Sie bleiben jahrelang im menschlichen Körper: Welche gesundheitlichen Risiken PFC bergen
Per- und polyfluorierte Chemikalien schwimmen im Grundwasser der Region und längst auch im Blut der Menschen. Was bedeutet das und welche gesundheitlichen Risiken bergen die PFC? Es gibt noch nicht viele Studien – aber schon einige Verdachtsmomente.
Die Blutproben haben ergeben: Bürger in Mittelbaden haben viel PFC im Blut.
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Per- und polyfluorierte Chemikalien schwimmen im Grundwasser der Region und längst auch im Blut der Menschen. Was bedeutet das und welche gesundheitlichen Risiken bergen die PFC?
Seit der Jahrtausendwende gibt es zunehmend mehr Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von PFC auf den Menschen. Ein Untersuchungsobjekt war immer wieder die amerikanische Stadt Cottage Grove in Minnesota. Hier hat die Firma 3M im Jahr 1947 begonnen, PFC zu produzieren.
15 Jahre später wurden erste gesundheitliche Bedenken laut. 2005 entdeckte man in Minnesota, ähnlich wie später in Mittelbaden, eine großflächige Belastung des Trinkwassers.
Laut Umweltbundesamt begünstigen PFC eine Reihe von Krankheiten
Es gab Berichte über Fehlbildungen bei Kindern von Arbeiterinnen aus 3M-Betrieben und anderen Chemiefirmen sowie ungewöhnlich häufige Krebserkrankungen. Viele Erkenntnisse aus der amerikanischen Forschung wurden aber nie oder erst Jahrzehnte später publiziert.
Sicher ist, dass sich PFC im menschlichen Körper einlagern und dort sehr lange bleiben können – die Halbwertszeit mancher Einzelverbindungen beträgt drei bis fünf Jahre. „Erhöhte PFOA-Expositionen begünstigen eine Reihe von Krankheiten“, steht in einer Zusammenfassung des Umweltbundesamts von 2013.
PFC stehen im Verdacht, verschiedene Krebsarten erregen zu können. Dazu zählen Blut-, Hoden-, Nieren- und Prostatakrebs. Langzeitversuche mit Ratten und Mäusen haben ergeben, dass PFOS und PFOA die Entstehung von Leber-, Bauchspeicheldrüsen- und Leydigzell-Tumoren fördern.
Studien mit Mitarbeitern von Chemiefirmen haben zwar teilweise auffällig viele Krebserkrankungen festgestellt, insgesamt waren die Fallzahlen aber zu gering, um daraus allgemeingültige Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Quellen: Umweltbundesamt (2013): Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einsatz mit Konsequenzen Grandjean, Philippe/ Clapp, Richard (2015): Perfluorinated Alkyl Substances: Emerging Insights Into Health Risks
PFC sollen das Immunsystem schwächen. Mäuse, die in Versuchen PFC ausgesetzt waren, hatten geringere Überlebenschancen bei einer normalen Influenza-Infektion.
Quelle: Grandjean, Philippe/ Clapp, Richard (2015): Perfluorinated Alkyl Substances: Emerging Insights Into Health Risks
Fütterungsversuche mit Tieren wiesen auf eine erhöhte Sterblichkeit hin, wenn die Tiere PFC aufgenommen hatten.
Eine Studie, die 1980 die Sterblichkeit von Menschen untersuchte, die im Berufsleben PFC ausgesetzt waren, konnte jedoch keine erhöhte Sterblichkeit im Vergleich zur normalen Bevölkerung feststellen.
Quelle: Marschall, Nina (2009): Belastung der Bevölkerung im Hochsauerlandkreis durch perfluorierte Verbindungen
In Versuchen mit Mäusen war die Sterblichkeit von neugeborenen Tieren, die PFOA ausgesetzt waren, stark erhöht. Sie wogen auch weniger als Tiere, die sich ohne PFC-Belastung entwickeln konnten.
Weitere Studien begründeten später den Verdacht, dass PFC auch die Fruchtbarkeit von Menschen negativ beeinflussen. So soll die Spermienqualität und -anzahl von Männern an PFC genauso leiden wie die Fruchtbarkeit von Frauen.
Quellen: Umweltbundesamt (2013): Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einsatz mit Konsequenzen Grandjean, Philippe/Clapp, Richard (2015): Perfluorinated Alkyl Substances: Emerging Insights Into Health Risks
Der langfristige Impferfolg bei Kindern soll geringer sein, wenn sie viel PFC in ihrem Blut haben. Untersucht wurden Diphterie- und Tetanus-Impfungen bei Kleinkindern.
Quellen: Umweltbundesamt (2013): Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einsatz mit Konsequenzen Grandjean, Philippe/ Clapp, Richard (2015): Perfluorinated Alkyl Substances: Emerging Insights Into Health Risks
Es gibt Hinweise darauf, dass PFC die hormonelle Entwicklung beeinflussen könnten und Lebewesen mit viel PFC im Körper beispielsweise erst später in die Pubertät kommen bzw. geschlechtsreif werden könnten.
Quelle: Marschall, Nina (2009): Belastung der Bevölkerung im Hochsauerlandkreis durch perfluorierte Verbindungen
PFC sollen während der Schwangerschaft zu einem erhöhten Blutdruck beitragen können und möglicherweise eine Präeklampsie auslösen, besser bekannt als Schwangerschaftsvergiftung.
Quelle: Umweltbundesamt (2013): Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einsatz mit Konsequenzen
Es gibt Hinweise darauf, dass eine PFC-Belastung im Blut die Wartezeit auf eine Schwangerschaft verlängern kann und zu Schwangerschaftsdiabetes beitragen kann.
Quelle: Umweltbundesamt (2013): Per- und polyfluorierte Chemikalien: Einsatz mit Konsequenzen
PFC sollen zu hohen Cholesterinwerten beitragen, weil sie den Fettstoffwechsel beeinträchtigen. Allerdings gibt es auch Studien, die keinen direkten Zusammenhang nachweisen konnten.
Quelle: Marschall, Nina (2009): Belastung der Bevölkerung im Hochsauerlandkreis durch perfluorierte Verbindungen
Die Bürgerinitiative aus Kuppenheim untersuchte nach Bekanntwerden der Belastungen auf eigene Kosten das Blut vieler Bürger und stellte erhöhte PFC-Konzentrationen fest.
Die Geschichte des größten Umweltskandals Deutschlands – mit seinen Hintergründen, gesundheitlichen Risiken, juristischen Folgen und persönlichen Schicksalen – erzählt dieses multimediale BNN-Dossier.