Viele Handwerker haben in Altbauten immer wieder mit asbesthaltigem Material zu tun. In der Ausbildung spielt das Thema trotzdem keine große Rolle.
Die Handwerkskammer Karlsruhe (HWK) hat ihr Angebot zur Information und Weiterbildung aber zuletzt ausgebaut und führt seit einiger Zeit eine Liste sachkundiger Betriebe.
Im Interview erläutert Ute Matysek, die Umweltberaterin der Kammer, welche Rolle Asbest für viele Betriebe derzeit spielt.
Lange war Asbest vor allem unter Dachdeckern ein großes Thema. Heute weiß man, dass viele weitere Branchen damit in Kontakt kommen können. Sind diese dafür ausreichend sensibilisiert?
Ute MatysekSie haben jedenfalls viele Wege, um sich zu informieren. In Karlsruhe startete im Oktober eine Reihe zum Thema, initiiert von den Handwerkskammern in Baden-Württemberg. Gemeinsam mit dem Umweltministerium und den Regierungspräsidien werden darin für alle Gewerke aktuelle Entwicklungen und praxisbezogene Handlungshilfen aufgezeigt. Informationen gibt es auch über die Berufsgenossenschaften, Fachverbände und Innungen.
Für die Bürger hat das Umweltministerium in Stuttgart gemeinsam mit dem Handwerkstag eine Kampagne gestartet. Sie möchte den Betrieben Unterstützung beim ersten Gespräch vor einer Sanierungsmaßnahme geben. Den Flyer können Betriebe an Kunden weitergeben und unter anderem auf die Haftung des Eigentümers hinweisen.
Auf der Webseite der HWK listen Sie Betriebe auf, die über entsprechende Sachkunde im Umgang mit Asbest verfügen. Die Gesamtzahl der Betriebe ist weit größer. Gibt es hier Nachholbedarf?
MatysekDie Liste ist noch relativ neu. Hintergrund waren häufige Anfragen von Bürgern, die auf der Suche nach Betrieben mit sachkundigen Mitarbeitern waren. Für die Kunden ist es eine schnelle Möglichkeit, Kontakt mit Betrieben in der Nähe aufzunehmen. Für die Betriebe ist es eine Möglichkeit, ihr Angebot in diesem Bereich zu präsentieren. Die Auflistung ist am Wachsen, wir pflegen die Liste regelmäßig. Aber die Eintragung ist freiwillig. Es gibt unterschiedliche Gründe, sich nicht listen zu lassen, zum Beispiel, wenn Asbest kein Tätigkeitsschwerpunkt oder der Betrieb ohnehin ausgelastet ist.
Wie groß ist das Interesse an Weiterbildungsmöglichkeiten?
MatysekDie HWK bietet jährlich zwei bis drei Sachkundekurse an. Die dürfen mit höchstens 20 Personen belegt werden, um eine gute Wissensvermittlung zu garantieren. Sie sind immer ausgebucht. Auch das Interesse an eintägigen Auffrischungskursen ist groß. Die müssen alle sechs Jahre besucht werden. Weil die Sachkunde personenbezogen ist, schicken Betriebe nach einem Wechsel oft die neuen Kolleginnen und Kollegen, um weiterhin sachkundiges Personal für Arbeiten mit Asbest im Betrieb zu haben.
Mit Blick auf den Sanierungsbedarf im Altbestand: Wie wichtig ist es, das eigentlich viele Jahre alte Thema aktuell zu halten?
MatysekSehr wichtig. Auch wenn Asbest nicht mehr eingesetzt werden darf, kann er im Zuge von Arbeiten an asbestbelasteten Bauteilen freigesetzt werden und ist damit weiterhin eine Gefahr für alle Beteiligten. Erschwerend kommt hinzu, dass bislang noch keine detaillierten Angaben zur Verbreitung von Asbest in Bauprodukten vorliegen. Es besteht weiterer Aufklärungsbedarf, wann, wo und in welchem Ausmaß Asbest in Deutschland verbaut wurde.
Die fachgerechte Behandlung und Entsorgung von Asbest kostet Geld. Wie groß ist die Versuchung, hier ein Auge zuzudrücken, um keine Kunden zu verlieren?
MatysekGesundheit geht vor. Dieses Vorgehen verliert sehr schnell seinen Reiz, wenn es um die eigene Gesundheit geht. Sowohl für die Kunden als auch für die Handwerksbetriebe und ihre Mitarbeitenden. In solchen Fällen stehen natürlich auch Bußgelder und Schadensersatzforderungen im Raum, selbst wenn man unwissentlich mit Asbest hantiert und eine Freisetzung verursacht hat.