der Kommune einen besonderen Status. Foto: Jörg Seiler

3.289 Frauen, Männer und Kinder mit französischer Staatsangehörigkeit leben in Kehl. Sie bilden damit die größte Gruppe von Ausländern in der Rheinstadt. Kehl ist seit jeher eine bunte Stadt und vereint Menschen aus mehr als 120 Nationen.

Wer aus welchem Land mit welchen Status hier wohnt, darüber hat das Ausländerbüro unter Leitung von Philip Johannes den Überblick. Das Thema ist komplex, schreibt die Kehler Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung.

Auch die deutsch-französische Grenze und Kreuzfahrtschiffe beschäftigen das kleine Team des Bereichs Ausländerwesen ziemlich.

Einwohnerinnen und Einwohner der EU-Mitgliedsstaaten genießen Freizügigkeit, können sich also niederlassen, wo sie möchten. So haben sich die genannten 3.289 französischen Staatsangehörigen für Kehl entschieden, ebenso wie 1.155 Personen aus Rumänien und 401 aus Bulgarien.

Sofern EU-Bürgerinnen und Bürger arbeiten, können sie sich in Kehl ohne weiteres niederlassen. Wer nicht arbeitet, kann das nur dann tun, wenn er eine Krankenversicherung und ausreichend Geld hat, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, erklärt Philip Johannes.

Insgesamt wohnten zum Stichtag 30. Juni 11.275 Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Kehl – im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind das rund 28 Prozent. 5.897 Menschen davon sind EU-Bürgerinnen oder -bürger.

Von den übrigen 5.378 Personen mit nicht-deutschem Pass stammt die größte Gruppe mit 928 Personen aus der Türkei. Darauf folgen bereits die Menschen, die vor Kriegen in ihrer Heimat geflohen sind: In Kehl leben 682 Syrerinnen und Syrer sowie 677 Ukrainerinnen und Ukrainer.

859 Personen mit ausländischem Pass halten sich aufgrund familiärer Bindungen in Kehl auf: Die Ehepartnerin oder der Ehepartner sind deutscher Nationalität oder stammen aus einem EU-Land, beziehungsweise besitzen hier einen Aufenthaltstitel. Auch der deutsche Pass eines Kindes kann, sagt Philip Johannes, ein Aufenthaltsrecht begründen.

1.027 Menschen mit Fluchthintergrund leben in Kehl

1.027 Menschen, die einen Fluchthintergrund haben, verfügen derzeit in Kehl über ein befristetes Aufenthaltsrecht. Bei 504 Personen ist dies der Fall, weil sie einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben oder studieren.

638 Personen sind im Besitz einer sogenannten Fiktionsbescheinigung. Der sperrige Begriff bedeutet, dass sie einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt haben, über den aber noch nicht entschieden wurde, klärt Philip Johannes auf.

Diese Familien, Frauen oder Männer sind mit einem Visum eingereist und beantragen beim Kehler Ausländerbüro erstmals ein Aufenthaltsrecht oder die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Darunter sind beispielsweise auch US-Amerikaner oder Familienangehörige von EU-Bürgerinnen und -bürgern, die ohne Visum einreisen und direkt bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einreichen können. Sie müssen im Vorfeld also nicht zuerst ein Visumsverfahren bei einer deutschen Auslandsvertretung durchlaufen.

55 Personen leben derzeit mit einer Duldung in Kehl. „Duldung bedeutet, dass die Abschiebung ausgesetzt ist – dafür gibt es unterschiedliche Gründe“, stellt Philip Johannes klar. In diesen Fällen wurde der Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge rechtskräftig abgelehnt oder „die Ausländerbehörde hat die Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt“.

Ausländerbüro Kehl hat einige Besonderheiten zu bearbeiten

Während die genannten Bereiche zum normalen Tagesgeschäft einer Ausländerbehörde gehören, ist das Team von Philip Johannes darüber hinaus gleich mit mehreren Besonderheiten konfrontiert.

So kommt es immer wieder vor, dass Menschen über den Rhein illegal in die Bundesrepublik einreisen. Werden sie von der Bundes- oder Landespolizei bei Kontrollen erwischt, werden sie meist direkt wieder nach Frankreich zurückgeschickt.

In den Fällen aber, in denen diese sogenannte Zurückschiebung von französischen Behörden abgelehnt wird, landen sie bei der Kehler Ausländerbehörde im Rathaus. „Wir müssen dann gegebenenfalls eine Rückkehrentscheidung treffen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleiten“, sagt Philip Johannes. Weil das oft nicht am selben Tag geschehen kann, müssen die Menschen von der Stadt untergebracht werden.

Nicht selten passiert es jedoch, dass diese Personen sich nicht bei der Ausländerbehörde melden. Philip Johannes und seine Mitarbeitenden schreiben sie dann in den polizeilichen Fahndungssystemen bundesweit aus, bleiben aber für diese Personen zuständig.

Das heißt: Wird ein solcher illegal in Deutschland lebender Ausländer irgendwo im Bundesgebiet aufgegriffen – und sei es Jahre später –, muss sich das Kehler Ausländerbüro wieder um ihn kümmern.

Internationale Schifffahrtsstraße Rhein bringt weitere Aufgaben

Auch die internationale Schifffahrtsstraße Rhein beschäftigt die Kehler Ausländerbehörde: Redereien können Menschen aus Nicht-EU-Staaten auf Flussschiffen nur dann beschäftigen, wenn sie einen gültigen Aufenthaltstitel haben.

„Nur eine Handvoll Ausländerbehörden in der Bundesrepublik nimmt sich dieser Personengruppe überhaupt an“, bedauert Philip Johannes.

Dies führte dazu, dass das Ausländerbüro in den vergangenen Monaten mit Anfragen so überflutet wurde, „dass wir die Reißleine ziehen mussten und keine Termine mehr an Binnenschiffer vergeben konnten“.

Für Philip Johannes war das eine schwere Entscheidung: „Finden die Schiffer keine Ausländerbehörde, die ihre Anträge bearbeitet, werden dringend benötigte Arbeitskräfte zur Ausreise aus der Bundesrepublik gezwungen.“

Hinzu kommt, dass auch im Bereich Ausländerwesen Personal fehlt und dringend gesucht wird, denn geeignete Bewerberinnen und Bewerber sind schwer zu finden.

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