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Ringen um die Kamera

Weshalb bekommt der Bahnhof in Horb eine Videoüberwachung, Rastatt aber nicht?

Die Bahnhöfe in Horb und in Ringsheim sollen künftig Videoüberwacht werden. In Rastatt gibt es nach einer Prügelattacke im Januar ähnliche Forderungen. Bislang gibt es dort aber keine Möglichkeit dazu.

Vorerst weiter unbeobachtet: Statt Kameras will die Bundespolizei am Bahnhof mindestens eine Klingel samt Sprechanlage installieren, die man im Notfall nutzen kann.
Vorerst weiter unbeobachtet: Statt Kameras will die Bundespolizei am Bahnhof mindestens eine Klingel samt Sprechanlage installieren, die man im Notfall nutzen kann. Foto: Frank Vetter

Hinter der Forderung nach einer möglichen Videoüberwachung im Rastatter Bahnhof bleiben weiter Fragezeichen. Trotz Verdoppelung der Delikte im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahr sieht Armin Hansmann, stellvertretender Leiter der Bundespolizeiinspektion Offenburg, im Bahnhof „bei Weitem keinen Kriminalitätsschwerpunkt“. Veränderungen zur Entschärfung der Lage stehen trotzdem in Aussicht.

Hansmann kündigte bei einem Vor-Ort-Termin der CDU die Installierung einer Klingel mit Gegensprechanlage an. Damit bestünde in einem Notfall die Gelegenheit, rund um die Uhr Kontakt mit der Inspektion in Offenburg aufnehmen zu können.

Geplant ist die Anlage an einem Seiteneingang des Bahnhofs, der zu dem im vergangenen Jahr eröffneten „Dienstverrichtungsraum“ der Bundespolizei führt. Eine Beschilderung soll auf die „Alarmanlage“ aufmerksam machen.

Rastatter Bahnhof gilt nicht als Kriminalitätsschwerpunkt

Die CDU-Delegation mit dem Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker und den Stadträten Brigitta Lenhard und Jürgen Wahl sehen den Standort am Rande allerdings mit Skepsis. Sie plädierten für mindestens eine weitere Anlage auf dem Gelände und deutliche Hinweise auf das Angebot. Die Bundespolizei will das prüfen.

Whittaker und die Rastatter CDU haben sich die Forderung von OB Hans Jürgen Pütsch (CDU) nach einer Videoüberwachung zu eigen gemacht. Auslöser war die Prügelattacke zweier 13-jähriger Mädchen gegen eine 14-Jährige am 15. Januar am Bahnhof.

Doch Hansmann dämpfte abermals die Erwartungen. Grund: Im Vergleich zu anderen Stationen sei der Rastatter Bahnhof nach wie vor „kein Kriminalitätsschwerpunkt“. Eine solche Einschätzung hänge davon ab, inwieweit die Zahl der Delikte vom Durchschnitt abweiche und wie stark ein Bahnhof von Reisenden genutzt werde.

Die Verdoppelung der Straftaten in Rastatt von 53 auf 108 relativiert die Bundespolizei. Bei den 35 Drogendelikten im vergangenen Jahr wurden rund 25 Vorkommnisse allein an einem Tag im Sommer aktenkundig, als im Rastatter Schlosshof ein großes Techno-Festival ausgerichtet wurde. Bei den Körperverletzungen sei ein leichter Anstieg zu verzeichnen. 2019, also vor Corona, zählte man sechs solche Delikte; im vergangenen Jahr waren es neun.

Bahn widerspricht Polizeiaussagen über kritische Stationen

Gleichwohl muss eine Videoüberwachung in Rastatt nicht vom Tisch sein. Denn die Deutsche Bahn (DB) könnte als Hausherr durchaus die Videoüberwachung in ihrem Bereich veranlassen. Ein solcher Ausbau sei etwa an Stationen in Ringsheim und Horb geplant, sagte Hansmann.

Nachvollziehen kann der Polizist dies allerdings nur in dem einen Fall wegen der Nähe zum Europa-Park. Als seine Behörde um eine Einschätzung der Bahn gebeten wurde, habe die Bundespolizei den Wunsch geäußert, lieber in Kehl, Offenburg, Rastatt und Baden-Baden Kameras zu installieren, berichtet der Offenburger Inspektionsvize.

Warum die DB dieser Empfehlung nicht gefolgt sei, will Whittaker nun in Erfahrung bringen. Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigte eine Bahn-Sprecherin die Aufrüstung in Horb und Ringsheim. Ansonsten widerspricht sie den bei dem CDU-Termin geäußerten Informationen. Wie sonst auch, habe man die Entscheidung über die Videoinstallation „in enger Abstimmung“ mit der Bundespolizei getroffen.

Stadt Rastatt prüft Videoüberwachung in ihrem Zuständigkeitsbereich

Ob die Stadt Rastatt, wie vom OB angekündigt, in ihrem Zuständigkeitsbereich eine Videoüberwachung umsetzt, werde nach wie vor „geprüft“, sagte Bürgermeister Arne Pfirrmann (FW) bei dem Treffen am Bahnhof. Eine Kamera auf dem Bahnhofsvorplatz hält er für „ausgeschlossen“. Zu klären sei, ob in der Unterführung die Technik eingesetzt werden dürfe.

Ungeachtet der polizeilichen Einschätzung bekräftigten Lenhard und Wahl, dass das Bahnhofsumfeld weiter als „Angstraum“ wahrgenommen werde; außerdem steche die starke Verschmutzung ins Auge.

Hansmann sicherte die weitere regelmäßige Präsenz der Bundespolizei sowie gemeinsame Streifen mit Beamten des örtlichen Reviers zu. Eine gewisse Hoffnung setzt er außerdem auf die Modernisierung des Bahnhofs, die Ende dieses Jahres abgeschlossen sein soll.

„Der Raum macht die Täter“, verweist er auf die „Broken-Windows-Theorie“. Die geht unter anderem davon aus, dass vernachlässigte und von Vandalismus gezeichnete Orte die Kriminalität förderten.

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