Im Grunde ist es ganz einfach. 60,4 Millionen Bundesbürger – 31,2 Millionen Frauen und 29,2 Millionen Männer, unter ihnen 2,8 Millionen Erstwähler – sind an diesem Sonntag aufgerufen, einen neuen Bundestag zu wählen.
Wie groß der neue Bundestag wird, ist allerdings völlig offen. Das bisherige Parlament hatte mit 709 Abgeordneten bereits eine Rekordgröße, nun könnten es sogar 800 Abgeordnete oder noch mehr werden.
Das hängt mit den Besonderheiten des deutschen Wahlrechts zusammen, das zwar kurz vor Ende der Legislaturperiode reformiert wurde, dennoch einen XXXL-Bundestag nicht verhindern könnte.
Baden-Württemberg stellt im neuen Bundestag 77 Abgeordnete
Eigentlich hat der Bundestag eine Sollgröße von 598 Sitzen. Diese werden entsprechend dem Zweitstimmenergebnis unter den Parteien aufgeteilt. 299 Sitze gehen unmittelbar an die mit der Erststimme direkt gewählten Abgeordneten, die weiteren 299 Parlamentarier ziehen entsprechend ihrer Platzierung auf den jeweiligen Landeslisten ihrer Parteien in den Bundestag ein.
Bereits im Frühjahr war vom Bundeswahlleiter festgelegt worden, wie viele Sitze auf die 16 Bundesländer entfallen. So stellt Baden-Württemberg 77 Abgeordnete, Rheinland-Pfalz 30, Hessen 43 oder Bayern 93.
Das Problem der Überhangmandate
Das Problem: Gewinnt eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate, als ihr eigentlich aufgrund des Zweitstimmenergebnisses zustehen, entstehen Überhangmandate, das heißt, der Bundestag hat in jedem Fall mehr als 598 Abgeordnete.
Bei der letzten Wahl 2017 erzielten CDU und CSU 43 Überhangmandate und die SPD drei. 2013 gab es lediglich vier, 2009 dagegen 24 Überhangmandate.
Sitzverteilung im Bundestag muss dem Zweitstimmenergebnis entsprechen
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts müssen diese Überhangmandate in einem komplizierten Verfahren durch Ausgleichsmandate kompensiert werden. Damit wird gewährleistet, dass die Sitzverteilung im Bundestag exakt dem Zweitstimmenergebnis entspricht.
Das hatte vor vier Jahren zur Folge, dass die 46 Überhang- zu weiteren 65 Ausgleichsmandaten für alle im Bundestag vertretenen Parteien führten, weshalb der Bundestag nicht 598, sondern 709 Abgeordnete hatte.
Um zu verhindern, dass der neue Bundestag ähnlich groß oder noch größer wird, beschlossen CDU/CSU und SPD kurz vor Ende der Legislaturperiode eine Reform des Wahlrechts. Demnach werden drei Überhangmandate pro Partei nicht ausgeglichen, zudem werden Überhangmandate in einem Bundesland mit den Listenplätzen dieser Partei in anderen Bundesländern zum Teil verrechnet.
In der kommenden Legislaturperiode soll dann in einem zweiten Schritt die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 reduziert werden. Ob die Reform des Wahlrechts verfassungsgemäß ist, entscheidet das Bundesverfassungsgericht erst nach der Wahl in der Hauptsache, im Eilverfahren hat es das Gesetz der Großen Koalition gebilligt.
Wie groß wird der neue Bundestag? Entscheidend ist das CSU-Ergebnis
Wie groß der neue Bundestag nach dieser Reform wird, ist schwer vorherzusagen. Möglich sind Größen zwischen 650 und 850 Abgeordneten. Entscheidend ist das Abschneiden der CSU in Bayern. Sollte sie wie bei den letzten Wahlen so gut wie alle 46 Direktmandate im Freistaat gewinnen, aber nur, wie in den Umfragen prognostiziert, etwa 30 Prozent der Zweitstimmen erhalten, entsteht ein deutlicher Überhang.
Davon würden alle anderen im Bundestag vertretenen Parteien profitieren, da entsprechend mehr Kandidaten über die Landeslisten in den Bundestag einziehen, bis das Kräfteverhältnis nach dem Zweitstimmenergebnis wieder hergestellt ist. Denn da die CSU nur in Bayern antritt, kann keine interne Verrechnung über andere Landeslisten hergestellt werden, CSU-Überhangmandate müssen also komplett kompensiert werden.
Nach Berechnungen könnte je nach Zweitstimmenergebnis der Parteien ein Überhangmandat der CSU bis zu 19 Ausgleichsmandate für alle anderen Parteien zur Folge haben. Demnach würde jedes Überhangmandat die Steuerzahler in der kommenden Legislaturperiode rund 40 Millionen Euro kosten.