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„Mehr als schmerzvoll“

Der Mannheimer Anti-Atom-Aktivist Jochen Stay ist tot

Die Anti-Atomkraft-Bewegung verliert eine ihrer führenden Persönlichkeiten: Der Mannheimer Aktivist Jochen Stay ist gestorben. Ein Nachruf.

Unerbittlicher Antreiber: Jochen Stay prangerte immer wieder Fehlentwicklungen aus seiner Sicht an, hier bei einer Pressekonferenz zur Endlagerung von Atommüll.
Jochen Stay prangerte immer wieder Fehlentwicklungen aus seiner Sicht an, hier bei einer Pressekonferenz zur Endlagerung von Atommüll. Foto: Kay Nietfeld picture alliance/dpa

Wirklich gute Aktivisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie unbequem sind. Dass sie sich häufiger zu Wort melden, als es ihren Gegnern und der Allgemeinheit lieb ist. Einfach gesagt: Wer Aktivist ist, muss die Menschen auch mal nerven können. Am Ende steht dafür aus Sicht der Engagierten auch der ein oder andere Erfolg.

Die Anti-Atom-Kraft-Bewegung hat viele Erfolge Jochen Stay zu verdanken, der sich immer und immer wieder meldete. Auf seine Stimme muss die Bewegung verzichten. Der gebürtige Mannheimer starb am Samstag im Alter von 56 Jahren, wie die Organisation „ausgestrahlt“ am Dienstag mitteilte.

„Jochen war sich bewusst, dass seine bestehende Herzerkrankung sein Leben irgendwann abrupt beenden könnte“, schreibt die Organisation. Bis zuletzt habe man mit ihm noch die Aktionen der kommenden Monate geplant. Mit Brokdorf, Grohnde und Gundremmingen gehen Ende des Jahres drei Kernkraftwerke vom Netz, eine Feierstunde für die Aktivisten. „Dass er diesen Moment nun nicht mehr erleben und mit uns feiern kann, trifft uns mehr als schmerzvoll“, heißt es.

Auf seinen Aufruf hin kamen 120.000 Menschen

Mit ihm geht einer der führenden Köpfe der Anti-Atomkraft-Bewegung. „Der Spiegel“ schrieb über ihn: „Ein Leben, eine Mission“. Stay, der in Mannheim Germanistik und Politikwissenschaft studierte, war in den 1980ern zunächst an gewaltfreien Blockaden des Pershing-Depots im baden-württembergischen Mutlangen beteiligt.

Über die Auseinandersetzung um die Wiederaufarbeitungsanlage für abgebrannte Brennstäbe aus Kernreaktoren in Wackersdorf stieß er Mitte der 1980er Jahre zur Anti-Atomkraft-Bewegung. Ab Mitte der 1990er Jahre organisierte er gewaltfreie Sitzblockaden gegen Castor-Transporte, an denen sich Tausende beteiligten.

2008 gründete er in Hamburg die Organisation „ausgestrahlt“. Ein Höhepunkt seines Wirkens war eine 120 Kilometer lange Menschenkette zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel und Krümmel. Auf Stays Aufruf hin formierten sich am 24. April 2010 rund 120.000 Menschen entlang der Elbe, um gegen die Verlängerung von Akw-Laufzeiten zu protestieren.

Zuletzt hatte er sich auch bei der Suche nach einem Atommüll-Endlager eingeschaltet. „Dieses Verfahren wird seinen Ansprüchen nicht gerecht“, hatte Stay betont und mehr Rechte für Betroffene eingefordert.

Für einen Abschied sammelt „ausgestrahlt“ Erinnerungen an Stay, die per Mail an jochen@ausgestrahlt.de eingesendet werden können.

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