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Andreas Augustin

Durmersheims scheidender Bürgermeister freut sich auf neue Freiheiten

Nach 16 Jahren Amtszeit geht Durmersheims Bürgermeister Andreas Augustin Ende dieses Monats in Ruhestand. Er freut sich nun über seine neu gewonnene Freiheit.

Mann am Schreibtisch
Bis zum letzten Tag am Arbeitsplatz: Bürgermeister Andreas Augustin verabschiedet sich Ende dieses Monats in seinen Ruhestand. Foto: Larissa Eschbach

16 Jahre lang stand Andreas Augustin (parteilos) an der Spitze der Gemeinde Durmersheim. Ende dieses Monats endet seine Zeit als Bürgermeister der Hardtgemeinde. Lange hatte er mit sich gerungen, vielleicht doch noch eine dritte Amtsperiode ins Auge zu fassen.

Im Frühjahr aber entschied er, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten. Im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Stefan Maue blickt Augustin zurück, gibt sich aber eher zurückhaltend, wenn es um seine Zukunftspläne geht.

Mit welchen Gefühlen verlassen Sie Ihr Amt am 31. August?
Augustin

Das wird für mich noch ein normaler Arbeitstag. Bis zum letzten Tag habe ich mein Amt mit Freude ausgeübt. Trotz mancher schmerzhafter Einzelfälle bin ich immer gerne zur Arbeit gegangen. Und ich genieße es, an meinen letzten Tagen noch arbeiten zu dürfen. Ich habe einzelne Abschiedsbesuche in den Einrichtungen der Gemeinde, den Schulen und Kindergärten auch bei den Kollegen auf Ebene des Gemeindeverwaltungsverbandes, bei Pfarrer, Landrat, eben bei einigen Persönlichkeiten. Zudem geht es darum, noch einige Unterlagen, die ich für relevant halte, zusammenzustellen, um das Wissen möglichst ohne große Lücken an meinen Nachfolger weiterzugeben.

Haben Sie in den vergangenen Wochen eigentlich nochmal darüber nachgedacht, ob Sie nicht doch noch einmal hätten kandidieren sollen?
Augustin

Es ist ein Grundsatz von mir, dass Entscheidungen, die gefallen sind, nicht mehr diskutiert werden. Nicht mehr Bürgermeister zu sein heißt ja nicht, dass man nichts anderes mehr beginnen kann. Ich habe da kein Ausschlusskriterium.

Was bleibt Ihnen denn von den 16 Jahren in Durmersheim am meisten in Erinnerung und was waren vielleicht die nachhaltigsten Erlebnisse?
Augustin

Gut gelungen ist es, die Harmonie im Gemeinderat herzustellen. Und ich denke, wir sind im Bereich der weichen Standortfaktoren in Durmersheim gut aufgestellt, gerade auch mit unseren Schulen und Kindergärten. Potenzial sehe ich im Bereich der Gewerbeansiedlungen. Ich habe in all den Jahren insgesamt sehr viele feine Menschen kennengelernt. Zugleich bin ich aber auch über die große Zahl an Werteverlusten und den Verlust an Anstand überrascht.

Hat sich das Verhalten der Bürger gegenüber dem Amt des Bürgermeisters in den vergangenen Jahren denn verändert?
Augustin:

Ich kenne Durmersheim seit 1995 und bis heute ist es sicher festzustellen, dass der Umgang mit der Verwaltung, aber auch Nachbarschaftsstreitigkeiten sich verändert haben. Die Zahl dieser Streitigkeiten nimmt zu und sie werden oft auch immer aggressiver ausgetragen. Die Konfrontationen werden härter. Wir befinden uns in einer Generation, in der es heißt ’Ich nehme mir’. Die Ich-Bezogenheit wächst und der Egoismus steigt. Dass ich aber auch so viele feine Menschen kennengelernt habe, gleicht die negativen Erfahrungen allerdings aus. Schwer zu sagen, weshalb das so ist. Es fehlt oft etwas an Demut. Auf der anderen Seite ist Durmersheim im Bereich ehrenamtlicher Arbeit wirklich gut aufgestellt

Aus Ihrer Sicht: Welche Projekte waren in den vergangenen Jahren die bedeutsamsten in Durmersheim?
Augustin

Zu nennen ist da vor allem die Umgestaltung der Hauptstraße von ganz im Süden bis zum Bickesheimer Platz. Wir haben damit ja den gesamten Ort abschnittsweise umgestaltet. Das war auch mit großen Tiefbaumaßnahmen verbunden. Das war wohl die auffälligste Veränderung. Ein großer Schritt war auch der Bau des Regenüberlaufbeckens III, wodurch große Defizite beseitigt wurden. Der Bau der Schulmensa zählt natürlich dazu, genauso wie die Ansiedlung des lange gewünschten Rewe-Markts im Süden von Durmersheim, der voraussichtlich am 27. Oktober eröffnet werden soll. Auch die Entscheidung für die Windenergie und den Bau der Windräder ist ganz wichtig, denn die Klimaänderung ist da. Das ist eines der größten Projekte auch im Blick auf das Landschaftsbild. Dabei gibt es bei uns nur wenig Widerstand. Die Atomenergie hat auf Dauer keine Chance, denn die Sonne strahlt genug Energie auf die Erde ab, die mit erneuerbaren Energien zu nutzen ist.

Welche Vorhaben für die nächste Zeit sind denn am dringendsten umzusetzen?
Augustin

Dazu gehört sicher die Beseitigung der Bahnübergänge, die ja ein Dauerthema sind, 2014 wurde ja die Unterführung in der Malscher Straße in Betrieb genommen. Die Gemeinde kann jetzt die Unterführung in der Triftstraße aber mit weniger Eigenbeteiligung bauen. Der Betrag liegt bei 600.000 Euro. Da haben wir Millionenbeträge gespart.

