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Meinung

von Alexei Makartsev

Russlands Wahl

Kalte Füße im Kreml: Putin schaltet Konkurrenz aus

Putin sichert sich die Macht bis 2030, doch der Ausschluss seines bekanntesten Wahlrivalen Boris Nadeschdin zeigt eine Systemschwäche auf.

Dieses von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik via AP veröffentlichte Foto zeigt Wladimir Putin, Präsident von Russland, im Kreml.
Wladimir Putin will nicht einfach nur die Wahl in etwa einem Monat wieder gewinnen, er strebt offenbar auch ein überwältigendes Ergebnis an, weswegen er seinen stärksten Konkurrenten aus dem Rennen werfen lässt. Foto: Alexander Kazakov /dpa/Pool Sputnik Kremlin/AP

Seit einer Woche steht Wladimir Putin als unangefochtener und alternativloser Sieger der russischen Wahl am 17. März fest. Natürlich war es schon lange klar, dass der autoritäre Antidemokrat sich zum fünften Mal zum Präsidenten wählen lässt und frühestens im Alter von 77 Jahren den Kreml verlässt.

Aber erst mit der Disqualifizierung des oppositionellen Kandidaten Boris Nadeschdin wurde die Wahlabsicht der Moskauer Machtspitze klar. Sie hat sich für die zentralasiatische Strategie entschieden.

In Kasachstan, Usbekistan und Tadschikistan haben sich in den vergangenen drei Jahren drei Präsidenten mit 81 bis 90 Prozent der Ja-Stimmen in ihren Ämtern bestätigen lassen. Die Wahlen waren natürlich alles andere als fair, frei, demokratisch und transparent.

Doch es war den herrschenden Eliten vollkommen egal, wie ihre absurd hohen Zustimmungsraten im Ausland kommentiert werden. Das Einzige, was zählte, war die Zurschaustellung der absoluten Alternativlosigkeit ihrer Regimes und die Sicherung der Macht.

75 Prozent der Stimmen für eine Wiederwahl

Der liberale Präsidentschaftsanwärter Boris Nadeschdin darf nicht bei der Wahl in Russland antreten, weil 9.147 der 100.000 gesetzlich erforderlichen Unterschriften für seine Kandidatur ungültig sein sollen.

Zwei Tage nach seiner Ablehnung durch die zentrale Wahlkommission wurde eine Umfrage veröffentlicht, wonach 75 Prozent der Russen ihre Stimmen Putin geben möchten. Man darf annehmen, dass der angebliche Zuspruch zum Zeitpunkt der Wahl die 80-Prozent-Marke überschreiten wird.

Bei früheren Wahlen hatten Putin bescheidenere Siege mit 53 Prozent (2000) bis 76 Prozent (2018) der Stimmen gereicht. Man wollte im Kreml nicht in eine Reihe mit zentralasiatischen Diktatoren gestellt werden. Jetzt scheint das zweitrangig zu sein.

Nadeschdins Kandidatur bot der Staatsmacht die Möglichkeit auf einen dezenten, sicheren Wahlgewinn nach einem realen Wahlkampf gegen einen ernst zu nehmenden Gegner. Offensichtlich hat sich Putin dagegen entschieden.

Der Grund dafür war eine für gegenwärtige russische Verhältnisse ungewöhnlich starke Solidarität mit dem Kreml-Kritiker, der gegen den Krieg in der Ukraine eintritt. Offener Protest gegen den Staat ist im größten Flächenstaat der Welt lebensgefährlich.

Eine Unterschrift für Nadeschdin war für viele unzufriedene Russen eine einfache, sichere und legale Möglichkeit, ganz offen Nein zu Putins Politik zu sagen.

Die Bilder von den Warteschlangen bei der Unterschriftensammlung für den Herausforderer machten wiederum anderen Systemkritikern und Kriegsgegnern Mut und motivierten Nadeschdin selbst zu noch härterer Kritik.

Das wurde dem Kreml zu gefährlich, weswegen sich die Machtspitze für eine fast konkurrenzlose Scheinwahl nach dem zentralasiatischen Szenario entschied. An sich zeugt das von einer Schwäche des Putin-Systems. Es hat eine Gefahr gebannt. Nun wird sich aber der Protest gegen den alten und neuen Herrscher andere Wege suchen.

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