Skip to main content

Pflegemangel im Enzkreis

Recruiting im Ausland: Enzkreis-Kliniken setzen auf Pflegekräfte von den Philippinen

44 philippinische Pflegekräfte haben die RKH-Enzkreis-Kliniken in Mühlacker und Neuenbürg inzwischen in die Region geholt. Die ersten fünf haben nun einen großen Schritt gemacht, um bald voll einsteigen zu können.

Sie sind stolz auf die ersten erfolgreich abgelegten Kenntnisprüfungen: Rafael Garzorz (Stv. Pflegedirektor), Marvin Cabilos, Prof. Dr. Stefan Sell, Meghann Dimaano,  Susann Januszewski, Candy Nagum, Goldie Canaguran, Burkhard Schaarschmidt (Lehrkraft), Karim Jr. Barrameda
Stolz auf die Erfolge: Rafael Garzorz, Marvin Cabilos, Stefan Sell, Meghann Dimaano, Susann Januszewski, Candy Nagum, Goldie Canaguran, Lehrer Burkhard Schaarschmidt und Karim Barrameda (von links). Foto: RKH-Kliniken

Die ersten philippinischen Fachkräfte an den RKH-Enzkreis-Kliniken in Mühlacker und Neuenbürg haben kürzlich die Kenntnisprüfung bestanden, die für eine Anerkennung der Kompetenzen der Pflegekräfte in Deutschland erforderlich ist. In ihrem Heimatland sind die fünf Frauen und Männer längst anerkannte Pflegekräfte, die meisten haben einen Bachelorabschluss einer örtlichen Universität in der Tasche.

„Eine ganz große Premiere“ sei die erfolgreiche Kenntnisprüfung der ersten fünf Kandidatinnen und Kandidaten, schwärmt Rafael Garzorz, der stellvertretende Pflegedirektor der RKH-Enzkreis-Kliniken, bei einem Gespräch im Krankenhaus Neuenbürg über den Erfolg von Meghann Dimaano, Candy Nagum, Goldie Canagwan, Marvin Cabilos und Karim Barrameda.

Online-Bewerbungsgespräche mit Pflegekräften in Manila

Begonnen hat das Projekt vor drei Jahren. Der Personalmangel in der Pflege trieb auch die Verantwortlichen im Enzkreis zu kreativen Lösungen. Im November 2019 führte Garzorz die ersten Online-Bewerbungsgespräche mit Pflegekräften in Manila. Damals noch auf Englisch, mittlerweile beherrschen die Frauen und Männer Deutsch. Er erkundigte sich damals auch nach Wünschen, Ängsten, Zielen und Hoffnungen. Die Wünsche wiederholten sich stets: Die Pflegekräfte wollen Geld verdienen, um sich und ihren Familien ein besseres Leben zu ermöglichen, jüngere wollen zudem die Welt entdecken. Deutschland erscheint ihnen attraktiv, auch weil man hier in Sicherheit leben kann.

Den Menschen als Ganzes zu sehen sei ihm in diesem Prozess sehr wichtig, sagt Rafael Garzorz, zumal ihm die Situation von Migranten nicht unbekannt ist. Seine eigenen Eltern wagten einst auch einen Neuanfang, sie wanderten von Polen nach Deutschland aus. „Jeder, der hier lebt, hat Schwierigkeiten; wer kommt, hat doppelte Schwierigkeiten“, weiß der Pflegemanager und sieht die „Megaverantwortung“ für die Menschen, die zum Arbeiten in den Enzkreis kommen und dafür ihr Heimatland verlassen.

B2-Niveau ist die Grundvoraussetzung, dass sie zur Arbeit einreisen dürfen.
Rafael Garzorz, stellvertretender Pflegedirektor der RKH-Enzkreis-Kliniken

53 Pflegekräfte wurden 2019 ausgewählt. Noch im Heimatland lernen sie Deutsch. „B2-Niveau ist die Grundvoraussetzung, dass sie zur Arbeit einreisen dürfen“, erklärt Garzorz. Während der Corona-Pandemie habe es dann Probleme gegeben: Pflegekräfte durften nicht aus ihrem Heimatland ausreisen, Prozesse mussten neu angekurbelt werden. Inzwischen sind 44 philippinische Pflegekräfte in der Region angekommen.

Mit Hilfe des ehemaligen Leiters der Brettener Pflegeschule, Burkhardt Schaarschmidt, und seiner der 32-jährigen Berufserfahrung werden die Fachkräfte individuell auf ihre Kenntnisprüfung vorbereitet. Dazu erhalten sie auf ihren künftigen Stationen Schulungen und theoretischen Unterricht mit Praxisanleitern. Neu ist für ausländische Pflegekräfte, dass hierzulande nicht nur die Behandlungspflege (Therapien) vom Pflegepersonal übernommen wird, sondern auch die Grundpflege mit der Essensversorgung und die Körperpflege.

In anderen Ländern wird die Grundpflege von Angehörigen geleistet. Auch lebenspraktische Dinge werden den neuen Pflegekräften vermittelt: dass man unbesorgt die Fenster öffnen kann, weil keine giftigen Tiere unterwegs sind; wo es Karaoke-Kneipen und Kirchen gibt und wo man was einkaufen kann.

125 ausländische Pflegekräfte in den nächsten fünf Jahren

Garzorz selbst blickt auf eine steile Karriere zurück. Nach seiner Ausbildung 2012 bis 2015 wurde er 2020 stellvertretender Pflegedienstdirektor. „Damals musste man sich noch bewerben. Heute ist es umgekehrt. Die Häuser müssen sich um Bewerber bewerben.“ Der Fachkräftemangel führte dazu, dass die Enzkreis-Kliniken sich im Ausland nach Pflegekräften umschauen, „mit Fokus auf den Philippinen“.

Innerhalb der nächsten fünf Jahre rechnet Garzorz mit der Ankunft von 125 ausländischen Pflegekräften. Ihre Integration ist ihm eine Herzenssache: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Leute sich hier wohlfühlen“, sagt er eindringlich. Denn Heimweh bleibe selten aus. Viele haben Kinder in der fernen Heimat. Familienzusammenführung sei daher ein ganz großes Thema und ein „riesenbürokratischer Aufwand“, seufzt Garzorz. Im April startet die nächste Recruiting-Runde, neben den Philippinen sollen künftig weitere Länder in den Blickpunkt rücken.

nach oben Zurück zum Seitenanfang