Welche negativen Erfahrungen auf den kommunalpolitischen Ebene sind denn am meisten haften geblieben?
Augustin

Wir haben am Bahnhof leider kein Café, wie etwa in Bietigheim. Das hätte ich mir gewünscht. Von der jetzigen Nutzung haben wir keinen Vorteil. Da hätten wir noch mehr suchen müssen. Das Pflegeheim nebenan ist allerdings ein Gewinn, es gab hier noch keinerlei Beschwerden wegen Lärm. Misslungen ist leider auch der zügige Umbau der Feuerwehr. Die Grundstücksverhandlungen haben sich hier als äußerst schwierig erwiesen. Das geht alles viel zu langsam.

Aus ihrer reichhaltigen Erfahrung heraus: Was hat sich in all den Jahren nach Ihrer Einschätzung am meisten verändert im Amt des Bürgermeisters?
Augustin

Die Bürokratie ist nicht das große Hindernis, um Projekte zu entwickeln. Das ist lösbar, weil wir damit Erfahrung haben. Große Herausforderungen sind die Themen Artenschutz und Ausgleich für Baumaßnahmen, das ist größtenteils EU-Recht. Große Probleme haben wir auch mit Personalgewinnung. Bei Stellenausschreibungen erhalten wir oft keine Bewerbungen, gerade im Bereich der technischen Berufe. Das war früher einfacher. Wir haben nicht nur ein Problem in der Pflege oder bei Erziehern in Schulen und Kindergärten, sondern auch in vielen technischen Berufen. Da wird einfach zu schlecht bezahlt.

Was meinen Sie, welche Voraussetzungen sind heute zu erfüllen, um das Bürgermeisteramt auszuüben, das ja im Blick auf die Bewerberlisten in vielen Gemeinden vielleicht nicht mehr so attraktiv erscheint wie zu früheren Zeiten?
Augustin:

Fleiß und Kreativität gehören dazu, damit es voran geht. Teamfähigkeit und ein dickes Fell sollte man ebenfalls haben, das sind die wichtigsten Voraussetzungen. Ich persönlich halte noch Eigenschaften wie Verlässlichkeit, Loyalität und Gradlinigkeit für sehr bedeutsam in diesem Amt.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum es oft nicht mehr so viele Bewerbungen für das Bürgermeisteramt gibt?
Augustin

Es gibt wohl die Erkenntnis, dass der Beruf des Bürgermeisters auch Kontakt zu Wutbürgern mit sich bringt, zu ganz vielen Beschwerden und zu dieser Ich-Mentalität. Aufgrund der sehr guten wirtschaftlichen Lage gibt es ja auch viele andere Berufe, die gut oder sogar besser bezahlt sind und wo man nicht so im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht. Übrigens war ein Achtel meiner Berufszeit durch Corona geprägt, das war ganz einschneidend, weil es in dieser Zeit kein Feedback gab, gerade auch vor einer möglichen erneuten Kandidatur. Ansonsten sind 70 Stunden-Wochen bei mir keine Seltenheit gewesen. So aber hatte ich doch fast zwei Jahre lang immer freie Wochenenden.

Gibt es denn schon Ideen, wie Sie künftig Ihre Zeit verbringen wollen, wenn Sie ab 1. September Ihren Platz auf dem Chefsessel im Rathaus aufgeben müssen?
Augustin

Bis Jahresende kümmere ich mich erst einmal um Familie, Haus und Garten. Was die Zeit danach betrifft, bin ich noch in der Entscheidungsfindung. Ich fühle mich mit 63 Jahren aber noch nicht reif fürs Altersheim. Aus dem politischen Leben will ich mich auf jeden Fall ganz zurückziehen. 16 Jahre sind einfach genug. Ich möchte meine zurückgewonnene Freiheit genießen.

Haben Sie einen besonderen Wunsch an Ihren Nachfolger Klaus Eckert?
Augustin

Wir stehen mit ihm schon in einem guten Austausch, telefonisch, über Videokonferenzen, aber auch in Präsenz. Mit Ratschlägen will ich mich aber zurückhalten. Wenn er den Hörer in die Hand nimmt, und mich anruft, weil er eine Frage hat, stehe ich natürlich zur Verfügung. Viele Wege führen nach Rom. Er soll sein Amt ausüben, wie er will, am Ende zählt es, dass man in Rom ankommt. Es wird anders werden, und das ist auch richtig.

Was wünschen Sie sich für Durmersheim, wie sollte sich die Gemeinde weiter entwickeln?
Augustin

Ich bin nicht der Meinung, dass dauerhaftes Wachstum das richtige Modell ist für die Entwicklung auf der Erde. Wir müssen uns auch bescheiden und wertschätzen, was man erreicht hat. Immer mehr zu wollen, ist aus meiner Sicht nicht der richtige Ansatz. Ein Begriff wie Demut ist mir viel wichtiger.

Haben Sie am Schluss noch genauso viel Freude an Ihrer Arbeit wie am Anfang?

Ich gehe weiter gerne zur Arbeit, nicht mit weniger Freude als 2006. Ich habe so viele treue Weggefährten im Rathaus, das wird mir schwerfallen, sie nicht mehr zu sehen. Ich werde aber künftig nur noch bei Amtsgeschäften das Rathaus betreten, etwa wenn der Ausweis zu verlängern ist oder ähnliches. Aber ich bin auf jeden Fall kantiger geworden, das bringt die Erfahrung mit sich.

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