
Die Vorgehensweise ist skrupellos und brandgefährlich: Bei der Sprengung von Geldautomaten werden immer wieder auch Unbeteiligte mit hineingezogen. Zuletzt am Wochenende in Wiernsheim (Enzkreis), wo die flüchtenden Täter einen Unfall verursachten, bei dem drei Menschen schwer verletzt wurden.

Nicht nur bei der Flucht gehen die Täter rücksichtslos vor, auch die Sprengungen selbst können für Unschuldige schlimme Folgen haben – etwa, wenn sie durch umherfliegende Splitter getroffen werden.
Um das Verbrechen und die Vorgehensweise der Täter besser zu verstehen, geht die Polizei Baden-Württemberg jetzt selbst unter die Automatensprenger.
Geldautomaten-Sprengungen sind auch für Unbeteiligte lebensgefährlich
Die Zahl der Geldautomaten-Sprengungen ist im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg um 40 Prozent gestiegen. Es wurden 34 Fälle verzeichnet, bei denen Geldautomaten gesprengt wurden, heißt es vom Landeskriminalamt (LKA). Elf davon blieben im Versuchsstadium, verliefen also für die Täter nicht erfolgreich.
Insgesamt erbeuteten die Täter 2022 knapp zwei Millionen Euro. Der Sachschaden ist laut Polizei weitaus höher. Das Innenministerium Stuttgart forderte im Sommer die schnellstmögliche Umsetzung wirksamer Präventionsmaßnahmen.
„Von Bedeutung sind dabei insbesondere solche Maßnahmen, die den Zugang zum enthaltenen Bargeld erschweren oder dieses im Falle einer erfolgreichen Sprengung durch Einfärben oder Verkleben wertlos machen“, heißt es.
Test-Sprengungen in einem alten Steinbruch
Expertinnen und Experten des LKA sind jetzt dabei, in einem Steinbruch in Weinsheim, selbst auch Geldausgabeautomaten zu sprengen.
Für diese Testsprengungen nutzten sie mehrere ausrangierte Geräte. Es geht nach Angaben der Polizei darum, das Gefahrenpotenzial aufzuzeigen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
So werde etwa untersucht, welchen Einfluss eine Sprengung auf die Verfärbungs- und DNA-Flüssigkeitstechniken in den Automaten hat.
Dieses Verfahren wurden jüngst als neue Sicherheitstechnik eingeführt. Ferner untersuchten die Sprengexperten das Druck- und Splitterverhalten bei Sprengungen.
Erkenntnisse sind wichtig für die Festlegung der Strafe
Das ist nach Angaben der Polizei in strafrechtlicher Hinsicht von Belang, da sich die konkreten Gefahren für unbeteiligte Personen auch auf das Strafmaß für die Täterinnen und Täter auswirken.
„Aufgrund der Skrupellosigkeit und Gemeingefährlichkeit bei dieser Tatausführung kann bei einer dadurch verursachten Gefährdung von Personen auch die Prüfung eines versuchten Tötungsdeliktes in Betracht kommen“, heißt es in einer Mitteilung der Polizei.
Eine der Grundlagen der Testsprengungen ist eine Vereinbarung zwischen den Banken und Sparkassen in Baden-Württemberg zur Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Polizei. Ziel ist es, die bestehende Kooperation gegen Angriffe auf Geldautomaten zu erweitern.
Bei den Sprengungen arbeiten Polizei und Bank Hand in Hand
Expertinnen und Experten des LKA unterstützen die Banken und Sparkassen bei den Risiko- und Gefährdungsanalysen für die Geldautomaten in Baden-Württemberg. „Wir haben schnell reagiert und diesen wichtigen Schulterschluss mit den Banken und Sparkassen geschlossen“, so LKA-Präsident Andreas Stenger.
Wir gehen die Bekämpfung gemeinsam mit den Banken und Sparkassen entschlossen an.Andreas Stenger
Präsident des LKA
Gemeinsame Sicherheitsgespräche sowie individuelle und zielgenaue Präventionsmaßnahmen minderten das Risiko einer Sprengung erheblich. „Wir gehen die Bekämpfung dieser rücksichtslosen Taten gemeinsam mit den Banken und Sparkassen entschlossen an“, ergänzte Stenger.
Highspeed-Kameras filmen Sprengung
Bereits im September standen die ersten Testsprengungen an. Entschärfungskräfte des Kriminaltechnischen Institutes des LKA BW nutzten hierfür einen Steinbruch in Weinheim.
Ein Expertenteam des Bundeskriminalamtes (BKA) unterstützte und filmte die Testsprengungen mit einer Highspeed-Kamera und lieferte so eindrückliche Details und Erkenntnisse, die helfen werden, die Sicherheitstechnik weiter zu optimieren.
„Solche Testsprengungen von Geldautomaten helfen uns, denn wir gewinnen so weitere wertvolle und belastbare Erkenntnisse, die wir in der technischen Prävention nutzen und gezielt in unsere sicherungstechnische Beratungsleistung einbringen können. Dadurch gelingt es uns insgesamt, bestehende Präventionskonzepte noch passgenauer auf die speziellen Erfordernisse dieses Phänomens und die Sicherheitsbedürfnisse der Banken und Sparkassen auszurichten“, erklärte Stenger.