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Kreativwettbewerb abgelehnt

Keine Auseinandersetzung mit Bismarck? - Pforzheimer Kulturausschuss will kein kommentierendes Kunstwerk

Der Kulturausschuss in Pforzheim hat sich gegen eine künstlerische Intervention zum umstrittenen Bismarck-Denkmal im Stadtgarten ausgesprochen. Was sind die Gründe?

Bismarck-Statue
Umstritten: Vor zwei Jahren hat die SPD-Fraktion den Antrag gestellt, sich innerhalb eines Kreativwettbewerbs kritisch mit Bismarck auseinanderzusetzen. Foto: Birgit Metzbaur

Sehr kontrovers hat der Kulturausschuss die Frage diskutiert, ob die Stadt einen Kreativwettbewerb ausschreiben soll. Ziel wäre, die kritische Auseinandersetzung zum Bismarck-Denkmal im Stadtgarten mit einer neuen künstlerischen Intervention im Lichte der Gegenwart zu beleuchten. Otto von Bismarck war von 1871 bis 1890 der erste Reichskanzler. Seine Bilanz ist nicht unumstritten, denn er führte blutige Kriege und trieb den Kolonialismus voran.

Vor zwei Jahren hatte die SPD-Fraktion den Antrag für den Kreativwettbewerb gestellt. Im vergangenen Jahr wurde er vom Ausschuss mehrheitlich befürwortet. Am Dienstag legte das Kulturamt den Vorschlag für einen zweistufigen Kreativwettbewerb vor. Aber diesmal war die Mehrheit des Kulturausschusses dagegen.

Andreas Sarow (CDU) forderte, die weitere Bearbeitung des Themas sofort zu stoppen. Bismarck sei die vergangenen 100 Jahre aus der Zeit gefallen, der Antrag in den vergangenen zwei Jahren auch. In heutiger Zeit 60.000 Euro dafür auszugeben „würde uns unglaubwürdig machen“. Ein Messingschild mit Erläuterungen tue es nach seiner Ansicht auch.

Kein Geld für künstlerischen Bismarck-Kommentar übrig?

Monika Descharmes (FDP) stimmte dem zu, regte an, über das Denkmal „Moos wachsen zu lassen“. Auch Norbert Sturm (AfD) wollte „in einer Zeit, in der die Menschen nicht wissen, wie sie ihre Gasrechnung bezahlen können“, kein Geld für diese Kunst ausgeben. Zudem sei er dagegen, weil ein neues Denkmal dem heutigen Zeitgeist entspräche und dann „alle 30 Jahre eine neue Kontextualisierung“ erfolgen müsse.

„Etwas sprachlos“ über die Diskussion war Christof Weisenbacher (WiP). Die Finanzen seien „immer ein Totschlagargument“, habe die Stadt doch seit 30 Jahren kein Geld. Es gehe darum, ein aussagekräftiges Kunstwerk aufzustellen. Petra Bösl (Grüne Liste) wies auf die Bedeutung von kultureller Bildung hin: „Man kann Geschichte nicht in eine Schublade stecken, aber aufarbeiten.“ Einen QR-Code mit geschichtlicher Aufklärung regte Nicole Gaidetzka (FW) an – oder „die Bismarck-Statue ins Stadtmuseum versetzen“.

„Mein Herz blutet“, ließ Claudia Baumbusch (Kulturamt) den Ausschuss an ihren Emotionen teilhaben: „Ohne Kunstförderung geht die Kultur den Bach runter.“ Es gehe nicht um ein Gegendenkmal, sondern darum, mit künstlerischen Mitteln auszuleuchten, was von Bismarcks Wirken bis heute Bedeutung in der Welt hat und „wo wir die Nachwirkungen von Bismarcks Politik auch in Pforzheim“ erleben. Der Kulturrat habe kontrovers diskutiert, berichtete Christine Müh, bezeichnete den Wettbewerb aber als „einzige Form, die uns weiterbringt“.

Jugendgemeinderat Leon Meyer brachte es nach Ansicht von Bürgermeisterin Sibylle Schüssler (Grüne) auf den Punkt: „Das ganze Projekt jetzt stoppen wäre außerordentlich blödsinnig. Wir haben ein Problem festgestellt. Aber keine Lösung.“

„Erschüttert“ zeigte sich Dorothea Luppold (SPD): „Auch Künstler haben ein Recht, ihre Gasrechnungen bezahlen zu können.“ Wenn die Kontextualisierung nur als ein momentanes Schlaglicht abgetan werde, könne man ja „gleich den ganzen Geschichtsunterricht in der Schule canceln“. Sie bestand auf eine Abstimmung im Gemeinderat: „Nur weil ein paar Mitglieder im Ausschuss rumzicken, heißt es nicht, dass der Gemeinderat in Gänze ablehnt.“

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