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Alle sind willkommen

Auf dem Pforzheimer Mittelaltermarkt gibt es ein improvisiertes Gotteshaus

Das improvisierte Gotteshaus will Ruhe und Einkehr im Weihnachtstrubel der Pforzheimer Innenstadt bieten.

Menschen vor einer Marktbude
Matthias Brandtner, Mirjam Dietrich, Egon Notz, Ralph Glöckner und Bastian Wellhöfer (von links) gehören zu den zahlreichen Ehrenamtlichen, die sich in der Kirche auf dem Mittelaltermarkt Zeit für ein Gespräch nehmen. Foto: Nico Roller

Die Türen sind für alle geöffnet, die Ehrenamtlichen immer zu einem Gespräch und zu einem Gebet bereit. An einer zentralen Stelle des Mittelaltermarkts zwischen Ständen mit kulinarischen Leckereien und handwerklich gefertigten Produkten steht eine kleine Kirche aus Holz.

Betrieben von der Evangelischen Allianz, soll sie ein Ort sein, an dem Menschen Gott begegnen können. Aufdrängen will man sich allerdings nicht: „Da ist Jesus unser Vorbild“, sagt Mirjam Dietrich. „Er war da, wo die Menschen sind, und hat ein offenes Ohr gehabt.“

Dietrich ist Mitglied bei der Pforzheimer Stadtmission und hatte die Vision für die Kirche auf dem Mittelaltermarkt. Denn sie wusste, dass die Kirche im Mittelalter eine große Rolle spielte, dass sie das Zentrum des Lebens war.

Nachdem das Vorhaben vor rund zwei Jahren wegen der kurzfristigen Absage des Mittelaltermarkts nicht in die Tat umgesetzt werden konnte, hat es 2022 geklappt – und zwar mit Unterstützung des Wichernhauses, das die aus Holz bestehende Kirche auf Basis einer gründlichen Planung in Handarbeit hergestellt hat.

Mehr als 100 Ehrenamtliche helfen bei dem Kirchenangebot in Pforzheim mit

Ralph Glöckner vom Missionswerk „Strahlen der Freude“ sagt, es handle sich um ein Unikat, zugeschnitten auf die Bedürfnisse vor Ort. „Porta Caeli“, zu Deutsch „Himmelspforte“ steht auf einem großen Schild über dem Eingang. Den liebevoll eingerichteten und dekorierten Innenraum haben engagierte Ehrenamtliche aus den Mitgliedsgemeinden der Evangelischen Allianz gestaltet, inklusive der dort hängenden Bilder.

Er dient als Ort für Gespräche und Gebete und soll laut Glöckner repräsentieren, dass Gott unter den Menschen wohnt. Vier bis fünf Ehrenamtliche sind immer vor Ort. Über die gesamte Dauer des Mittelaltermarkts arbeiten mehr als 100 mit, aufgeteilt in unzählige Schichten.

Sie sprechen die Menschen an und laden sie ein, sich im Inneren der Kirche aufzuwärmen oder zusammen mit ihnen gemütlich an das Feuer zu sitzen, das direkt daneben in einer Schale brennt. Wenn man ein bisschen Glück hat, ist gerade heißes Wasser für einen frisch zubereiteten Tee fertig.

Bei den Gesprächen nehmen sich die Ehrenamtlichen viel Zeit, um den Menschen zuzuhören. Sie wollen ihnen vermitteln, dass Gott bei ihnen ist, dass er von sich aus seine Hand ausstreckt.

„Wir erzählen ihnen die Geschichte, die Gott mit den Menschen geschrieben hat“, sagt Glöckner und berichtet von vielen Gästen, die dankbar sind, wenn man für sie betet. „Da geht bei vielen eine Türe auf.“

Vor ihrem Einsatz auf dem Mittelaltermarkt haben alle Ehrenamtlichen eine Schulung durchlaufen, in der sie unter anderem gelernt haben, wie man mit den Menschen redet, wie man sich auf dem Mittelaltermarkt korrekt kleidet und wie man das Feuer unter Kontrolle hält.

Nach der Religionszugehörigkeit oder der Herkunft der Menschen fragen sie dagegen nicht. Sie kommen mit jedem ins Gespräch: mit Christen und Atheisten, mit Gläubigen und solchen, die ihnen direkt zu Beginn erzählen, dass sie von Kirche eigentlich nichts halten. Die Ehrenamtlichen sind tolerant und bereit, die Meinung ihres Gegenübers auch dann zu akzeptieren, wenn sie sie nicht teilen.

Der Jugendpastor hört in Pforzheim allen gerne zu

Bastian Wellhöfer war schon an vielen Tagen von morgens bis abends vor Ort. Der Jugendpastor der Volksmission empfindet den Austausch auf dem Mittelaltermarkt als sehr bereichernd und ist fest davon überzeugt, dass er alle Beteiligten weiterbringt. Wellhöfer berichtet von einer bunten Mischung der Generationen, auch von vielen jungen Menschen, die Interesse an einem tiefergehenden Gespräch haben. Der Jugendpastor lässt die Menschen erzählen und hört ihnen gerne zu. „Wenn man sich Zeit nimmt, kann viel entstehen.“

In einer Gesellschaft, die er als immer rücksichtsloser beschreibt, empfindet er es als wohltuend, voraussetzungslos Liebe zu schenken. Denn für ihn ist genau das die Botschaft von Weihnachten.

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