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Revolutionäre und Freigeister

175 Jahre Badische Revolution: Spurensuche im Rastatter Schloss

Die Badische Revolution vor 175 Jahren thematisiert Rastatt 2024 mit zahlreichen Veranstaltungen. Am Sonntag gab es Einblicke in die Gedankenwelt der Revolutionäre – und eine Spurensuche im Schloss.

Stadtmodell
Historiker Jürgen Dick (links) erläutert den Führungsteilnehmern anschaulich die Situation in der früheren Garnisonsstadt Rastatt. Foto: Markus Koch

Der Rastatter Veranstaltungskalender steht in diesem Jahr ganz im Zeichen der Badischen Revolution, die vor 175 Jahren hier ihr blutiges Ende fand. Bei einer gut besuchten musikalisch-literarischen Matinée im Kellertheater wurden Einblicke in die Gedankenwelt der Revolutionäre geboten.

„Wir möchten unser demokratisches Erbe feiern“, begrüßte Birgit Stellmach, Leiterin der Stadtbibliothek, die Gäste.

Tragisches Ende der Badischen Revolution in Rastatt

Stadtarchivar Oliver Fieg gab zu Beginn seiner historischen Einleitung Entwarnung: „Keine Angst, ich werde keinen Vortrag halten“, meinte er augenzwinkernd.

Im Zusammenhang mit der Badischen Revolution habe es drei Aufstände gegeben: Den Hecker-Zug im April 1848 und den Struve-Putsch im September 1848, die beide erfolglos blieben. Die Reichsverfassungskampagne fand im Juli 1849 „ihr tragisches Ende in Rastatt“, so Fieg.

Fünf markante Gestalten bei Matinée vorgestellt

Um die Besucher in diese Zeit hineinzunehmen, hatte er fünf herausragende Gestalten ausgesucht: Friedrich Hecker, Amalie Struve, Mathilde Franziska Anneke, Carl Schurz und Otto von Corvin.

Schauspieler Philipp Erben trug jeweils zunächst eine historische Einordnung der Personen vor, bevor er dann deren persönliche Aufzeichnungen wie Tagebucheinträge rezitierte. Erben hatte sich gut in sein Manuskript eingearbeitet und trug die biografischen Beschreibungen lebendig und mit Leidenschaft vor.

Schauspieler
Der Schauspieler Philipp Erben trägt mit großer Empathie Aufzeichnungen von Revolutionären vor. Foto: Markus Koch

Die städtische Musikschule hatte Musikstücke aus dieser Zeit ausgewählt, allen voran drei Werke von Robert Schumann: Fantasiestücke op.73, Träumerei sowie Aus drei Romanzen, op. 94. Zu Gehör kamen auch Romanze, Gavotte und Wiegenlied der Rastatter Komponistin Luise Adolpha Le Beau und Fantasie und Variationen von Louis Spohr.

Musiklehrerin Henrike von Heimburg begleitete sämtliche Werke am Klavier und überzeugte durch ein harmonisches Zusammenspiel mit den anderen Musikern und eine gefühlvolle Intonation. Weitere Akteure waren Philip Usselmann (Horn), Gisela Hiss (Cello), Sven Aberle (Klarinette), Arvid Siegel und Klara Göpfrich (Blockflöte) sowie Tom Graßhof (Viola). Zum Ausklang der Matinée sangen alle gemeinsam das Volkslied „Die Gedanken sind frei“.

Duo
Musikschüler Tom Graßhof an der Viola und Henrike von Heimburg führen drei Werke von Luise Adolphe Le Beau auf. Foto: Markus Koch

Interessante Einblicke in die Revolutionsjahre bot auch Jürgen Dick bei einer Kombiführung durch das Schloss, das Wehrgeschichtliche Museum und die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, kurz Freiheitsmuseum.

Der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins der Erinnerungsstätte hat nach seiner Zeit als Generalstabsarzt bei der Bundeswehr Geschichte an der Fernuniversität Hagen studiert. Seine Magisterarbeit widmete er den Bürgersoldaten von 1849, seine Promotion befasst sich mit Franz Sigel, einem Kommandeur der Revolutionstruppen.

Rastatt konnte bis zu 10.000 Soldaten unterbringen

Im zweiten Stock des Wehrgeschichtlichen Museums erläuterte er an einem großen Modell die Situation in der damaligen Bundesfestung Rastatt, in der bis zu 10.000 Soldaten untergebracht werden konnten. Der heutige Schlosspark diente damals nicht zum Flanieren, sondern war ein Exerzierplatz. Im Mai 1849 fanden in Rastatt zwei „Verbrüderungsfeste“ statt, bei denen die Soldaten schworen, im Falle eines Falles nicht auf die Bürger zu schießen.

Als einige Wortführer am Tag darauf verhaftet wurden, eskalierte die Lage. Der Großherzog in Karlsruhe entsandte seinen Kriegsminister mit einer Kompanie, um die Ordnung wiederherzustellen. Auf dem Exerzierplatz hinter dem Schloss standen die Truppen des Großherzogs den aufständischen Soldaten und der Volksmenge gegenüber. Doch es kam nicht zum Zusammenstoß: Die Truppen aus Karlsruhe verweigerten den Befehl zum Angriff, worauf ihr Rückzug befohlen wurde.

Ausstellung im Stadtmuseum über Rolle der Wirtshäuser

Ebenfalls anschauliche Impressionen aus den revolutionären Jahren gibt die Kabinettsausstellung im Rastatter Stadtmuseum über die Rolle der Wirtshäuser zu Beginn der Badischen Revolution, die noch bis zum 28. April geht.

Museumsleiterin Johanna Kätzel
Museumsleiterin Johanna Kätzel vor einem zeitgenössischen Stich, der eine Wirtshausszene zeigt. Foto: Markus Koch

Seit der Ausstellungseröffnung Ende Oktober hat die neue Museumsleiterin Johanna Kätzel rund 1.000 Besucher gezählt, wobei sich nicht sagen lasse, wer nun eigens wegen dieser Ausstellung gekommen sei. „Wirtshäuser waren damals geschützte Räume, um seine Meinung äußern zu können“, verdeutlicht sie. Halbstündige Führungen durch die Kabinettsausstellung werden am 17., 21. und 25. April angeboten.

Die große Sonderausstellung zur Badischen Revolution, die vom 12. Mai bis 12. Januar 2025 laufen soll, ist konzeptionell abgeschlossen. Erste Leihobjekte aus Museen in Speyer, Konstanz und dem Generallandesarchiv Karlsruhe seien eingetroffen. „Aktuell sind wir mitten in der Gestaltungsplanung“, so Kätzel.

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