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Künstlerinnen in der Region

Christiane Messerschmidt aus Rheinau will mit ihren Skulpturen Impulse geben

Christiane Messerschmidt hat bereits Bildhauerkurse bei den Marmorsteinbrüchen in Carrara besucht. Ihre Kunst ist nicht nur ein Hobby, sondern sie kann auch von ihr leben.

Sie bearbeitet Stein mit Eisen und Hammer, aber sie kann auch mit der Flex und Druckluft umgehen.
Sie bearbeitet Stein mit Eisen und Hammer, aber sie kann auch mit der Flex und Druckluft umgehen. Foto: Karen Christeleit

„Wenn mich jemand nach meinem Beruf fragt, sage ich, dass ich mit Stein arbeite“, erzählt die Rheinauer Künstlerin Christiane Messerschmidt. Sie sitzt bei einer Tasse Kaffee im „Raum der Kollegen“ in ihrer Rheinbischofsheimer Werkstatt.

Dann könnten die Leute frei spekulieren und sie mache keine Stereotyp-Schublade auf. „Ich erschaffe hier etwas, was mich glücklich macht. Daran dürfen die Menschen gerne teilhaben und selbst positive Erfahrungen daraus ziehen.“

Wir leben mit Kunst und entdecken in ihr immer wieder Neues.
Christiane Messerschmidt
Künstlerin

Natürlich könne Kunst ein politisches Statement sein, auch Provokation, könne hässlich und dramatisch sein. Doch in erster Linie solle Kunst Impulse in die Gesellschaft geben – und diese sollen in Messerschmidts Augen positiv sein. „Die ersten Höhlenmalereien sind für das Miteinander gemacht worden“, ist sie sich sicher.

„So wichtig ist die Kunst auch heute noch für die Menschen und für den guten Umgang miteinander.“ Diese Erfahrung hätten alle während Corona gemacht, als die Kunst gänzlich fehlte. „Wir leben mit Kunst – sei es als Musik, Bilder, Skulpturen, Bücher – und entdecken in ihr immer wieder Neues.“

Bildhauerin Camille Claudel ist eines ihrer Vorbilder

Messerschmidt ist der Schönheit der Steine erlegen: Schon seit ihrer Jugend wird sie vom eigenen künstlerischen Schaffen, aber auch der Lebensgeschichte von Camille Claudel begleitet. Eine Frau, die bei Auguste Rodin in Paris lernte und in Messerschmidts Augen sehr ausdrucksstarke und wunderschöne Skulpturen erschuf, letztlich aber an ihrer Liebesbeziehung zu Rodin zerbrach und wahnsinnig wurde.

Nach ihrem Abitur studierte Messerschmidt, die 1963 in Berlin aufgewachsen war, Grafikdesign. Immer wieder zog es sie damals wie magisch in den Innenhof der Hochschule der Künste, in dem die Steinbildhauer munter auf ihre Steine klopften.

Für Kunst braucht man Zeit, viel Zeit.
Christiane Messerschmidt
Künstlerin

Doch dann machte sie eine bürokaufmännische Ausbildung, heiratete, brachte drei Kinder zur Welt und zog mit ihrer Familie nach Freistett in ein altes Fachwerkhaus. „Eigentlich hatte ich gehofft, ich könne meine Kunst nebenher machen“, erinnert sie sich, „aber für Kunst braucht man Zeit, viel Zeit.“

Kaum jedoch sah sie ein Zeitfenster, richtete sie sich ein Atelier unter dem Dach ein. „Zuerst habe ich gemalt, doch irgendwann habe ich einfach angefangen, einen Stein zu behauen.“ Zuerst lernte sie im Selbststudium, dann belegte sie in den Sommerferien ihrer Kinder Bildhauerkurse bei den Marmorsteinbrüchen von Carrara in Italien.

