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77 Jahre danach

Nie wieder Krieg: Ausstellung im Stadtmuseum Pforzheim erinnert an Bombardierung

Am 23. Februar 1945 wurde Pforzheim in Schutt und Asche gelegt. 18.000 Menschen starben. Das Stadtmuseum informiert über die Hintergründe und beeindruckt damit Zeitzeugen.

Stadtmuseum/23.2 Vortrag rechts Kunsthistorikerin Christina Klittich Angriff auf Pforzheim
Kunsthistorikerin Christina Klittich erzählt bei einer Führung von der zerstörerischen Kraft der Bombardierung. Foto: Roland Wacker

„Nie wieder!“ ist das Resümee von Klaus Haag beim Anblick des dreidimensionalen Modells der Trümmerstadt im Stadtmuseum Pforzheim. Dort hat Kunsthistorikerin Christina Klittich am Sonntag ihre Führung durch die Dauerausstellung „23. Februar 1945“ beendet.

Haag erlebte den Tag als vierjähriger Junge in Sternenfels. „Die Nacht hat gedröhnt. Der Himmel Richtung Pforzheim war feuerrot“, erinnert er sich ganz genau, weil am nächsten Tag sein Geburtstag war.

Die folgende Vertreibung aus dem Haus, Kriegsgefangene in der benachbarten Fabrik und die Aufregung der Erwachsenen brannten ihm schon als Kind die Gewissheit ein, „dass Krieg was ganz Schlimmes ist“.

18.000 Menschen sterben am 23. Februar 1945 in Pforzheim

Der 23. Februar 1945 „war der schwärzeste Tag in der Geschichte Pforzheims“, erklärte Klittich bei der Führung. In Relation zu Fläche und Einwohnerzahl hat Pforzheim von allen deutschen Städten die größten Verluste erlitten. „In nüchternen Zahlen über 18.000 Tote“. Auf einer Fläche von drei Kilometern Länge und eineinhalb Metern Breite blieb kein Stein auf dem anderen.

Der 23. Februar 1945 war der schwärzeste Tag in der Geschichte Pforzheims.
Christina Klittich, Kunsthistorikerin

Der durch Brandbomben entfachte Feuerorkan entwickelte eine so zerstörerische Kraft, dass der Briefbogen eines Pforzheimer Arztes bis nach Stuttgart-Degerloch getragen wurde. Die Menschen wurden von Trümmern erschlagen, verbrannten, erstickten in den Luftschutzkellern. Stromleitungen waren unterbrochen, Wasserleitungen beschädigt, tausende Menschen obdachlos.

Mit Augenzeugenberichten brachte Klittich die unfassbare Grausamkeit des von Nationalsozialisten begonnenen Krieges in Erinnerung. Da ist die Rede von verschütteten Bunkern, die zu Todesfallen wurden, unerträglicher Hitze, Tausenden Verletzten und Toten.

Und von der Schwester, die sich ein Leben lang Vorwürfe gemacht hat, weil sie ihren kleinen Bruder Karlheinz nicht aus dem Keller an den Enzarkaden retten konnte.

Die Bevölkerung sollte demoralisiert werden

Lange wurde diskutiert, was der Grund für den Angriff auf Pforzheim war, ob die Zünder-Produktion in der Stadt eine Rolle gespielt habe. Aktuell, so Klittich, gehen Historiker davon aus, dass die Zivilbevölkerung demoralisiert werden sollte.

Im Februar 1945 sei Pforzheim auf der Liste möglicher Angriffsziele der Royal Airforce an 15. Stelle gestanden. Dass der Angriff am 23. Februar erfolgte, sei dem Wetter geschuldet, weil über den vorrangigen Zielen im Ruhrgebiet Bewölkung angesagt war, über Pforzheim dagegen klare Sicht.

Einer, der viele Opfer bringen musste, war Hans Ruf. Er war Stahlgraveur, hatte an der Kunstgewerbeschule Malerei studiert, eine eigene Schmuckfabrik und ein Atelier am Schlossberg. Beim Angriff verlor er seine Frau, Schmuckfabrik und Atelier. Ein glühender Brocken durchschlug das Bild, das er bei der Flucht vor den Flammen bei sich hatte. Wie durch ein Wunder wurde er selbst nicht getroffen. Sein Ölbild mit Loch ist Teil der Ausstellung.

Zeitdokument: Quittung im Nachlass des Vaters

Vor einem großen Bild der zerstörten Bahnhofstraße liegen Trümmersteine und zwei Blindgänger. Dieser Anblick erinnerte Haag an eine Quittung, die er im Nachlass seines Vaters gefunden hatte. Demnach hatte der Vater am 24. Februar 1945 Ware in Pforzheim abgeholt. Das Zeitdokument verdeutlicht, wie sehr die Menschen trotz Krieg auf die Zukunft ausgerichtet waren, schon am Tag nach der Zerstörung wieder ihre Geschäfte getätigt haben. Haag will das Papier dem Stadtarchiv zukommen lassen.

Auch nach dem 23. Februar war der Zweite Weltkrieg noch nicht zu Ende. Am 4. März 1945 wurde eine Menschenansammlung am Kupferhammer bei der Großküche mit Essensausgabe Ziel eines Luftangriffs: Über hundert Menschen kamen ums Leben.

Schon sehr lange führt Klittich anlässlich des 23. Februar 1945 durch die Ausstellung und erlebt dabei immer wieder Menschen, die den Tag nutzen, um über ihre Kindheitserfahrungen ins Gespräch zu kommen – in diesem Jahr weniger als in den Vorjahren.

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