Skip to main content

Saisonstart in der Ligue 1

Warum Racing Straßburg derzeit eine Baustelle ist

Der neue Besitzer drehte seit der Übernahme Racing Straßburg auf links. Und investierte bereits viel Geld für neue Spieler. Dadurch ändern sich auch die Ziele für die am Sonntag beginnende Spielzeit.

Abakar Sylla (rechts) im Zweikampf mit einem Freiburger Spieler.
Abakar Sylla (rechts) ist mit 20 Millionen Euro der Rekordtransfer von Racing Straßburg. Foto: Gerd Gruendl/Imago

Wer in diesen Tagen von Kehl herkommend über die Rue des Vanneaux zum Straßburger Meinau-Stadion fährt, findet sich kaum mehr zurecht. Wo bisher ein Trainingsplatz war, ist nun der Parkplatz für die VIP. Wo ein Durchgangsweg zum Stadion war, stehen nun als Notbehelf Wohn-Container als Umkleide- und Schulungsräume für die Profi-Mannschaft. Und wo zuvor ein Eingang ins Stadion war, versperrt nun ein Gitter den Weg. 

Treffender kann der derzeitige Zustand des Straßburger Traditionsvereins nicht dargestellt werden. Denn eine Baustelle ist vor dem Saisonstart in der Ligue 1 am Sonntag um 20.45 Uhr gegen Olympique Lyon nicht nur das Trainingsgelände und das Stadion, sondern auch die Profi-Mannschaft, der Nachwuchsbereich und die Club-Führung selbst. 

Neue Rolle für Keller und Co nach der Übernahme

Nach Übernahme von Racing durch den amerikanischen Investoren-Pool und Chelsea-Besitzer BlueCo müssen Marc Keller und sein Team sich erst einmal in ihrer neuen Rolle als nunmehr angestellte BlueCo-Mitarbeiter finden.

Dies läuft, dem Vernehmen nach, bisher geräuschlos. Das (noch nicht veröffentlichte) Budget für die neue Saison wird von Insidern als doppelt so hoch wie im Vorjahr – damals 45 Millionen Euro – geschätzt. BlueCo macht’s möglich.

Mit Patrick Vieira hat bei Racing weltmeisterlicher Glanz Einzug gehalten. Der 1,95 Meter große, unübersehbare Ex-Fußballstar hat mit großer Souveränität die Mannschaftsleitung übernommen. Schritt für Schritt wurde um Vieira ein Trainer- und Betreuerteam aufgebaut, das sich am Standard der englischen Premier League orientiert. Buchstäblich für jedes Detail steht nun ein Spezialist bereit. 

Abgänge vom Stamm des letztjährigen Teams gibt es nur wenige. Dimitri Lienard hat es auf Korsika verschlagen, wo er für weitere zwei Jahre die Fußballschuhe für den SC Bastia schnürt. Maxime Le Marchand hat seine Profikarriere beendet, Morgan Sanson ist am Ende der Leihfrist zu Aston Villa zurückgekehrt und hat zwischenzeitlich beim OSC Nizza angeheuert, und Alexandre Djiku spielt zukünftig für den türkischen Spitzen-Club Fenerbace Istanbul. 

Sylla neuer Rekordtransfer von Racing

Eine Freigabeeinwilligung bei einem entsprechenden Angebot haben aber auch Habib Diallo und Jeanricner Bellegarde. Und auch Ibrahima Sissoko, Nordine Kandil, Lebo Mothiba oder Karol Fila könnten vor dem Ende der Transferperiode noch verkauft oder verliehen werden. Aber derzeit liegt für keinen dieser Spieler ein Angebot vor.

Als Verstärkungen für das Team von Vieira wurden Abakar Sylla (FC Brügge, 20 Millionen Euro) und Emanuel Emegha (Sturm Graz, zwölf Millionen Euro) verpflichtet, zwei 20-Jährige, die die bisherige Transfer-Rekordmarke von zehn Millionen Euro weiter nach oben geschraubt haben.

