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Entscheidung fällt am 24. Juli

OB Pütsch plädiert für Abschaffung der unechten Teilortswahl in Rastatt

Bei Wahlen sollte eigentlich jede Stimme gleich viel wert sein. Doch in Rastatt ist das nicht der Fall. Grund ist die sogenannte unechte Teilortswahl. Oberbürgermeister Pütsch würde sie gerne abschaffen.

Jürgen Fleckenstein spricht in Ottersdorf über die unechte Teilortswahl. Im Publikum sitzen viele Stadt- und Ortschaftsräte.
Jürgen Fleckenstein spricht in Ottersdorf über die unechte Teilortswahl. Im Publikum sitzen viele Stadt- und Ortschaftsräte. Foto: Holger Siebnich

Als Oberbürgermeister wird Hans Jürgen Pütsch (CDU) von einer möglichen Änderung nicht mehr betroffen sein. Trotzdem ist es dem scheidenden Stadtoberhaupt ein Anliegen, die unechte Teilortswahl in Rastatt abzuschaffen. Bei einer Infoveranstaltung am Montagabend in Ottersdorf hielt er dafür ein eindringliches Plädoyer. Die fachlichen Argumente hatte ihm zuvor ein Professor der Verwaltungshochschule Kehl an die Hand gegeben.

Das Thema betrifft alle Wahlberechtigten. Trotzdem lockt es keine Massen hinter dem Ofen hervor. Rund 100 Besucher kamen zu der Veranstaltung. Der überwiegende Teil davon waren Stadt- und Ortschaftsräte sowie Verwaltungsmitarbeiter. Bürger ohne politisches Mandat oder professionelle Beziehung zum Thema blieben in der Minderheit.

Jürgen Fleckenstein von der Fakultät für Rechts- und Kommunalwissenschaften an der FH Kehl äußerte sich froh darüber, dass die Verwaltung Getränke bereitgestellt hatte: „Es ist ein ziemlich trockenes Thema.“ Er machte deutlich, dass in Rastatt Handlungsbedarf besteht: „Es muss jetzt eine Grundsatzentscheidung getroffen werden.“

Der Anlass: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat die Kommunalwahl in Tauberbischofsheim für ungültig erklärt. Auch dort gibt es die unechte Teilortswahl. Das Verfahren garantiert Ortsteilen eine bestimmte Anzahl an Sitzen im Gemeinderat.

In Rastatt sieht der Schlüssel aktuell so aus: Die Innenstadt stellt 28 Stadträtinnen und Stadträte, Niederbühl und Förch sowie Plittersdorf drei, Ottersdorf, Rauental und Wintersdorf je zwei.

Kommunalwahl in Tauberbischofsheim war ungültig

Das Problem: Die unechte Teilortswahl sieht vor, dass sich die Sitzverteilung nach dem Verhältnis der Einwohner in den Stadtteilen richtet. Das exakt hinzubekommen, ist allerdings ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb gibt es in der Regel Abweichungen. In Tauberbischofsheim waren diese Abweichungen zu groß, urteilten die Richter.

Aus Sicht von Fleckenstein ist das auch in Rastatt der Fall. Bei aktuell 51.475 Einwohnern kommt in der Kernstadt auf 1.287 Bürger ein Stadtrat. In Rauental sind es wegen der garantierten zwei Plätze im Gemeinderat nur 714 Bürger. Diese Diskrepanz könnte bei der Kommunalwahl 2024 für Probleme sorgen. „Es kann passieren, dass die Wahl für ungültig erklärt wird“, sagte Fleckenstein.

Das ist eine krasse Verzerrung.
Jürgen Fleckenstein, Hochschule Kehl

Er zeigte weitere Nachteile der unechten Teilortswahl auf. So habe es in Rastatt den Fall gegeben, dass ein Kandidat nicht in den Gemeinderat eingezogen sei obwohl er 2.000 Stimmen mehr bekomme habe als ein erfolgreicher Kandidat auf derselben Liste in einem anderen Wohnbezirk: „Das ist eine krasse Verzerrung.“

Darüber hinaus komme es aufgrund des komplizierten Verfahrens zu deutlich mehr ungültigen Stimmen als ohne unechte Teilortswahl. Bei der Kommunalwahl 2019 betrug ihr Anteil in Rastatt 5,3 Prozent. Ohne unechte Teilortswahl waren es im Landesdurchschnitt 2,5 Prozent.

Rastatt hat 47 Stadträte, Los Angeles 15

Das Verfahren vergrößere darüber hinaus häufig den Gemeinderat, weil Ausgleichssitze anfielen. In Rastatt sieht die Hauptsatzung 40 Mitglieder vor. Wegen der Ausgleichssitze gibt es aktuell aber 47 Stadträte. „Los Angeles hat 15“, sagte Fleckenstein.

Wie es in Rastatt weitergeht, hat der Gemeinderat selbst in der Hand. Am Montag, 26. Juni, soll das Gremium über das weitere Vorgehen beraten. Der finale Beschluss ist für Montag, 24. Juli, vorgesehen.

OB Pütsch sieht Abschaffung als Chance für die Dörfer

Die Haltung von OB Pütsch ist eindeutig: „.Es bleibt am Ende auch im Interesse der Dörfer nur die Abschaffung der unechten Teilortswahl.“ Dieser Schritt sei für die Ortsteile eine Chance. Mit dem Wegfall der festen Verteilung könnten sie am Ende sogar mehr Stadträte stellen.

Auch Fleckenstein hält dieses Szenario für wahrscheinlich. Es gebe zwar auch Fälle, in denen die Abschaffung der unechten Teilortswahl dazu geführt habe, dass Ortsteile Sitze verloren hätten. Das sei aber eher in Kommunen mit sehr kleinen Stadtteilen der Fall gewesen. Für Rastatt sei es „sehr wahrscheinlich“, dass sich mehr Kandidaten aus den Ortschaften durchsetzten, weil die Wahlbeteiligung dort tendenziell höher sei als in der Kernstadt.

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