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Saisonstart mit Molières „Der Geizige“

„Der Geizige“ im Theater Pforzheim: Keiner entkommt dem System Harpagon

Mit einer der bekanntesten Komödien der Theatergeschichte startet das Theater Pforzheim in die Saison. In Molières „Der Geizige“ geht es darum, wie Habgier die Menschen infiziert. Premiere ist am Freitag, 22. September, im Großen Haus.

Ein Ausschnitt aus dem Stück „Der Geizige“, das das Theater Pforzheim präsentiert.  Das Foto zeigt (von links) Markus Löchner in der Hauptrolle. Neben ihm sind Jonas Matthes, Jens Peter und Jan-David Bürger zu sehen.
Geiz und was er mit den Menschen macht. Darum geht es in Molières Komödie „Der Geizige“, mit der das Pforzheimer Stadttheater die Spielzeit 2023/24 eröffnet. Das Foto zeigt (von links) Markus Löchner in der Hauptrolle. Neben ihm sind Jonas Matthes, Jens Peter und Jan-David Bürger zu sehen. Foto: Jochen Klenk

Jahrhunderte bevor der Werbeslogan „Geiz ist geil“ zum geflügelten Wort und salonfähig wurde, griff der französische Dramatiker und Schauspieler Jean-Baptiste Poquelin alias Molière eine der Untugenden auf, die schon seine Zeit prägte: die Habgier und deren zerstörerische Kraft.

Mit Molières Charakterkomödie „Der Geizige“ eröffnet das Schauspiel des Theaters Pforzheim die Spielzeit im Großen Haus. Premiere ist am Freitag, 22. September, 19 Uhr.

Das Stück wurde am 9. September 1668 im Théâtre du Palais-Royal in Paris uraufgeführt. Wie bei vielen seiner Dramen spielte Molière die Hauptfigur selbst, und sein Harpagon wurde zum Sinnbild des Geizigen schlechthin.

Mit dem Geizigen schuf er eine der bekanntesten Komödien der Theatergeschichte. Legendär ist eine Verfilmung aus dem Jahr 1980 mit Louis de Funès in der Hauptrolle, der auch Regie führte.

Der letzte Geizige stand in den 80er Jahren auf der Pforzheimer Bühne

In Pforzheim kam der Geizige in den Spielzeiten 1959/60 zur Aufführung und zuletzt in den 19980er Jahren. Nun darf das Publikum sich abermals amüsieren über eine laut Theater „bissige Abrechnung mit Besitzstreben, Habgier und der (All-)Macht des Ökonomischen“.

Im Mittelpunkt steht der berüchtigte Geizhals Harpagon, der davon überzeugt ist, dass alle nur an sein Geld wollen, das er sicherheitshalber in einer Kassette versteckt hat.

Harpagons Prinzipien: wenig ausgeben und viel einnehmen

Harpagons Maxime, möglichst wenig auszugeben und möglichst viel einzunehmen, bestimmt seine Heiratspolitik. Tochter Elise will er mit dem alten begüterten Anselme vermählen, Sohn Cléante soll eine reiche Witwe ehelichen. Für sich selbst hat er – gegen Mitgift – die schöne Mariane im Auge. Die Hochzeiten sollen schnell und billig über die Bühne gehen. Doch bei der jüngeren Generation regt sich Widerstand, und plötzlich ist die argwöhnisch bewachte Geldkassette verschwunden.

Das Theater Pforzheim hat für die Inszenierung des Geizigen Regisseur Thomas Winter verpflichtet. Dieser hat sich einen Ruf als erfolgreicher Musical-Regisseur im ganzen deutschsprachigen Raum erworben und arbeitet erstmals am Dreispartenhaus. „Molières Geiziger hat sich durch seine Fixierung aufs Geld in seinem Haus ein System geschaffen“, erklärt Winter. „Ein System Harpagon, dem man einfach nicht entkommt – am wenigsten er selbst.“

Abgestimmt auf Winters Inszenierung hat die Bühnen- und Kostümbildnerin Birgit Stoessel dem Regisseur im Großen Haus einen Raum geschaffen, aus dem es kaum einen Ausweg gibt.

Filmkomponist Wengenmayr hat für Pforzheim Theatermusik verfasst

Über Regisseur Winter kam der Kontakt zu Ralf Wengenmayr zustande. Der Filmkomponist hat die Musik für viele Filme von Bully Herbig geschrieben und eine Theatermusik für die Pforzheimer Aufführung geschaffen. Zur besonderen Freude von Schauspieldirektor Andreas Frane, der für die Dramaturgie verantwortlich zeichnet.

Er hat die Schwächen der Gesellschaft mit spitzer Feder und breitem Humor kommentiert. 
Andreas Frane
Schauspiel

Für Frane ist Molière neben Shakespeare einer der größten Theaterautoren und Theatermacher der Geschichte. Mit seiner Wertschätzung befindet er sich in guter Gesellschaft. So bewunderte Goethe Molière als „reinen Menschen“, an dem nichts verbogen und verbildet sei. „Molière züchtigte die Menschen, indem er sie in ihrer Wahrheit zeichnete.“

Und Schauspielchef Frane sagt über den französischen Dramatiker: „Er hat die Schwächen der Gesellschaft seiner Zeit mit spitzer Feder und breitem Humor kommentiert. Wenn man heute seine Komödien liest, ist es spannend festzustellen, dass viele dieser Schwächen und Probleme uns noch immer umtreiben.“

Jede Generation könne Molières Stücke immer wieder neu für sich interpretieren, sagt Frane. Und man merke ihnen an, dass ein Theaterpraktiker sie geschrieben habe.

Happy End mit einem pessimistischen Fazit

Anhand des Hauses Harpagon zeige Molière, wie Besitzgier und Geiz alles und alle infizieren können. Selbst die Liebespaare könnten sich im System Harpagon nur durch Täuschen und Betrügen behaupten. „Dass das Happy End nur mit noch mehr Geld herbeigezaubert wird, ist ein recht pessimistisches Fazit“, findet Frane. „Für das Schauspiel, das sich jede Spielzeit ein kleines Motto sucht, ist der ,Geizige’ mit seiner – sehr aktuellen – Kritik an der Vorherrschaft des Ökonomischen in der Gesellschaft ein toller Auftakt.“ 

Die Paraderolle des Geizigen spielt Markus Löchner, in der Rolle seiner viel geplagten Tochter Elise stellt sich erstmals Sophia van den Berg dem Pforzheimer Publikum vor.

Service

Weitere Vorstellungen sind am Donnerstag, 28. September, Sonntag, 1. Oktober, Dienstag, 3., Freitag, 6. und Sonntag, 8. Oktober sowie an weiteren Terminen im Laufe der Spielzeit, jeweils mit Einführung 20 Minuten vor Beginn im Foyer

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