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Starke Öffentlichkeitsbeteiligung

Endlager für Atommüll: So sollen Bürger bei der Suche helfen

Eine Million Jahre lang soll der Atommüll in Deutschland unter der Erde eingelagert werden können. Bei der emotionalen Suche nach einem Standort soll die Bevölkerung nun deutlich mehr eingebunden werden als früher.

Es wird ein Endlager für insgesamt 1.900 Castoren gesucht.
Es wird ein Endlager für insgesamt 1.900 Castoren gesucht. Foto: Andreas Endermann dpa-avis

Welches politische System haben wir in 100 Jahren? Wie bewegen sich die Menschen in 200 Jahren fort? Es ist schwer, Vorhersagen für die ferne Zukunft zu treffen. Beim Atommüll müssen Experten eine Million Jahre in die Zukunft blicken. Hochradioaktive Abfälle sollen solange irgendwo in Deutschland unter der Erde lagern können – ohne ein Sicherheitsrisiko. Wie die Suche nach einem solchen Endlager abläuft, hat nun das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (Base) vorgestellt.

„Der Vorgang ist weltweit einmalig“, sagte Base-Präsident Wolfram König. „Öffentlichkeitsbeteiligung ist nun entscheidend.” In einem komplizierten Verfahren sollen die Bürger ab Herbst eingebunden werden, die Möglichkeit für Stellungnahmen, Nachfragen und auch Klagen haben. Bis zum Jahr 2031 soll der Standort feststehen, bis zum Jahr 2050 die insgesamt 27.000 Kubikmeter eingelagert werden können. „Ein sehr, sehr ehrgeiziges Ziel” nannte König den zeitlichen Rahmen.

Bei großer Beteiligung der Öffentlichkeit könne es selbstverständlich Verzögerungen geben, sagte König auf BNN-Nachfrage. „Aber wir haben die Hoffnung, dass durch die Beteiligung im Vorfeld Sicherheitsfragen geklärt sind und es dann Rechtssicherheit gibt.”

Ein Gorleben 2.0 soll es nicht geben. „Der Prozess bis zum Endlager war in der Vergangenheit nicht mehr nachvollziehbar”, betont König. Selbst ein Untersuchungsausschuss des Bundestags habe nicht herausfinden können, wieso sich die Politik Ende der Siebzigerjahre auf den niedersächsischen Standort Gorleben fokussiert hatte. Seitdem gab es Gerüchte, Streit, Proteste - und mittlerweile einen möglichst offenen Findungsprozess.

Sichere Lagerung für eine Million Jahre - geht das?

Es handelt sich um ein hochemotionales Thema - egal, welche Region letztlich in den Fokus genommen wird, die Verantwortlichen für die Endlager-Lösung rechnen mit Protesten. Aber die Frage, ob man den Atommüll wirklich 300 Meter unterhalb der Erde einlagern muss, ist für König geklärt: „Es gibt keine andere Lösung für diese Stoffe.”

500 Jahre lang sollen die Behälter mit dem Atommüll noch zu bergen sein, eine Million Jahre lang sollen sie sicher gelagert sein.

„Ob Castoren einlagerbar sind, ist völlig offen.” Wie sich Brennelemente und Behälter verhalten, werde gerade von Forschern untersucht. Jeder Behälter wiege um die 110 Tonnen. Wünschenswert wäre es, so König, dann müsse man die hochradioaktiven Stoffe nicht mehr anrühren. Regionen mit Bergbau und vulkanischen Aktivitäten scheiden da aus, in einem Zwischenbericht am 30. September erklären die Experten dann mit einer Landkarte und mehreren hundert Seiten, welche Regionen ausscheiden.

Dafür wertet die Bundesgesellschaft für Endlagerung derzeit geologische Daten aus. Von Oktober diesen Jahres bis Juni 2021 gibt es dann vier Fachkonferenzen mit einem neuen Gremium aus Bürgern, Wissenschaftlern, Vertretern aus Kommunen und Organisationen. Im weiteren Verlauf führen die Experten bei möglichen Regionen Erkundungsbohrungen und seismische Messungen durch. In einer dritten Phase folgt eine Gesteinsuntersuchung.

Es braucht Granit, Salzstein oder Ton. „Alle Beteiligten gehen davon aus, dass Deutschland nicht nur ein potenzielles Gestein zur Verfügung hat”, sagt König.

Auch Erdbeben, Meteoriten und Eiszeiten müssen einkalkuliert werden

Die letztlich ausgewählte Region werde dann finanziell gefördert. „Aber ein Abkaufen von Sicherheitsbedenken darf es nicht geben.” Und es wird ein Standort in Deutschland sein, wie König erklärt: „Andere Staaten, die den Finger heben, etwa Russland, tun dies aus ökonomischem Interesse.” Und das sei ein schlechter Ratgeber.

Die Planer müssen auch an Erdbeben, Meteoriten oder eine Eiszeit denken. Durch letztere können auch mal 500 Meter tiefe Täler entstehen. „Spannend” wird aus Sicht von König auch, das Wissen um den Endlager-Standort spätere Generationen weiterzugeben. Wo die hochradioaktiven Stoffe einmal lagern, sollte besser nicht nach Öl gebohrt werden.

„Ziel ist, dass sich keine der zukünftigen Generationen mit unseren hochgiftigen Hinterlassenschaften beschäftigten müssen”, sagt König. Der frühere Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz lässt durchblicken, kein Freund der Atomkraft zu sein. Vor Jahrzehnten habe es da eine Euphorie gegeben, sagt König, aber keine Antwort für die Lagerung des Atommülls. „Das können wir heute bedauern, aber wir sind in der Verantwortung, Antworten zu finden.”

Die Zeit drängt. In zweieinhalb Jahren werden die letzten Reaktoren abgeschalten und die Zulassung der Zwischenlager ist zeitlich begrenzt.

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