Desiderius Erasmus von Rotterdam würde sich im Grab umdrehen. Dass eine intolerante, Minderheiten ausgrenzende, gegen Andersaussehende, Andersdenkende und Andersgläubige hetzende völkisch-nationalistische Partei wie die AfD ihre parteinahe Stiftung ausgerechnet nach ihm benannt hat, ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Denn der große Humanist, Theologe und Philosoph war vor 500 Jahren in jeder Beziehung das Gegenteil von dem, wofür die AfD heute steht: Ein kosmopolitischer Denker, der Wert auf Neutralität und Toleranz legte, Christen, Juden und Muslime gleichermaßen achtete und mit seinen Schriften zu den Wegbereitern der europäischen Aufklärung wurde.
Wehren kann sich Erasmus nicht. Die AfD missbraucht seinen Namen und hängt sich mit ihrer Desiderius-Erasmus-Stiftung ein humanistisches Mäntelchen um, mit dem sie ihre antihumanistische und antiliberale Gesinnung verdecken will. Und damit nicht genug.
Obwohl die Partei bei ihrer Gründung ein Gegenentwurf zu den bekämpften etablierten Altparteien sein wollte und die Staatsfinanzierung der parteinahen Stiftungen kategorisch ablehnte, will sie nun, wie alle anderen Parteien auch, Steuergeld vom Staat für ihre Stiftung, um damit deren politische Arbeit zu finanzieren.
AfD ist keine politische Eintagesfliege
Die Chancen dafür stehen gut. Nach geltendem Recht hat die AfD mit ihrem Wiedereinzug in den Bundestag den Beweis erbracht, keine politische Eintagesfliege zu sein, sondern sich dauerhaft im Parteiengefüge zu etablieren. Damit steht ihr im Grundsatz die Staatsknete zu.
Doch die anderen Parteien weigern sich, im Bundesetat Mittel für die Desiderius-Erasmus-Stiftung zur Verfügung zu stellen, was die AfD nicht akzeptiert. Sie hat daher das Bundesverfassungsgericht angerufen, sieht den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.
Einen Eilantrag der Partei hat Karlsruhe nun abgelehnt, in dem Antrag sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass das Recht auf Chancengleichheit, auf das die AfD poche, auch vorläufige Zahlungsverpflichtungen an die Stiftung umfasse.
Staatsmittel dürfen nicht willkürlich vergeben werden
Entschieden ist damit noch nichts, für Ende Oktober haben die Hüter der Verfassung eine mündliche Verhandlung angesetzt. Den etablierten Parteien wird es schwerfallen, ihre Weigerung zu begründen. Das Recht auf Gleichbehandlung hat großes Gewicht. Staatsmittel können und dürfen nicht nach Willkür nach Gesinnung vergeben werden, auch wenn der Verfassungsschutz die gesamte Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat und nun auch mit geheimdienstlichen Mitteln überwacht.
Solange sie aber nicht verboten ist, muss sie wie jede andere Partei behandelt werden. Bekämpft werden kann die AfD nur politisch – nicht mit dem Geldhahn. Alles andere entscheiden die Wähler.