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Sex-Frist außerhalb einer Partnerschaft

Blutspendeverbot für Schwule soll gelockert werden

Um die Gefahr einer HIV-Infektion durch eine Blutspende auszuschließen, gilt ein Blutspendeverbot für schwule Männer. 2017 wurde es erstmals gelockert, nun zeichnet sich eine weitergehende Freigabe ab. Doch Aktivisten reicht das nicht.

Martina Schimm, Mitarbeiterin des Blutspendezentrums des Deutschen Roten Kreuzes, nimmt während einer Spende eine Probe. Spenderblut ist auch in der Corona-Pandemie wichtig. Darauf will NRW-Gesundheitsminister Laumann mit Vertretern des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Uniklinik aufmerksam machen. +++ dpa-Bildfunk +++
Blutspenden verboten: Schwule Männer dürfen nur dann spenden, wenn sie zwölf Monate lang keinen Sex hatten. Nun soll das auf vier Monate verkürzt werden. Foto: Marius Becker picture alliance/dpa

Lucas Hawrylak, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim SPD-Bundestagsabgeordneten Frank Junge aus Mecklenburg-Vorpommern und nach eigenen Angaben „LSBTTIQ-Aktivist“, versteht es nicht: „Ich bin schwul, darf heiraten, Kinder adoptieren und Organe spenden, aber mein Blut soll zu schmutzig zum Spenden sein?“

Darum hat der 29-Jährige auf der unabhängigen Petitionsplattform „change.org“ eine Kampagne unter dem Motto „#RegenbogenblutTutGut“ gestartet, in der er die komplette Abschaffung des Blutspendeverbots für schwule, bi- und transsexuelle Männer fordert.

Zwar dürfen Angehörige dieser Personengruppe seit einer ersten Lockerung im Jahr 2017 Blut spenden – aber nur, wenn sie zwölf Monate lang keinen Sex mit anderen Männern hatten. Mit dieser Diskriminierung müsse endgültig Schluss sein, fordert Hawrylak. Und er rennt mit seinem Anliegen offene Türen ein – mehr als 67.000 Menschen haben sich bis zum Dienstag bereits seiner Petition angeschlossen.

Vier-Monats-Frist in puncto Sex für schwule Männer soll kommen

Und auch auf der fachlichen wie politischen Ebene scheint Bewegung in die Sache zu kommen. Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums auf BNN-Anfrage bestätigte, empfiehlt eine Arbeitsgruppe, der Vertreter des Ministeriums, des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), des Robert-Koch-Instituts (RKI), des „Arbeitskreises Blut“ und des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesärztekammer (BÄK) angehören, eine weitere Lockerung.

Demnach sollen Männer, die in einer festen Partnerschaft mit einem anderen Mann leben, dann Blut spenden dürfen, wenn sie seit mindestens vier Monaten mit niemand anderem als ihrem Partner Sex hatten.

Schwule Männer außerhalb einer Partnerschaft müssen nur noch vier statt bisher zwölf Monate keinen Sex gehabt haben, um Blut spenden zu dürfen. „Eine Zulassung zur Spende vier Monate nach Beendigung des sexuellen Risikoverhaltens führt nicht zu einer Erhöhung des Risikos für die Empfängerinnen und Empfänger von Blut und Blutprodukten“, teilte das Gesundheitsministerium gegenüber unserer Zeitung mit.

Wie dies allerdings kontrolliert werden soll, bleibt offen. Eine Überprüfung der Selbstauskunft durch staatliche Stellen ist nicht geplant – und auch nicht zulässig. Allerdings gilt die Selbstauskunft als eidesstattliche Erklärung – wer lügt und auffliegt macht sich strafbar.

In anderen Ländern gilt eine Drei-Monats-Frist vor der Blutspende

Das Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer war als Folge der Immunschwächekrankheit Aids in den 80er Jahren eingeführt und 2017 gelockert worden. Für die „Deutsche Aidshilfe“ ist diese Regelung diskriminierend, die Ein-Jahres-Frist entbehre jeglicher fachlichen Grundlage und sei willkürlich gewählt.

Sie fordert stattdessen einen Zeitraum, der sich am „diagnostischen Fenster“ orientiere. So lasse sich mit einem gängigen Antikörpertest eine HIV-Infektion nach sechs Wochen ausschließen. Andere Länder hätten zudem andere Fristen. So haben die USA vor kurzem eine Drei-Monats-Regel eingeführt, wie sie beispielsweise in England, Schottland und Wales schon besteht.

Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Lucas Hawrylak, Aktivist

Gegenüber den BNN nannte Lucas Hawrylak die geplante Lockerung einen „Schritt in die richtige Richtung“, allerdings sei es „noch lange nicht das Non-plus-Ultra“.

Aktivist: Heterosexuelle werden nur unzureichend nach Sexualleben befragt

Er plädierte dafür, ebenfalls eine Drei-Monats-Frist einzuführen. Zudem bemängelte er, dass heterosexuelle Blutspender nur unzureichend nach ihrem Sexualleben befragt werden und ausschweifend leben könnten, ohne dass dies Konsequenzen für die Blutspende habe.

Wie das Gesundheitsministerium mitteilte, kann die geplante Lockerung voraussichtlich im Herbst in Kraft treten, „wenn eine zustimmende Kenntnisnahme durch den Arbeitskreis Blut und den Vorstand der Bundesärztekammer erfolgt ist“.

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