Anfang der Woche legten die Elsässer mit drei weiteren Verstärkungen nach. Verteidiger Dilane Bakwa (20) und Offensivspieler Junior Mwanga (20) kommen vom Zweitligisten Girondist Bordeaux zu Racing, wo beide einen Vierjahresvertrag unterzeichneten.

Angelo ist ein sehr guter junger Spieler, der in seinem Heimatland bereits viel auf höchstem Niveau gespielt hat.
Marc Keller
Präsident von Racing Straßburg

Die Gerüchteküche kochte schon seit einigen Tagen. Angelo Gabriel, das 18-jährige Ausnahmetalent des brasilianischen Fußballs, könnte auf Leihbasis zu Racing kommen. BlueCo wollte es möglich machen, dass Angelo, in dem manche schon jetzt den Nachfolger von Pelé und Neymar sehen, zunächst von seinem Heimatverein FC Santos zu Chelsea London wechselt und dann an Racing Straßburg ausgeliehen wird.

„Angelo ist ein sehr guter junger Spieler, der in seinem Heimatland bereits viel auf höchstem Niveau gespielt hat. Ich freue mich sehr, dass diese Operation heute dank BlueCo möglich wurde“, sagte Keller.

Vereinsführung hält weiter Ausschau nach Verstärkungen

Neu im Team ist auch Jessy Demingue (SM Caen), der ablösefrei nach Straßburg kam. Die Vereinsführung ist weiter auf der Suche nach Verstärkungen, die bis zum Ende der Transferperiode am 31. August noch verpflichtet werden sollen. Die Namen von Junior Mwanga (20) und Dilane Bakwa (21), beide Girondins Bordeaux, sind ebenso im Gespräch wie Arsen Zakharyan (20; Dynamo Moskau).

Viel Bewegung gibt es vor allem in der Nachwuchsakademie von Racing. Guillaum Lacour, Trainer der U23, dürfte schon bald ein Team von potenziellen zukünftigen Stars betreuen. In diesem Bereich des Vereins sind die neuen Besitzverhältnisse schon jetzt deutlich zu spüren.

Nach dem ivorischen Stürmer Patrick Ouotro (18, FC Sassandra/Elfenbeinküste), dem marokkanischen Flügelspieler Oussama Lyakoubi (18, Akademie Mohammed, Marocco) und dem Brasilianer David Kaiki (19, Agua Santa, Brasilien) wurde der Kameruner Clancy Biten (18, Douala/Kamerun) verpflichtet.

Kaum was zu hören von der legendären Stimmung

Eine nicht geplante Baustelle könnte sich vor diesem Hintergrund in der bisher vorbildlich engen Beziehung zwischen Vereinsführung und Fan-Clubs auftun. Zum Erstaunen mancher war die Westtribüne im letzten Vorbereitungsspiel gegen Werder Bremen (2:1) zwar gut gefüllt, aber von der legendären Stimmung war nicht viel zu hören.

Die Racing-Fans blieben gegen Werder weitgehend stumm. Gehen die Fans den von der Vereinsführung eingeschlagenen Weg zum neuen Besitzer BlueCo mit? Diese Frage ist noch nicht beantwortet. 

Racing liebäugelt mit den Europa-Cup-Plätzen

Während in den zurückliegenden Jahren das von Marc Keller erklärte Saisonziel regelmäßig Klassenerhalt lautete und eine Platzierung zwischen dem achten und dem zwölften Tabellenrang angestrebt wurde, lautet nun das Ziel Platz fünf bis neun.

Mit dem Thema Klassenerhalt will man bei Racing nichts mehr zu tun haben. Nah an den Europa-Cup-Plätzen ist die neue Zielvorgabe in Straßburg. Die Bilanz von drei Siegen, einem Unentschieden und einer Niederlage in den fünf Vorbereitungsspielen weckt Hoffnungen auf eine erfolgreiche Saison. 

nach oben Zurück zum Seitenanfang