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Spiegel der Gesellschaft

Dieser Rheinschwimmer und Chemiker sieht in Plastik ein immer größeres Problem

2014 schwamm er durch den Rhein – und noch immer hat ihn das Wasser nicht losgelassen: Doch jetzt steht Andreas Fath im Trockenen und erklärt, wieso unsere Flüsse bald am Ende sind, wenn sich nichts ändert.

Andreas Fath beim Vortrag im Ku-Stall
Lässt nicht locker: Ob im Rhein bei Kehl, wie auf der Leinwand, oder beim Vortrag, wie hier im Ku-Stall in Freistett – Andreas Fath wirbt weiter für den Kampf gegen die Gewässerverschmutzung. Foto: Karen Christeleit

„Wasser ist die kostbarste Leihgabe der Natur, weniger als ein Prozent des auf der Erde verfügbaren Wassers ist jedoch als Trinkwasser nutzbar“, erklärte der promovierte Chemiker Andreas Fath bei dem vom BUND organisierten Vortrag im Freistetter Ku-Stall den zahlreich erschienenen interessierten Zuhörern.

„Für sauberes Wasser ist daher keine Anstrengung zu groß.“ Und weil seiner Meinung die Politik zu langsam ist, muss die Gesellschaft selbst aktiv werden.

Der Aktivist selbst durchschwamm dafür 2014 in einer Rekordzeit von nur 28 Tagen den Rhein von der Quelle bis zur Mündung, 2017 ging er für die Wissenschaft in den Tennessee River baden und zuletzt wagte er sich in die Donau, die zehn Länder durchfließt und für ihn damit der internationalste Fluss ist.

Fath glaubt an den Beitrag jedes Einzelnen

Während seiner Extremsportprojekte sammelt er nicht nur neue Daten für die Forschung, sondern generiert auch Forschungsgelder.

Vor allem will er damit die öffentliche Wahrnehmung explizit auf das immer brennenderer Thema der Gewässerverschmutzung lenken.„Ein Fluss ist ein Spiegel der Gesellschaft“, so Fath, „er dient nicht nur zur Freizeitgestaltung, sondern jeder von uns produzierte Dreck wird in ihm transportiert“.

Nach wie vor verklappten Schiffe ihre verdorbenen Lebensmittel oder leiteten viele Länder ihre gesamten Abwässer in die Flüsse ein – so verzichtete Fath in Belgrad in der plötzlich braunen und gefährlich blubbernden Donau auf seinen Schwimmeinsatz. Kläranlagen: Fehlanzeige. Doch selbst da, wo Kläranlagen präzise arbeiten, landen laut Fath viele Schadstoffe im Fluss.

Für sauberes Wasser ist keine Anstrengung zu groß.
Andreas Fath, Chemiker und Rheinschwimmer

Während Chemieunternehmen als mögliche Verursacher die Auflage zur Vorreinigung haben, seien laut Fath insbesondere Krankenhäuser davon befreit – obwohl gerade deren Abwasser extrem belastet sei. „Nur wenige Stoffe können sich selbst abbauen, insbesondere Pestizide und Medikamentenrückstände reichern sich immer mehr im Fluss an“, erklärte der Experte.

Und erntete in seinem sonst eher ernsten Vortrag sogar Lacher als er sagte: „So transportiert der Rhein zunehmend künstliche Süßstoffe aus kalorienarmen Getränken zur Mündung. Damit bekommt der Begriff ,Süßwasser’ eine ganz neue Bedeutung.“

Doch vor allem Kunststoff – für Fath ein tolles nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenkendes Material – sei für die Flüsse ein immer größer werdendes Problem. Seit 1950 sind Kunststoffe verbreitet, seitdem wurden nur zwölf Prozent verbrannt und lediglich neun Prozent recycelt. Der Rest sei laut Fath noch im Gebrauch oder in irgendeinem Zustand in unserer Umwelt.

Auch der Mensch „frisst“ am Ende Mikroplastik

Ob Reste von Plastikflaschen, zersetzte Einkaufstüten oder Mikroplastikkügelchen aus Körperpflegeprodukten – wenn sie nicht gefiltert oder entsprechend entsorgt werden, gelangen sie früher oder später ins Meer und damit auch in den Nahrungskreislauf, an dessen Ende oft der Mensch steht. „Ich will gar nicht wissen, wie viele Schadstoffe wir uns beim selbst gebackenen Kuchen einverleiben“, gab Fath zu bedenken.

Er sensibilisierte die Gäste, wo überall Mikroplastik enthalten ist – in Zahnpasta, Duschgel und Kosmetik – oder entsteht – beim Waschen, Spülen oder dem Abrieb von Autoreifen.

Und er erklärte, was jeder selbst tun kann, um Mikroplastik zu vermeiden oder neu entstandenes Mikroplastik gleich abzufangen und entsorgen, zum Beispiel mit Filteranlagen am Waschmaschinenablauf.

„Außerdem sollten wir die bislang geringe Recyclingquote bis auf 100 Prozent erhöhen, aber dazu müssen wir die politischen wie industriellen Weichen jetzt stellen.“

Ich will gar nicht wissen, wie viele Schadstoffe wir uns beim selbst gebackenen Kuchen einverleiben.
Andreas Fath über Mikroplastik

Fath will nicht nur Systeme entwickeln, die kritische Substanzen filtern und abbauen, bevor sie überhaupt in die Gewässer gelangen, sondern auch die Eigenschaft des Mikroplastiks nutzen, Schadstoffe zu binden.

„Wir könnten den upgecycelten Plastikmüll anstatt der bislang verwendete Aktivkohle als Reinigungsstufe in der Kläranlage verwenden“, erklärte der Visionär, „indem wir erst die Schadstoffe an das Mikroplastik binden lassen und dann wieder hochkonzentriert elektrochemisch abtrennen und verbrennen, zusätzlich erhalten wir dabei als Nebenprodukt Wasserstoff, den man dann wiederum für die Stromerzeugung nutzen kann.“

Während er den nachhaltigen Schadstoffabsorber aus recyceltem Kunststoff bereits mit Gleichgesinnten entwickelt hat, baut er derzeit für den zweiten Ansatz eine Laboranlage.

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