Messerschmidt verkauft erste Skulptur bei Ausstellung in Kehl

Sie lernte dort von der Pike auf am Stein den Umgang mit Eisen und Hammer, aber auch mit der Flex und Druckluft. Schon bald folgte die erste Ausstellung in Kehl, bei der sie ihre erste Skulptur verkaufte.

Seitdem bearbeitet die Künstlerin in ihrer „Werkstatt für lebendige Steine“ alle möglichen Arten von Steinen – insbesondere aber Kalkstein und dessen Auskristallisation in Marmor, aber auch Alabaster.

„In Kalkstein, der einst über Millionen von Jahren durch Druck aus vielen Meereslebewesen – Plankton, Muscheln, Schnecken und Knochen – zusammenpresst wurde, liegt die Unendlichkeit“, sinniert die Künstlerin. „Und genau diese Kraft versuche ich herauszulösen.“

Manchmal sieht sie dabei einen Stein, dessen Geschichte sie unbedingt freilegen muss. Meist aber hat sie eine Idee, was sie erschaffen will und macht sich dann auf die Suche nach dem passenden Stein.

Im Prinzip geht es bei vielen Bildhauern nur um konkav und konvex. Denn auch in der Natur gibt es keine planare Fläche, aber genau das macht die Spannung aus.

„Auch wenn manche Konservativen der Branche meinen, man dürfe dem Stein keine Durchbrüche zufügen, bin ich davon abgekommen“, sagt sie und verweist auf Exponate, die während der Lockdowns von Corona entstanden sind und viele Öffnungen aufweisen.

Das ist unwahrscheinlich aufregend.
Christiane Messerschmidt
Künstlerin

Aber auch „Die Blicke“, die seit einigen Jahren im Vorraum des Bürgersaales in Freistett stehen, spielen mit Öffnungen. Auch ihre neueste Idee arbeitet mit Durchbrüchen: Sie möchte in den Steinen das Wasser darstellen in all seinen Bewegungen.

Dabei nutzt sie die Besonderheiten des Alabasters und schlägt, raspelt und schleift ihn zu einem harmonisch glatten, transluzenten, hauchdünnem Etwas. „Das ist unwahrscheinlich aufregend.“ Und an vielen Steinen lasse sie eine ursprüngliche Bruchfläche stehen, die das Raue und Wilde des Steines symbolisiert.

Das Kunstwerk muss zum Käufer passen

Messerschmidt lebt nicht nur für ihre Kunst, sondern kann auch von ihr leben. Trotzdem oder gerade deswegen ist ihr auch wichtig, wer sich mit ihrer Kunst umgibt und wo ihre Kunst ihre neue Heimat findet. Je besser das Kunstwerk zum Käufer passe, umso leichter falle es ihr, Abschied zu nehmen.

„Auf der Kunstmesse Art passiert es regelmäßig, dass Leute kommen, die einfach Geld ausgeben wollen. Umso schöner ist es dann, wenn sich ein Pärchen alles genau anschaut, sich mit mir unterhält, geht, dann aber wieder zurückkehrt, weil sie genau diesen einen Stein unbedingt mit nach Hause nehmen möchten. Und noch schöner, wenn jemand spontan hier in meine Werkstatt eintritt, weil ihn im Schaufenster irgendein Stein besonders fasziniert hat.“

Doch Messerschmidt erschafft nicht nur Kunst, sondern sie will die Geschichte des Steins auch weitergeben. Sie ermuntert Jung und Alt, selbst aktiv zu werden und ihr jeweils eigenes Kunstwerk zu erschaffen. Darum gibt sie Kurse im Rheinauer Kinderferienprogramm, in der Diakonie Kork und organisiert seit vielen Jahren den Illenauer Sommer in Achern.

Außerdem plant sie die Austellung Kunst, Handwerk, Hobby in Rheinau mit. „Es ist mir wichtig, dass sich die Leute einen Moment Zeit geben, sich testen, wertfrei ausprobieren und sich dabei künstlerisch weiterentwickeln.“

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