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Hilfe für Erdbebenopfer

Katastrophe in der Türkei und Syrien überwindet kulturelle Schranken in Pforzheim

Hilfsaktionen türkischer Gruppierungen für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien stoßen auf große Resonanz in Pforzheim. Es mangelt allerdings an öffentlicher Kommunikation.

Frauen packen Hilfspakete für die Erdbebenopfer in der Gegend von Aleppo in der Türkei
Aus Säcken in Kisten: Helferinnen machen die Hilfsgüter von Fatihspor für das Erdbebengebiet in der Türkei versandfertig. Foto: Edith Kopf

Die Frau aus Sri Lanka zögert nicht lange. Sie und ihr Mann haben sofort erfasst, was die Menschen bewegt, die da auf der Östlichen Karl-Friedrich-Straße Säcke und Pappkartons schleppen. „Was brauchen Sie“, ruft sie in die Richtung von Fuat Aksoy. „Nur Wintersachen“, nimmt sie als Antwort mit.

Kein Umzug: Die Männer an der Östlichen Karl-Friedrich-Straße in Pforzheim richten und schleppen Kisten für den Erdbeben-Hilfstransport von Fatihspor nach Ankara.
Kein Umzug: Die Männer an der Östlichen Karl-Friedrich-Straße in Pforzheim richten und schleppen Kisten für den Erdbeben-Hilfstransport von Fatihspor nach Ankara. Foto: Edith Kopf

Das Ehepaar gehört später wahrscheinlich zu jenen, die der Organisator der Hilfsaktion vom FC Fatihspor für die Erdbebenopfer im Grenzgebiet von Türkei und Syrien so richtig lobt. Der Mann und die Frau mit dem roten Punkt auf der Stirn haben genau erfasst, woran es fehlt. Sie werden Schlafsäcke, Decken, dicken Jacken oder warme Socken, die sie erübrigen können, später gut verpackt vorbeibringen.

Sportverein FC Fatihspor engagiert sich

„Türken, Kurden, Araber, Syrer“ – die Resonanz ist so international wie religiöse und kulturelle Überzeugungen verschieden sind. Im Angesicht der Katastrophe rücken die Menschen zusammen, sie helfen, macht Aksoy mit seiner Aufzählung deutlich.

Das gilt auch für den Sportverein selbst, der sich am Montag „schnell mit Freunden und Geschäftsleuten zusammengesetzt“ hat, wie Abteilungsleiter Hüseyin Yazici erzählt. Am nächsten Tag wuseln rund 50 Leute um den Organisator herum. Sie sortieren Plastiksäcke voller nützlicher und überflüssiger Dinge. Kisten werden neu gepackt, beschriftet und mit Sprintern ins Vereinsheim auf den Haidach gefahren.

Wir haben eine Gitarre, Spielzeug und eine gebrauchte Unterhose gefunden.
Fuat Aksoy, Fatihspor

„Wir haben eine Gitarre, Spielzeug und eine gebrauchte Unterhose gefunden“, zählt Aksoy auf, dass mancher die Aktion wohl als Mülleimer nutzt. Dagegen stehen viele andere, mit großem Sachverstand zusammengestellte Hilfspakete, die nur noch zum Verladen gebracht werden müssen.

Auch die Babysachen aus dem dm-Markt in Maihälden oder die Lkw-Ladung Heizstrahler von einem Unternehmer, der anonym bleiben will, brauchen keine ordnende Hand. Sie kommen am Samstag einfach in den Lkw, der die Spenden aus Pforzheim zur Sammelstelle des türkischen Katastrophenschutzes Afat in Ankara bringt. Für alles andere hat Möbelhändler Poco von der Wilferdinger Höhe vorsorglich 100 Umzugskisten geschickt.

Viele Hilferufe erreichen uns aus den Dörfern, wo noch gar keine Helfern hingekommen sind.
Süleyman Davulcu, Alevitische Gemeinde

Am liebsten direkt in die Eiseskälte der großen Zerstörung würde der Vorsitzende Süleyman Davulcu den Lkw schicken, den die Alevitische Gemeinde in der Sägewerkstraße 1-5 befüllt. Er weiß von drei Familien – eine davon mit „sieben bis acht Mitgliedern“, die das Erdbeben nicht überlebt haben. Die Angehörigen seien sofort hingefahren. Sie wollen helfen, Angehörige sollen nicht alleine mit der Wucht der Naturkatastrophe zurechtkommen müssen.

„Viele Hilferufe erreichen uns aus den Dörfern, wo noch gar keine Helfer hingekommen sind“, verweist der Pforzheimer Arzt Davulcu auf die Problematik in dem weitläufigen Landstrich. Die Bilder von den eingestürzten Hochhäusern in Aleppo zum Beispiel überdecken das Elend in den kleinen Ansiedelungen. Allerdings – so sagt zum Beispiel Fuat Aksoy – dürften die Schäden in den Dörfern geringer sein als in den Städten.

Butan Adirbelli aus Pforzheim verliert zwei Familienmitglieder bei Erdbeben in der Türkei und Syrien

Die Spendenaktion der Alevitischen Glaubensgemeinschaft wird über deren Dachverband organisiert. Eine Zusammenarbeit mit den anderen türkischen oder gar syrischen Vereinen und Organisationen gebe es noch nicht, sagt Davulcu. Auch deutsche Unterstützung ist in Pforzheim noch nicht aufgefallen.

Mit am meisten menschliches Leid muss die kurdische Gemeinschaft aushalten. Das Erdbeben hat wesentliche Teile ihrer angestammten Herkunftsregion getroffen. So hat Juwelier Butan Adirbelli von dem in Pforzheim 500 Mitglieder starken Kurdischen Elternverein zwei Familienmitglieder verloren, als in der Heimatstadt seiner Eltern ein Haus mit rund 50 Wohnungen eingestürzt ist.

Die Hilfe aus Deutschland organisiert bei der kurdischen Gemeinschaft ebenfalls der Dachverband von Köln aus. Er agiert wie fast alle türkischen Gruppierungen über soziale Netzwerke.

Da lesen die Mitglieder zum Beispiel, dass versandfertig gepackte Kartons bis 14. Februar in der Luitgartstraße 14-18 abgeben werden können. Die dafür passende Uhrzeit werde täglich aktualisiert.

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