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Meinung

von Martin Ferber

Recht auf Gleichbehandlung wiegt schwer

Bundesverfassungsgericht muss über staatliche Zuschüsse für AfD-Stiftung entscheiden

Mit dem Wiedereinzug in den Bundestag kann die AfD an der staatlichen Finanzierung der parteinahen Stiftungen teilnehmen. Noch verweigern die anderen Parteien die Zuschüsse. Die AfD hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen.

15.01.2019, Baden-Württemberg, Karlsruhe: Licht brennt vor der mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit von Hartz-IV-Sanktionen vor dem Bundesverfassungsgericht in dem Gerichtsgebäude. Das Sozialgericht Gotha hält die Praxis, nach der Hartz-IV-Empfängern Leistungskürzungen drohen, wenn sie ihren Pflichten nicht nachkommen, für verfassungswidrig. Foto: Sebastian Gollnow/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Geld für die AfD? Einen Eilantrag hat das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, doch im Oktober will es über die Zuschüsse für die parteinahe Stiftung entscheiden Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archiv

Desiderius Erasmus von Rotterdam würde sich im Grab umdrehen. Dass eine intolerante, Minderheiten ausgrenzende, gegen Andersaussehende, Andersdenkende und Andersgläubige hetzende völkisch-nationalistische Partei wie die AfD ihre parteinahe Stiftung ausgerechnet nach ihm benannt hat, ist an Zynismus kaum zu überbieten.

Denn der große Humanist, Theologe und Philosoph war vor 500 Jahren in jeder Beziehung das Gegenteil von dem, wofür die AfD heute steht: Ein kosmopolitischer Denker, der Wert auf Neutralität und Toleranz legte, Christen, Juden und Muslime gleichermaßen achtete und mit seinen Schriften zu den Wegbereitern der europäischen Aufklärung wurde.

Wehren kann sich Erasmus nicht. Die AfD missbraucht seinen Namen und hängt sich mit ihrer Desiderius-Erasmus-Stiftung ein humanistisches Mäntelchen um, mit dem sie ihre antihumanistische und antiliberale Gesinnung verdecken will. Und damit nicht genug.

Obwohl die Partei bei ihrer Gründung ein Gegenentwurf zu den bekämpften etablierten Altparteien sein wollte und die Staatsfinanzierung der parteinahen Stiftungen kategorisch ablehnte, will sie nun, wie alle anderen Parteien auch, Steuergeld vom Staat für ihre Stiftung, um damit deren politische Arbeit zu finanzieren.

AfD ist keine politische Eintagesfliege

Die Chancen dafür stehen gut. Nach geltendem Recht hat die AfD mit ihrem Wiedereinzug in den Bundestag den Beweis erbracht, keine politische Eintagesfliege zu sein, sondern sich dauerhaft im Parteiengefüge zu etablieren. Damit steht ihr im Grundsatz die Staatsknete zu.

Doch die anderen Parteien weigern sich, im Bundesetat Mittel für die Desiderius-Erasmus-Stiftung zur Verfügung zu stellen, was die AfD nicht akzeptiert. Sie hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen, sieht den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.

Einen Eilantrag der Partei hat Karlsruhe nun abgelehnt, in dem Antrag sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass das Recht auf Chancengleichheit, auf das die AfD poche, auch vorläufige Zahlungsverpflichtungen an die Stiftung umfasse.

Staatsmittel dürfen nicht willkürlich vergeben werden

Entschieden ist damit noch nichts, für Ende Oktober haben die Hüter der Verfassung eine mündliche Verhandlung angesetzt. Den etablierten Parteien wird es schwerfallen, ihre Weigerung zu begründen. Das Recht auf Gleichbehandlung hat großes Gewicht. Staatsmittel können und dürfen nicht nach Willkür nach Gesinnung vergeben werden, auch wenn der Verfassungsschutz die gesamte Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat und nun auch mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht.

Solange sie aber nicht verboten ist, muss sie wie jede andere Partei behandelt werden. Bekämpft werden kann die AfD nur politisch – nicht mit dem Geldhahn. Alles andere entscheiden die Wähler.

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