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Wissenschaftliche Erkenntnisse

Können PFC doch ganz simpel abgebaut werden?

Eine neue wissenschaftliche Arbeit aus den USA lässt aufhorchen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe bewertet nun die Ergebnisse.

Die PFC-Belastung in Mittelbaden wird noch die nächsten Generationen beschäftigen, weil die per- und polyfluorierte Chemikalien kaum abbaubar sind – so die bisherige Einschätzung.

Eine neue wissenschaftliche Arbeit zeigt nun eine simple Methode zum Abbau der langlebigen Chemikalien auf, die neuerdings unter dem Namen PFAS zusammengefasst werden. Was bedeutet das für die Region zwischen Rastatt und Bühl?

Ein paar Tausend Kilogramm PFAS liegen in Mittelbadens Äckern – grob geschätzt. Bislang hat noch niemand einen praktikablen, bezahlbaren Weg gefunden, die Chemikalien zu zerstören, die vom Boden in die Gewässer und Ökosysteme sowie über die Pflanzen und Tiere in die Nahrungskette und den Menschen gelangen.

Mangels Alternativen müssen das Wasser gereinigt und die Feldfrüchte und Lebensmittel vor einer Vermarktung kontrolliert werden.

Wissenschaftliche Arbeit lässt Fachwelt aufhorchen

Mitte August wurde nun eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht, die die Fachwelt aufhorchen ließ: Eine Arbeitsgruppe um Brittany Trang von der Northwestern University in den USA hat eine simple Methode entwickelt, um diese Chemikalien abzubauen.

PFAS haben alle Kohlenstoff-Fluor-Bindungen, die extrem stabil sind und nur mit sehr hohem Aufwand geknackt werden können. Trang und ihre Kollegen haben die Molekül im Labor nun – vereinfacht gesagt – an anderer Stelle gespalten. Dadurch zerfiel das PFAS-Molekül in weitgehend harmlose Endprodukte.

Das wird noch eine Reihe von Untersuchungen oder Forschungsarbeiten erfordern.
Lisa Marquardt, Stabsstelle PFC

Die Fachleute am Regierungspräsidium (RP) in Karlsruhe kennen diese Studie natürlich auch. Man sei derzeit dabei, diese Forschungsergebnisse zu bewerten.

„Inwiefern die dargestellte Methode für die Praxis anwendbar wäre, beispielsweise für eine Sanierung der verunreinigten Böden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend bewerten. Die Ergebnisse vom Labor in die großtechnische Anwendung zu bringen, wird noch eine Reihe von Untersuchungen oder Forschungsarbeiten erfordern“, so Lisa Marquardt von der Stabsstelle PFC am RP auf Anfrage der BNN.

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Zudem ist der Studie zu entnehmen, dass die beschriebene Methode bei PFOS (ein bestimmtes PFC), das in Mittelbaden teilweise in nicht unerheblichen Konzentrationen vorliegt, nicht umsetzbar ist.

Auch gibt es in Mittelbaden das Problem der PFAS-Vorläuferverbindungen im Boden, die dort wohl teilweise gebunden sind. Die Frage ist, inwieweit Laborversuche auf den Abbau solch komplexer Moleküle übertragbar sind.

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Noch keine belastbaren Angaben für Praxistauglichkeit

Hinzu kommt die Frage der Relevanz für die Landwirtschaft oder auch für die Gewässer. Auch diesbezüglich muss man abwarten, da insbesondere belastbare Angaben für eine Praxistauglichkeit noch nicht vorliegen, wie Marquardt betont. Man habe bereits in den beschriebenen Laborversuchen einen erheblichen Chemikalien- und Energiebedarf, um die PFAS-Moleküle zu knacken.

Für Marquardt bedarf es deswegen vor einer möglichen Anwendung des Verfahrens in der Praxis einer umfassenden Bewertung unter Einbeziehung aller Umweltaspekte. Dazu dürfte neben Fragen nach der tatsächlichen Harmlosigkeit der Abbauprodukte sicher auch die Frage nach den anfallenden Kosten gehören.

Fachleute sehen auf der einen Seite zwar die Brisanz dieser neuen Ergebnisse, warnen aber gleichzeitig vor zu hohen Erwartungen. „Denn PFAS sättigen bereits unsere Luft, unser Wasser und unseren Körper. Wenn wir nicht vorhaben, jeden Tropfen Ozean, jedes bisschen Atmosphäre und jeden Tropfen menschlichen Bluts zu filtern, bleiben PFAS übrig und sie werden uns weiterhin schaden“, wie Anna Ruth Robuck, promovierte Umweltchemikerin und PFAS-Expertin aus den USA, auf Twitter dazu schreibt.

Das gilt für Mittelbaden genauso, denn auch dort haben die Betroffenen PFAS im Blut, das durch die neuen Erkenntnisse nicht schneller verschwinden wird.

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