
Affen sind geil. Ganz klar: Wer sich heute noch an Zeilen wie diese aus dem Song „Geil!“ (1986) von Bruce and Bongo erinnert, ist fit für die neue 80er-Jahre-Schau im Karlsruher Schloss. Doch will das Badische Landesmuseum mit dieser Erlebnisausstellung Jüngere und Ältere gleichermaßen ansprechen.
„Sie sind wieder da!“, heißt es im Untertitel. Die einen feiern nämlich gerade ein Revival, die anderen haben die Zeiten wirklich erlebt. Und es gibt etliche Parallelen zum Heute in Mode, Filmen und Musik.
Prägend waren aber auch damals schon Debatten um Krisen und Klima. All dies wollen die Ausstellungsmacher im Schloss von 17. Juni 2023 bis 25. Februar 2024 nicht nur zeigen, sondern auch mit Sounds eintauchen lassen in die aufregende Zeit um Nena, den Kalten Krieg und der Angst vor der Atombombe.

Die Cover von knapp 100 repräsentativen Langspielplatten oder Single-Alben aus dem SWR-Archiv zieren eine Wand. Über QR-Codes und das eigene Smartphone kann man sich die entsprechende Playlist in die Ohren holen.
Der erste Raum ist dem asphaltierten Stadtraum der 80er gewidmet, samt Sound-Collage und Graffiti. Hier geht es um die durchaus grauen Aspekte dieser Dekade vom Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986 bis zum Waldsterben und Protesten gegen die Aufrüstung. Bunt und schrill wird es im zweiten Raum. Dort sind auch Kultobjekte von Prominenten sind zu sehen. Und der Ausstellungskatalog ist gestaltet wie ein Magazin im „Spiegel“-Format (Preis der Museumsausgabe: sechs Euro).
Spider Muphy Gang spielt Open-Air-Konzert zum Auftakt am Karlsruher Schloss
Die Pforten öffnen am Samstag. Los geht es aber schon am Abend zuvor (16. Juni): Die Kultband „Spider Murphy Gang“ aus München mit Frontmann Günther Sigl, der in Karlsruhe aufwuchs, will bei einem Open-Air-Konzert ab 20 Uhr vor dem Schloss die Nostalgie der 80er-aufleben lassen.
Zauberwürfel, Game Boy, Walkman oder Ghettoblaster: Bis 25. Februar 2024 erinnern rund 300 Exponate an ein besonders ereignisreiches Jahrzehnt in der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Dazu gehören aber auch Zeugnisse von Ereignissen: der geblümte Helm der Grünen-Politikerin Petra Kelly etwa von der Mutlanger „Promiblockade“ gegen die Stationierung von Mittelstreckenraketen. Oder auch eine Lederjacke von Scorpions-Sänger Klaus Meine, die er im September 1989 bei einem Auftritt in Moskau trug.
Erinnerung an eine widersprüchliche Dekade
Hypes und Trends zeichnen das Bild der Dekade ebenso wie gesellschaftliche und politische Bewegungen. Vokuhila und Dauerwelle sind angesagte Frisuren. Aerobic und Break Dance formen die Körper. Popmusik schillert zwischen Kitsch und Rebellion.
Zugleich erschütterte der Reaktorunfall in Tschernobyl im Jahr 1986 die Gesellschaft und läutete die Ära der Anti-Atomkraft-Proteste ein. Auch die Entwicklungen bis zum Mauerfall prägen dieses Jahrzehnt voller Extreme, Umbrüche und Innovationen.
Es geht zurück in eine Zeit, in der unsere Gegenwart noch Zukunft war. Errungenschaften von heute steckten damals noch in Kinderschuhen, weckten Sehnsucht und markierten den Auftakt in eine digitale Zukunft.

Der nostalgische Rückblick auf die Zeit von damals lässt die vielen Widersprüche dieser Zeit in neuem Licht erscheinen. Proteste gegen Konsum prallen auf Konsum in großem Ausmaß. Mediale Trends und Freizeitvergnügungen werden weltweit vermarktet. Die Gesellschaft individualisiert sich zugleich zunehmend.
Es ist die Zeit des Kalten Krieges, der Olympia-Boykotte und der Moment, in der sich die Gesellschaft mutig zu einer protestierenden Öffentlichkeit entwickelt: gegen Aufrüstung, Umweltverschmutzung und die Reformunwilligkeit erstarrter Systeme.
Zurück in die Karlsruher Disco K5
Auch damalige Akteure der Region Karlsruhe bringen sich mit ihren künstlerischen Arbeiten aktiv ein: Andreas Hella reinszeniert eine Wandmalerei der 80er im Ausstellungsraum. Sein Werk versetzt in die Atmosphäre der ehemaligen Karlsruher Disco K5 in der Kronenstraße.
Fotografien dokumentieren diese Dekade. Highlight sind Leihgaben und Kultobjekte von Prominenten, die das Jahrzehnt in BRD und DDR geprägt haben.
Gitarre von Udo Lindenberg und Goldmedaille von Steffi Graf
Ein T-Shirt der heutigen Landesbischöfin Heike Springhart mit der Aufschrift „Ich bin ein Störfall!“ symbolisiert die Anti-Atomkraft-Proteste.
Die Gitarre von Udo Lindenberg, das Schlagzeug von Punk-Ikone Elke Käthe Kruse und die Lederjacke von Scorpions-Sänger Klaus Meine stehen für unvergessliche Rockkonzerte, aber auch für die politische Sprengkraft der Musik. Und Steffi Grafs Goldmedaille für den Golden Slam zeigt, wie politisiert die 80er selbst im Sport waren.
„Aus Spaß wurde Ernst. Und jetzt haben wir eine Ausstellung“, sagte Museumsdirektor Eckart Köhne bei der Pressekonferenz am Mittwoch zur Entstehung der Schau aus einer spontanen Idee des Museumskollegiums, in die eigene Jugend zu reisen. Brigitte Heck und als Gastkurator Martin Wacker haben die Ausstellung konzipiert und aus der Qual der Wahl übersprudelnder Assoziationen und vielen faszinierenden Facetten der schillernden Dekade eine kluge Auswahl getroffen.
Noch sind Vitrinen frei für eigene Objekte
Sie ermöglicht mehr noch als das Wieder-Erlebnis – hierzu fehlen schlicht Sounds, Gerüche und vor allem das Fehlen des Internets – die Sehnsucht nach dem eigenen Plattenschrank, Fotoalben, selbst aufgenommener Kassetten und dem ein oder anderen guten alten Filmeabend. Und wer die Ausstellung bereichern will, kann seine Objekte mitbringen. Noch sind Vitrinen frei!