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Haushalt auf der Kippe

Schwere Entscheidungen in Knittlingen: Sparzwänge gehen den Ratsmitgliedern an die Nieren

Entscheidung zwischen Pest und Cholera: Der Knittlinger Gemeinderat muss an allen Ecken und Enden sparen und streichen, um einen genehmigungsfähigen Haushalt zu bekommen.

Abstimmung im Knittlinger Gemeinderat
Abstimmung im Knittlinger Gemeinderat: Der Antrag der CDU-Fraktion, abzuklären, ob und in welchem Umfang eine Sanierung der Kelter möglich sei, fand eine deutliche Mehrheit. Der Haushalt selbst stand noch nicht zur Debatte. Foto: Tom Rebel

Es ist die Situation, die jede Verwaltung und jedes Ratsmitglied fürchtet: Die nackten Zahlen des Haushaltsplans zwingen zu Entscheidungen, die jedem das Herz bluten lassen. Was ist noch machbar, was muss gestrichen werden? Am Ende bleibt nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Genau so stellt sich derzeit die Lage in Knittlingen dar. Die Stadt hatte im Februar einen Haushalt vorgelegt, der von der Kommunalaufsicht des Enzkreises abgelehnt wurde, weil er nicht seriös finanziert werden kann.

Kämmerer Roland Dieterich bringt das Dilemma auf den Punkt: „Wir haben mit 17,5 Millionen Euro an Krediten geplant, das Landratsamt gesteht uns aber nur neun Millionen Euro zu. Wie kommen wir von 17,5 auf neun Millionen?“

Finaler Haushaltsbeschluss steht in Knittlingen noch aus

Dass dieses Problem an diesem Abend nicht zu lösen sei, stellte Bürgermeister Alexander Kozel (Grüne) gleich zu Beginn der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend (4. April) fest. Rund 30 interessierte Bürgerinnen und Bürger verfolgten die engagierte Debatte in der Aula der Faust-Schule gespannt. Ein finaler Beschluss könne in der nächsten Sitzung am 18. April erfolgen, erklärte der Bürgermeister.

Bis dahin bekam die Verwaltung vom Gemeinderat den Auftrag, noch einmal auszuloten, ob der Kreditrahmen noch etwas ausgedehnt werden könne und ob man nicht doch noch eine Lösung für eine, wenn auch abgespeckte Sanierung der Alten Kelter finden könne.

Alle geplanten Investitionen auf dem Prüfstand

Die steht nämlich wie eine ganze Reihe anderer Projekte wie Steinhaus oder Dorfplatzgestaltung Kleinvillars auf der roten Liste: Alle Investitionen, die nicht unbedingt notwendig sind, müssten gestrichen werden, so die Vorgabe der Kommunalaufsicht.

„Wir können nur umsetzen, wofür im Haushalt auch die nötigen Einnahmen hinterlegt sind“, erklärte der Bürgermeister. Mit der ursprünglichen Haushaltsplanung hätte die Stadt jedes Jahr eine Million Euro mehr ausgegeben als eingenommen. Man hätte die laufenden Ausgaben zwar finanzieren können, aber ohne die nötigen Abschreibungen, so Kozel.

Dafür hätte die Stadt aber jährlich zwei Millionen Euro zusätzlich zur Seite legen müssen, was nicht machbar sei. Außerdem werde – wenn man nicht gegensteure – die Mindestliquidität bereits im Jahr 2025 unterschritten und 2026 komplett aufgebraucht sein. Deshalb der klare Auftrag der Kommunalaufsicht: Alle Investitionen, die nicht dringend geboten sind, müssten zurückgestellt oder über einen längeren Zeitraum gestreckt werden.

Damit sei man dann in die nichtöffentlichen Verhandlungen gegangen, skizzierte Kozel die Vorgeschichte weiter. Gemeinsam habe man sich dann mit den Gremien auf folgende Maßnahmen verständigt: Die laufenden Einnahmen sollen verbessert werden, indem man die Steuern und Gebührensätze erhöht und gleichzeitig bei allen laufenden Ausgaben ein Prozent einspart.

Gewerbesteuer und Gebühren werden angehoben

Ferner werden Investitionen gestrichen wie etwa die für den Pump-Track. Die Gewerbesteuer sowie die Grundsteuer A und B sollen um 20 Prozentpunkte erhöht werden, angehoben werden auch die Essensbeiträge in Kindergärten und Schulen sowie die Kindergartenbeiträge und die Gebühren für die Kernzeit- und Ferienbetreuung. Gleiches gelte für die Friedhofs- und die Parkgebühren.

Beim Personal sollen mittelfristig 8,5 Stellen gestrichen werden, allerdings nur, wenn Leute ohnehin gehen. Aktuell wird bei der Schulsozialarbeit, beim Bauhof wie auch bei den technischen Diensten je eine halbe Stelle eingespart. Allein dadurch könnten im Jahr rund 1,3 Millionen Euro eingespart werden.

Damit wäre der Ergebnishaushalt laut Kozel genehmigungsfähig, doch bei den Investitionen bestehe laut Kommunalaufsicht noch dringender Streichbedarf. Die großen Batzen sind dabei die Sanierung der Kelter und des Steinhauses sowie die Dorfplatzgestaltung Kleinvillars. Auch sie müssten gestrichen werden. „Damit wären wir bis 2026 bei einer roten Null“, sagte Kozel – und der aktuelle Kreditbedarf läge bei elf Millionen Euro.

Fazit des Verwaltungschefs: Damit könne man alle Pflichtausgaben erfüllen und auch Freibad, Faust-Museum und Vereinsförderung erhalten. Doch notwendige Straßensanierungen müssten verschoben werden und auch die Tariferhöhungen seien ebenso wenig berücksichtigt wie Personalzuwächse und Kindergartenerweiterungen.

Alte Kelter in Knittlingen ist das Hauptthema

Eine intensive Debatte schloss sich im Gemeinderat an, bei der zu spüren war, wie sehr die Einsparzwänge auch bei Kindergärten und Schulen allen an die Nieren gingen. Am stärksten trieb die Alte Kelter die Ratsmitglieder um. Zumindest eine Minimallösung müsse her, so der Tenor.

„Diese Haushaltslage ist eine Blamage für uns alle“, sagte Jörg Burmistrak (CDU), man hätte sich ein früheres Signal des Kämmerers gewünscht. So aber sei man ins offene Messer gelaufen. Man bedauere den Stopp der Altstadtsanierung überaus, doch die Alte Kelter müsse wenn irgend möglich saniert werden.

Für die SPD erläuterte Jörg Steinhilper die Einsparvorschläge seiner Fraktion, die er mit über sechs Millionen Euro bezifferte. Auch er plädierte dafür, die Kelter zu sanieren „wenn wir nicht 20 Jahre ehrenamtliches Engagement mit Füßen treten wollen“.

Gleiches forderte Ralf Schwarzien von der Parteilosen Wählervereinigung, denn die Vereine bräuchten dringend Platz. Auf jeden Fall müsse der Haushalt in Händen der Stadt bleiben.

SPD-Vorschlag fällt durch

Am Ende standen zwei Beschlussvorschläge zur Abstimmung. Der SPD-Vorschlag, für die Kelter einen Haushaltsansatz von 2,4 Millionen und Zuschüsse von 900.000 Euro aufzunehmen und im Gegenzug bei den Schulen und allgemeinen Mitteln zu sparen, fand keine Mehrheit.

Mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde der CDU-Antrag, mit der Kommunalaufsicht abzuklären, ob und in welchem Umfang Mittel für die Sanierung gegebenenfalls als Kalthalle möglich sei.

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