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Gesundheits-Studie

PFAS-Skandal in Mittelbaden: Dritte Blutuntersuchung startet

In Mittelbaden beginnt die dritte und letzte Runde mit PFAS-Blutuntersuchungen. Bürgerinnen und Bürgern werden dabei auf per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS; auch als PFC bekannt) getestet.

Mann auf Bahre
Erneut wird drei verschiedenen Personengruppen Blut abgenommen, um es auf PFAS zu untersuchen. Foto: Andreas Adam

Drei Jahre nach der vorherigen PFAS-Blutkontrolluntersuchung in Mittelbaden beginnt das Landesgesundheitsamt gemeinsam mit dem Gesundheitsamt Rastatt jetzt mit der dritten und voraussichtlich letzten Untersuchungsrunde und lässt erneut die Konzentration der gesundheitsschädlichen PFAS (vorher als PFC bekannt) im Blut von ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern bestimmen.

Definitiv hätte es ohne unseren Druck keine Messungen gegeben.
Ulrich Schumann
Vorsitzender der BI

Diese Studie hat eine lange Vorgeschichte und geht auf das Engagement der Bürgerinitiative (BI) „Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim“ zurück, die bereits kurz nach Bekanntwerden der PFAS-Belastung in Mittelbaden Blutuntersuchungen gefordert hatte.

„Definitiv hätte es ohne unseren Druck keine Messungen gegeben. Die Behörden vor Ort haben von der untersten bis zur obersten Ebene mehrfach öffentlich zu verstehen gegeben, dass sie keinen Anlass dazu und keinen Sinn darin sehen“, erinnert sich Ulrich Schumann, der Vorsitzende der BI. In den Jahren 2015 und 2016 initiierte die BI eigene Messungen von Betroffenen in Kuppenheim und Gernsbach, bei denen sich zeigte, dass die PFOA-Werte (ein bestimmtes PFAS) im Blut der Teilnehmer erhöht waren.

Dritte Runde der Studie läuft jetzt an

Als Konsequenz gab das Sozialministerium die Studie in Auftrag, deren dritte Runde nun anläuft. Der erste Durchlauf war im Jahr 2018 und wurde von einem Expertengremium, dem auch Vertreter der BI angehörten, umfangreich vorbereitet. Man untersuchte das Blut von 348 zufällig ausgewählten Probanden aus drei Gebieten: diejenigen, die PFAS-belastetes Trinkwasser getrunken hatten (A), eine zweite Gruppe, die im Bereich belasteter Böden und/oder belasteten Grundwassers lebt (B) und eine Kontrollgruppe aus Gebieten ohne bekannte PFAS-Belastung (C).

Die Ergebnisse waren nicht überraschend: Wer PFAS im Trinkwasser gehabt hatte, bei dem fand man die Chemikalien auch im Blut (Gruppe A). Ein Ergebnis, das sich bei der zweiten Untersuchungsrunde mit 249 Probanden im Jahr 2020 wiederholte, auch wenn die PFOA-Durchschnittswerte um 18 Prozent zurückgegangen waren.

Denn mittlerweile wurde das Trinkwasser gereinigt und die Landwirtschaft kontrolliert, so dass diese Möglichkeiten zur PFAS-Aufnahme praktisch wegfielen. „Die zweite Untersuchungsrunde 2020 hat gezeigt, dass die PFAS-Blutkonzentrationen deutlich zurückgegangen sind“, sagt dann auch Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne).

Diese Erkenntnis wolle man nun mit der dritten Untersuchungsrunde absichern, so der Minister. Ulrich Schumann erfuhr übrigens erst durch die BNN von der geplanten dritten Runde. „Ich hätte es für selbstverständlich gehalten, dass man wenigstens die Gruppen des Expertenrates darüber informiert“, ärgert er sich.

Auch wenn die Werte für PFOA im Blut der Betroffenen gesunken sind, überschritten vor drei Jahren 66 Prozent der Gruppe A die sogenannten HBM-II-Werte. Diese Werte wurden vom Umweltbundesamt festgelegt und geben an, ab wann mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen ist.

Die Überschreitungen würden keine unmittelbare Gesundheitsgefährdung darstellen, betonte das Landesgesundheitsamt im Rahmen der zweiten Untersuchung. Betroffene sahen das damals weniger entspannt und für manche stellten sich viele grundsätzliche Fragen nach den Folgen. Sie wünschten sich umweltmedizinische Beratungen.

EU ein Gesamtverbot der mehr als 10.000 bekannten PFAS an

Die wird es aber wohl nicht geben, denn „da in den betroffenen Gebieten umfangreiche Informationen für die Bürger bereitgestellt wurden und die bisherigen Untersuchungen eine abnehmende Tendenz der PFAS-Werte angezeigt haben, wird eine individuelle umweltmedizinische Beratung für alle Teilnehmer nicht als erforderlich angesehen“, so der Pressesprecher des Sozialministeriums auf Anfrage dieser Redaktion.

PFAS finden sich mittlerweile weltweit im Blut der Menschen, die Langzeitfolgen sind nicht abschätzbar. Auch aus diesem Grund strebt die EU ein Gesamtverbot der mehr als 10.000 bekannten PFAS an, erlaubt bleiben sollen nur wesentliche Verwendungen.

Minister Lucha befürwortet die gemeinsame Regelung der PFAS als Gruppe aus Sicht des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes. „Sie verhindert, dass nach Verbot eines Stoffes auf einen weiteren Stoff dieser Gruppe ausgewichen werden kann, dessen gesundheitsschädigendes Potenzial aufgrund fehlender Studien noch nicht bekannt ist“, betont sein Pressesprecher, es müsse allerdings sichergestellt sein, dass beispielsweise die Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten nicht gefährdet sei.

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